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Ukraine macht aus dem M1 Abrams einen Frankenstein-Panzer

Zu den Rüstungsgütern, die die USA der Ukraine zur Verfügung stellen, gehört auch der M1A1 Abrams. Der Kampfpanzer erhielt viele Vorschusslorbeeren – hielt dem russischen Beschuss an der Front aber nicht so gut stand, wie zuvor erhofft.

Im Februar war er in ersten Kampfhandlungen zu sehen. Ende April hat die ukrainische Armee begonnen den Abrams von der Front abgezogen. 8 der 31 Abrams wurden bislang visuell als zerstört oder aufgegeben bestätigt. Außerdem hat Russland mindestens 2 M1150 Breacher erbeutet. Dabei handelt es sich um einen Minenräumungspanzer, der auf dem M1A1 basiert.

Jetzt sind Fotos aufgetaucht die zeigen, was mit den zurückgezogenen Kampfpanzern passiert. Sie werden aufgerüstet. Dabei kommen verschiedenen Komponenten zum Einsatz, die eigentlich nicht für den M1A1 gedacht ist. In Rüstungskreisen wird das als „Frankenstein-Mod“ bezeichnet.

M1A1 mit Cope Cage

Drohnen machen Kampfpanzern schwer zu schaffen

Ein Grund für den Abzug war die hohe Anfälligkeit für Drohnen. Das hätte man allerdings vorher erahnen können. Die Ukraine begann schon früh im Krieg Kamikazedrohnen und Drohnen, die Sprengkörper abwerfen, effektiv gegen russische Panzer einzusetzen. Und wenn so russische T-90 zerstört werden können, deren Serienproduktion 1992 begonnen hat, können die Russen mit denselben Methoden M1A1 Abrams zerstören, die ab 1986 in Serie gebaut wurde.

Ein Problem für die USA ist nicht nur, dass die Kampfpanzer ausgeschaltet wurden, sondern auch wie das passiert ist. In einigen Fällen hätte Russland die Möglichkeit gehabt, die beschädigten Abrams zu erbeuten, so wie das mit den M1150s passiert ist.

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Rüstungspolitisch wäre das kein allzu großes Problem: Denn der M1A1 ist ohnehin die alte Version des Kampfpanzers. Russland würde nicht besonders viele nützliche Informationen aus der Untersuchung eines erbeuteten M1A1 herausholen können.

Dokumentierte Abschüsse von ukrainischen M1A1

Allerdings hätte es einen starken Propaganda-Effekt, wenn Russland Abrams-Kampfpanzer erbeutet. Und das wäre eben möglich gewesen, wenn man sich die Verluste ansieht. 5 der 8 bisherigen Abrams-Verluste wurden gut dokumentiert:

26. Februar 2024: 2 Kamikaze-Drohnen treffen einen Abrams. Die erste trifft den Motor, eine typische Schwachstelle bei Kampfpanzern. Die Zweite den Turm, ebenfalls eine Schwachstelle. Die Munition im Turm beginnt zu brennen, die Besatzung kann fliehen. Der Panzer brennt stark aber explodiert nicht, hätte also zumindest teilweise von Russland geborgen werden können.

Wie nah Russland an die Erbeutung eines M1A1 gekommen ist, zeigt ein Video der Ukraine. Russische Soldaten machen Selfies beim liegengebliebenen Abrams. Die Soldaten wurden mit Sprengkörpern bekämpft, die ukrainische Drohnen abgeworfen haben.

3. März 2024: Russische Infanterie sprengt mit Panzerabwehrwaffen eine Kette eines M1A1. Die Besatzung flieht, danach greifen russische Kamikazedrohnen den Panzer an. Wäre der M1A1 in einer günstigen Lage zum Stehen bekommen, hätte Russland hier einen fast vollständigen Abrams erbeuten können.

Auf ähnliche Weise wurden 2 weitere Abrams zerstört. Zuerst wurden sie mit Panzerabwehrwaffen gestoppt, danach haben Kamikazedrohnen den Rest erledigt.

4. Mai 2024: Der bestätigte Abrams-Abschuss gelang Russland durch eine Drohne mit einer Antipanzer-Ladung. Auf einem Foto ist zu sehen, dass es sich dabei um einen M1A1 SA mit einer ARAT-Reaktivpanzerung an den Seiten handelte. Die hilft bei einem Angriff von oben bzw. hinten aber nichts. Nachdem der Panzer getroffen wurde, wurde er von russischer Artillerie weiter beschossen.

