Warum MH17 über Krisengebiet flog
Der vermeintliche Abschuss des Malaysian Airlines Fluges MH17 wirft eine wichtige Frage auf: Warum flog das Flugzeug genau über eine Region, die von einem bewaffneten Konflikt heimgesucht wird? Die Antwort darauf von offizieller Seite ist: Der Luftraum wurde ab einer bestimmten Höhe als sicher eingestuft. Diese Einschätzung stammt von der ukrainischen Luftraumüberwachung. Sie ist dafür verantwortlich, die Flugrouten über dem eigenen Staatsgebiet zu bewerten und bei Bedarf zu sperren.
Verlass auf ukrainische Behörde
Die Einschätzung der Sicherheitslage im Luftraum über einem Staat obliegt der jeweiligen nationalen Flugsicherung. Die Beurteilung wird an die gesamteuropäische Luftraumüberwachung Eurocontrol und die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) weitergeleitet. Vor jedem Flug, der über Europa führt, müssen Flugpläne bei der Eurocontrol eingereicht werden.
Sieht ein Flugplan eine Routenführung über gesperrtes Gebiet vor, wird er von der Eurocontrol abgelehnt. Im Falle von MH17 wurde der eingereichte Flugplan allerdings genehmigt, weil die ukrainische Luftraumüberwachung alle Flüge über einer Höhe von 32.000 Fuß (9.753 Meter) als sicher erachtete.
Wie sich nach der MH17-Katastrophe zeigt, haben manche Fluglinien der Einschätzung der Flugsicherheitsbehörden vertraut, andere zogen es vor, jedes Risiko und damit den gesamten ukrainischen Luftraum zu vermeiden. Der malaysische Transportminister Liow Tiong Lai, ebenso wie Malaysia Airlines bekräftigen, dass es keine Einschränkungen für den Flugverkehr in dem betroffenen Gebiet gab. Viele Fluglinien, etwa Asiana, Korea Air oder Qantas, ließen ihre Flugzeuge allerdings bereits zu Beginn der Ukraine-Krise großräumig ausweichen.
Flugverbot über Krim
Der politische Konflikt in der Ukraine beeinflusst die nationale Luftraumüberwachung schon seit mehreren Monaten. Mit der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland Anfang März wurde die ursprüngliche Ordnung der Luftfahrtkontrollstellen in der Ukraine durcheinandergeworfen.
Anfang April schickte die ICAO eine Empfehlung aus, den Luftraum über der Krim zu vermeiden, da dort zwei verschiedene Kontrollstellen (eine ukrainische, eine russische) den Flugverkehr koordinieren wollten. Der Zuständigkeitskonflikt wurde als gefährlich erachtet, über der Krim besteht seitdem eine Flugverbotszone für Zivilflugzeuge.
Sichere Flughöhe
Auf die Verschärfung der Kampfhandlungen in der Ostukraine folgten auch in diesem Gebiet Flugverbote. Am 1. Juli untersagte die Ukraine den Überflug unterhalb von 26.000 Fuß (7.924 Meter). Am 14. Juli wurde die sichere Zone noch weiter angehoben. Sie lag nun bei 32.000 Fuß (9.753 Meter).
Flug MH17 war in 33.000 Fuß (10.058 Meter) unterwegs. Bis in diese Höhe sollten die Geschoße von manuell bedienbaren Raketenwerfern nicht gelangen. Flugabwehrraketen des Typs "Buk" haben allerdings eine Reichweite von 25 Kilometern. Flugzeuge in einer Höhe von 33.000 Fuß sind damit erreichbar.
Übliche Route nach Ostasien
Der Luftraumkorridor, der über die östliche Ukraine führt, ist eine normalerweise hochfrequentierte Route, die Europa mit Ostasien verbindet. Tokio, Peking oder Bangkok sind jene Destinationen, die so von Zentraleuropa aus möglichst direkt angesteuert werden. Andere Routen sind länger. Die Reisezeit steigt, der Treibstoffverbrauch steigt. Soll der Ticketpreis nicht steigen, schrumpft der Gewinn der Fluglinie.
Die Malaysian Airlines waren mit ihrer Routenführung über die Ostukraine bis Donnerstag nicht alleine. Auch die Austrian Airlines benutzten den Korridor. Nach der Katastrophe müssen nun schnell Alternativverbindungen gesucht werden. Die AUA hat am Freitag vier Flüge gestrichen. Der Luftraum über der Ostukraine ist gesperrt. Die meisten Fluglinien, inklusive der AUA, vermeiden vorerst den gesamten ukrainischen Luftraum.