Voices for Refugees: Smartphone-Lichtermeer am Heldenplatz
Über 100.000 Menschen sind am Samstag zum Solidaritätskonzert „Voices for Refugees - Konzert für ein menschliches Europa“ auf den Wiener Heldenplatz gekommen. Bundespräsident Heinz Fischer hielt eine eindringliche Ansprache. „Menschen in Not brauchen Zuwendung, wir dürfen uns nicht abwenden“, sagte das Staatsoberhaupt. Danach kamen alle Mitwirkenden für eine Schweigeminute auf die Bühne.
Schweigeminute
„Ich sage es mit aller Deutlichkeit: Ich wende mich nicht von denen ab, die Sorgen und Ängste haben“, betonte Fischer. „Aber ich wende mich von denen ab, die aus der Not der Flüchtlinge ein Geschäft machen, sei es ein wirtschaftliches oder politisches.“ Der Bundespräsident betonte, dass „alle Staaten der europäischen Gemeinschaft etwas beitragen“ müssten.
Taschenlampen zum Telefonieren
Zu den Highlights zählte wohl auch das Smartphone-Lichtermeer, das im Rahmen des Konzerts der Toten Hosen entstand. Tausende Menschen zückten ihre Smartphones und Handys und schalteten den LED-Blitz als Taschenlampe ein. Das beeindruckte selbst Tote-Hosen-Frontmann Campino, der den Moment als Video festhielt.
„Ich werde den Menschen zuhause sagen: ‚Da in Österreich, da haben sie Taschenlampen, mit denen sie telefonieren können‘“, rief Campino dem Publikum zu und versprach, das Video auch auf Facebook zu veröffentlichen. Bislang (Stand 11 Uhr) findet sich das Video allerdings noch nicht auf der Facebook-Seite der Toten Hosen. Für FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hatte Campino lediglich ein „Fuck“ übrig und warnte davor, sich „den schönen Bundesstaat nicht [von Strache] wegnehmen zu lassen.“
Zwischen 100.000 und 120.000
Die Menschenmasse sorgten auch dafür, dass zumindest die mobilen Datennetze lange Zeit rund um den Heldenplatz überlastet waren. Auf Twitter wurde berichtet, dass bereits bei der Kundgebung am Nachmittag keine Datenverbindung zustande kam, SMS funktionierten jedoch.
Polizeisprecher Christoph Pölzl sprach am späten Abend von 100.000 bis 120.000 Menschen auf dem Heldenplatz, auch die Veranstalter berichteten von 100.000 Teilnehmern. Zuvor hatte die Polizei von 30.000 Menschen vor der Bühne und einem ständigen Zu- und Abstrom berichtet. Nach einer ersten Bilanz lief die Kundgebung ohne große Zwischenfälle ab.
Grüße aus München
Kritische Worte fand naturgemäß Konstantin Wecker, der seinen Auftritt mit „Sage Nein!“ begann: „Wenn sie dann in lauten Tönen, saufend ihrer Dummheit frönen, denn am Deutschen hinterm Tresen, muss nun mal die Welt genesen, dann steh auf und misch dich ein: Sage nein!“, sang der 69-Jährige. Der deutsche Liedermacher richtete „Grüße aus München“ aus, „wo sich zwar nicht so viele wie hier, aber Tausende gegen die Orbanisierung Münchens wehren“. Und zum Abschluss forderte er das Publikum auf: „Träumen wir weiter, seien wir subversiv, heißen wir alle Flüchtlinge willkommen.“
Flüchtlinge auf der Bühne
Zwischen den Musikbeiträgen gab es immer wieder kurze Ansprachen. „Wenn Sie heute hier weggehen“, sagte etwa Caritas-Präsident Michael Landau, „nehmen Sie drei Dinge mit: Sie sind richtig viele, Sie alle zeigen Haltung, Sie können etwas verändern.“ Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger warnte: „Wenn das Asylrecht fällt, fällt das Menschenrecht.“ Fenninger kritisierte, dass „50 Prozent der Gemeinden noch keinen Flüchtling aufgenommen“ hätten: „Das ist beschämend.“
Die ergreifendsten Statements kamen von Flüchtlingen. Ein Mädchen auf der Bühne berichtete etwa mit Tränen in den Augen: „Wir haben in Syrien kein Wasser und keinen Strom. Aber das ist nicht das Problem. Sondern viele Menschen sind tot.“ In den Abendstunden rockte Zucchero gewohnt souverän. Der italienische Blues- und Rockmusiker interpretierte auch Verdis „Va pensiero“ zusammen mit dem Kinderchor der Chorschule an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Gerockt war auch am Nachmittag bei Kreisky geworden.