Bei 2 dieser 5 Abrams-Abschüsse ging der Treffer, der zum technischen Kill führte (Panzer ist nicht mehr einsatzfähig aber noch nicht zerstört) von einer Drohne aus. In allen 5 Fällen waren Drohnen an der Bekämpfung bzw. Zerstörung beteiligt.

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Käfige gegen Drohnen

Daher bekommen die verbleibenden M1A1 Abrams jetzt „Cope Cages“. Im Gegensatz zu frühen Versionen dieser Gitter und Dächer, die im Ukraine-Konflikt auf beiden Seiten eingesetzt wurden, sehen diese beim Abrams fast schon professionell aus.

Das Dach und die Seiten des Turms werden damit formfolgend ausgestattet. Das soll verhindern, dass Kamikazedrohnen bzw. abgeworfene Sprengladungen direkt den Turm treffen. Das reduziert die Explosionskraft und soll dafür sorgen, dass die eigentliche Panzerung nicht durchschlagen wird.

M1A1 mit Cope Cage

M1A1 lagert die Munition im Turm

Das ist beim Turm besonders wichtig, da der M1A1 hier die Munition für das Hauptgeschütz lagert. Wird diese durch einen Einschlag entzündet, explodiert und brennt sie aus, was ein technischer Kill ist.

Die Crew kann zwar entkommen, weil die Munition in einem eigenen Abteil mit einem Überdruckventil untergebracht ist, die die Kraft der Sekundärexplosionen nach außen ableitet. Ohne umfangreiche Reparaturen ist der Kampfpanzer nicht mehr nutzbar.

Speziell angepasster Käfig für den M1A1

Die Cope Cages für den M1A1 werden von Metinvest gebaut, einem ukrainischen Stahlunternehmen. Dort wurden zuvor auch schon die Gitter für die sowjetischen Panzer im Arsenal der Ukraine, wie die T-64 und T-72, gebaut.

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Laut Metinvest wurden bisher 7 Käfigsysteme für die M1A1 Kampfpanzer gebaut. Das Unternehmen betont, was auf den Fotos sichtbar ist. Anstatt einfach nur Rahmen und Gitter irgendwie anzuschweißen, werden die Systeme an die Form der jeweiligen Panzer angepasst. Das soll dabei helfen, dass die Bewegungsmöglichkeiten des Panzers und die Funktion des Equipments nicht beeinträchtigt werden. Je nach Panzer wiegt ein Cope-Cage-System bis zu 430 Kilogramm, sagt Metinvest.

Weitere Bilder zeigen, dass nicht nur die Seiten und das Dach des Turms ein Gitter bekommen haben. Auch die Front des Turms und die Rückseite der Wanne sind geschützt. Letzteres soll verhindern, dass der Motor von Kamikazedrohnen beschädigt wird.

Rückseite

Auf den Fotos sieht es so aus, als gibt es abgewinkelte Sektionen, die die Lücken zwischen den verschiedenen Käfig-Elementen schließen. So soll verhindert werden, dass kleinere Kamikazedrohnen unter das Gitter fliegen. Die Ukraine hat im Kampf gegen Russland bewiesen, dass das möglich ist.

Die Detailfotos von Metinvest zeigen, dass formpassend kleine Aussparungen im Gitter sind. Eine davon ist etwa links am Turm, damit der Nebelwerfer weiterhin genutzt werden kann.

Aussparung für den Nebelwerfer

Beim Gitter am Dach des Turmes wurde die Einstiegsluke für den Schützen nicht einfach nur ausgespart. Hier wurde ein Gitter mit Scharnieren installiert, dass zum Ein- und Aussteigen aufgeklappt werden kann.

Luke mit klappbarem Gitter

Die Luke des Kommandanten scheint auf den Fotos keine extra Abdeckung erhalten zu haben. Dafür hat sie aber zusätzliche Panzerung mit Fenstern rundherum bekommen. Ob hier bei Bedarf noch ein Käfig-Dach installiert werden kann, ist nicht bekannt.

Luke des Kommandanten mit zusätzlicher Rundum-Panzerung

Mehr sowjetische Reaktivpanzerung

Auf den Fotos ist außerdem zu sehen, dass nicht nur selbstgebauter Schutz, sondern auch sowjetischer Schutz verbaut wurde. Jeweils links und rechts sind 4 Kontakt-1 Reaktivpanzerung-Elemente. Diese befinden sich vor der amerikanischen ARAT-Reaktivpanzerung an der Front. Damit wird eine Stelle der Kette abgedeckt, die vom ARAT nicht geschützt ist.

