Tapkey: Aufsperren mit NFC-Handy und Online-ID
Man kommt zu einer Tür, die nur einen Knauf aufweist, aber kein Schlüsselloch. Man zückt stattdessen sein NFC-fähiges Smartphone, hält es an den Knauf und kann nach einem Bestätigungssignal die Tür öffnen. Dies ist die Vision von Tapkey, einem neuen elektronischen Zutrittssystem des Wiener Unternehmens PHACTUM.
Statt eines physischen Schlüssels bedarf es dabei der richtigen Google-Identifizierung und einer gültigen Berechtigung, um eintreten zu dürfen. Die drahtlose Übertragungstechnologie NFC dient zur Kommunikation zwischen Schloss und einem Smartphone oder einem "Keyfob" genannten Zugangschip. Über die Internetverbindung des Smartphones und eine eigene Tapkey-App gleicht das Schloss die Zugangsberechtigungen ab. Diese werden mittels einer Web-Oberfläche erstellt und verwaltet.
Zugang auf Zeit
Bei Tapkey können generelle Zugangsberechtigungen vergeben werden oder zeitlich beschränkte. "Ein Riesenvorteil, wenn Sie etwa die eigene Wohnung für ein paar Wochen vermieten wollen oder jemanden zum Blumengießen hineinlassen wollen", meint Gregor Zehetner, Mobile Solutions Manager von PHACTUM. "Auch in der Altenpflege könnte Tapkey eine Erleichterung darstellen, etwa für Pfleger oder Essen auf Rädern."
Ein weiterer Vorteil sei, dass man beim Fortgehen weniger einstecken müsse, meint Zehetners Partner und PHACTUM-Mitgründer Markus Minichmayr: "Der Schlüssel fällt weg, das Smartphone reicht." Geht das Smartphone verloren, kann man sich auf jedes andere NFC-fähige Smartphone zum Aufsperren verwenden, sobald man sich darauf mit seiner eigenen Google-ID anmeldet. Alternativ kann Tapkey auch mit anderen Online-Identitäten arbeiten, etwa einer Facebook- oder Twitter-ID.
Sicherheit
Dass eine Online-Identität als Zugangsschlüssel für die eigene Wohnung verwendet wird, wirft Fragen nach der Sicherheit der Tapkey-Methode auf. Zehetner und Minichmayr sehen den Umstand optimistisch. Natürlich gebe es die Problematik von unsicheren Passwörtern und die Gefahr von gehackten Online-Konten, aber "Tapkey nutzt die Sicherheitsmechanismen, die sich Google und andere große Online-Konzerne überlegt haben."
Die theoretische Möglichkeit, dass sich jemand mit Hilfe eines gestohlenen Smartphones und Kenntnis des Wohnorts des Benutzers innerhalb kurzer Zeit Zutritt verschafft, bestehe. Wird über das Administrations-Portal jedoch einmal eine ID auf eine schwarze Liste gesetzt, so wird diese schwarze Liste mit dem nächsten Smartphone, das mit dem Tapkey-Schloss kommuniziert, übertragen. Mit dem gestohlenen Smartphone kommt man dann nicht mehr durch die Tür.
Von der Wohnung zum Hotel
Als Einsatzgebiet für Tapkey werden zunächst Privathaushalte anvisiert. Elektronische Zutrittssysteme sind dort noch wenig verbreitet. Zehetner und Minichmayr sehen hier ein großes Potenzial. Mittelfristig rücken auch kleine und mittelgroße Unternehmen (KMUs) in den Fokus. Langfristig könnte Tapkey auch in größerem Rahmen, etwa in der Hotellerie eingesetzt werden. "Sie buchen online ein Zimmer und können es ohne Check-In betreten", nennt Zehetner ein mögliches Anwendungsszenario.
Die Beschäftigung mit Zutrittssystemen bedeutet für PHACTUM das Betreten eines neuen Geschäftsbereichs. Hauptsächlich sind die 22 Mitarbeiter des Unternehmens mit der Entwicklung und dem Betrieb von Software und Apps für den deutschen Mobilfunker E-Plus beschäftigt. Seit 2011 werden NFC-Lösungen entwickelt. 2012 wurde der erste Prototyp eines NFC-Schlosses gefertigt. Das erste Tapkey-Exemplar ziert seit 2013 die Büro-Eingangstüre des Unternehmens.
Suche nach Hardware-Partnern
Wie ein Tapkey-Schloss aussehen könnte, wird anhand des Produkts eines deutschen Partnerunternehmens gezeigt. OMEGA FLEX von CEStronics ist ein einfach zu installierendes, kompaktes Schloss mit NFC-Modul. Es wird in normierter Passform ausgeliefert und wird mit einer Batterie betrieben. Das Batteriefach ist im äußeren Türknauf untergebracht und kann somit im Notfall von Außen ausgetauscht werden. Bereits Wochen bevor der Energieladestand auf Null ist, warnt das Schloss seinen Besitzer.
Einen fixen Hardware-Partner hat PHACTUM für Tapkey allerdings noch nicht. "Wir entwickeln die Hardware nicht selber, sind aber offen für viele Partner", meint Minichmayr. "Wir bieten die komplette Software. Hardware-Hersteller haben damit geringe Investitionen, ein geringes Risiko und benötigen nur wenig Zeit bis zu einem fertigen Produkt."
Starke Konkurrenz
2014 will PHACTUM Tapkey zunächst bei mehreren Betatestern zum Einsatz bringen. In weiterer Folge will man ein fertiges Produkt auf den Markt bringen. Die Zeit scheint reif, denn die Schlosshersteller-Branche schläft nicht. Im Umfeld von Großunternehmen sind elektronische Zutrittssysteme bereits weit verbreitet.
In Privathaushalten halten unterdessen biometrische Verfahren Einzug. Das österreichische Unternehmen ekey stellt etwa Fingerprintsensoren für das Eigenheim her. Virtuelle Schlüssel am Smartphone mit Funkverbindung gibt es ebenso - etwa das mit Bluetooth arbeitende System Kwikset Kevo.
Selbstvertrauen
Die Verbindung von Smartphone, NFC und Google-ID sei jedoch einzigartig, meinen die PHACTUM-Gründer. Zu diesem Schluss sei man nach mehreren Teilnahmen an Fachmessen und einem mehrmonatigen Marktsondierungsaufenthalt im Silicon Valley gelangt.
"Tapkey ist bei Weitem die beste Lösung", sind Zehetner und Minichmayr überzeugt. In ihrer Vorstellung hat das Produkt das Zeug zur Marke, die stellvertretend für eine ganze Produktkategorie steht: "Wir wollen das Goretex der Schlossbranche werden."