Kontakt-1 Reaktivpanzerung

Bei Reaktivpanzerung handelt es sich um gerichtete Sprengladungen. Üblicherweise bestehen sie aus Sprengstoff und einer Metallplatte. Wird die Reaktivpanzerung durch eine Granate oder Rakete getroffen, explodiert sie und schleudert die gesprengte Metallplatte, in der Form von Schrapnell, dem Projektil entgegen.

Das soll besonders die Wirkung von Hohlladungsgeschossen mindern, die üblicherweise bei Panzerabwehrwaffen und -granaten genutzt werden. Viele Kamikazedrohnen sind mit Hohlladungen mit Aufschlagzünder ausgestattet. Bei der Ukraine sind die vor allem provisorisch montiert, Russland stattet einige seiner Lancet-3-Drohnen ab Werk mit Hohlladungen aus, um Panzer zu bekämpfen.

Ukrainische Kamikazedrohne. Diese Art wird auch FPV-Drohne genannt = First Person View

Außerdem wurde beim M1A1 auf den Fotos die abgeschrägte Front der Wanne, sowie die Oberseite darüber mit Kontakt-1 ausgestattet. Diese Konfiguration wurde schon vor einer Woche gesichtet. Allerdings hat dieser M1A1 noch keinen Cope Cage und nicht die zusätzlichen Kontakt-1 an der linken und rechten Seite.

Anhand der Positionierung der Kontakt-1-Elemente kann man davon ausgehen, dass diese Stellen vorher von russischen Truppen mit Panzerabwehrwaffen bzw. den Kamikazedrohnen gezielt angegriffen wurden. Besonders die jeweils 4 Kontakt-1 vorne links und rechts machen Sinn, um die Kette zu schützen.

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Die Kontakt-1 an der Front der Wanne ist interessant. Durch die schräge Bauweise unten ist hier die Panzerung ohnehin sehr stark. Deshalb wird üblicherweise Truppen gesagt, dass Kampfpanzer eben nicht an dieser Stelle, sondern an den Ketten, den Seiten des Turmes, dem Dach des Turmes oder der Rückseite angegriffen werden sollen. Womöglich hat Russland durch seine Propaganda-Parolen und ausgesetzten Belohnungen für zerstörte M1A1 die Truppen aber so stark „motiviert“, dass diese besonders intensiv die Abrams beschießen – auch von vorne. Und selbst die dickste Panzerung hält nicht ewig stand.

Bei der Reaktivpanzerung an der Front war die Ukraine wohl von Russland inspiriert. Russische T-72 und T-90 haben Reaktivpanzerung an der Front und Oberseite der Wanne. Einige andere Nationen, die diese Panzer von Russland gekauft haben, haben diese Reaktivpanzerung ebenfalls im Einsatz.

USA nutzen noch keine Front-Reaktivpanzerung bei Abrams

Die aktuellen M1A2, die die US-Armee einsetzt, wurden bisher nicht mit Front-Reaktivpanzerung gesichtet. Das Ausrüstungspaket TUSK besteht derzeit aus Reaktivpanzerung an den Schürzen über den Ketten und an den Seiten des Turmes.

Die USA werden jedenfalls den Einsatz der Reaktivpanzerung auf den ukrainischen M1A1 beobachten und analysieren. Sollte sich der Frontschutz als effektiv erweisen, könnte er zukünftig eine Option für den M1E3 Abrams werden, der derzeit entwickelt wird.

Russische Schildkrötenpanzer

Auch Russland rüstet bei seinen Kampfpanzern Schutz nach – noch viel mehr Frankenstein, als die Ukraine. Immer mehr „Schildkrötenpanzer“ tauchen an der Front auf.

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Dabei werden Kampfpanzer nahezu vollständig mit Metallplatten umhüllt, um sie vor Drohnenangriffen zu schützen. Der Turm ist dabei kaum noch drehbar, die Sicht für die Besatzung extrem eingeschränkt.

Diese Panzer werden etwa zur Minenräumung eingesetzt. Panzer, die Schneisen durch Minenfelder für die nachfolgenden Kampffahrzeuge ziehen, sind primäre Ziele für die Gegner.

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Aktuell wurde ein russischer Schildkrötenpanzer zur Minenräumung gesichtet, der zusätzlich Reaktivpanzerung auf einem verstärkten Dach montiert hat. 

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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