GRID Autosport: Schmuckloser Geschwindigkeitsrausch
Mit GRID Autosport (PS3, Xbox360, PC) will sich Codemasters versöhnlich von den Last-Gen-Konsolen verabschieden, nachdem GRID 2 bei Fans der Serie nicht gut angekommen ist. Dazu wurde das Game auf das Wesentliche reduziert. Zurück bleibt ein solides, aber herzloses Rennspiel. Die futurezone hat es getestet.
Teams statt Wagenwahl
Von der Garagen-Ansicht und der Pseudo-Handlung in GRID 2 ist nichts übergeblieben. In einem simplen Menü wird „Saison starten“ gewählt, danach muss man sich für eine von fünf Klassen entscheiden. Pro Saison wird dann aus dieser Kategorie ein Cup gefahren, der aus mehreren Rennen besteht.
Anstatt wie bei Gran Turismo oder Forza einen Wagen zu kaufen und zu tunen, kann nur ein Team für die Saison gewählt werden. Das Team gibt das Auto für das jeweilige Rennen vor. Die Teams setzen Ziele für die Saison, wie etwa eine bestimmte Platzierung in der Fahrerliste oder der Teamwertung. Erreicht man die Ziele, gibt es XP. Bei genügend XP werden neue Cups in der jeweiligen Klasse sowie neue Teams freigeschaltet, die größere Belohnungen für schwieriger zu erreichende Ziele geben.
Hat man in jeder Klasse einen bestimmen Level erreicht, werden die Grand-Slam-Events freigeschaltet, bei denen Cups mit Rennen aus verschiedenen Klassen gefahren werden. Ansonsten kann man mit der XP nichts machen. Es werden keine wählbaren Autos freigeschaltet und die vorhandenen können nicht optisch modifiziert werden. Diese sind immer im Look des Teams gehalten, wie etwa Oakley und Razer.
Durch das Fehlen von Belohnungen hat man manchmal das Gefühl, dass die erbrachte Leistung nicht gewürdigt wird. Man fährt eine Saison nach der anderen, beschafft den ständig wechselnden Teams Top-Platzierungen, nur um neue Cups freizuschalten.
Fünf-Klassen-Gesellschaft
Immerhin sorgen die fünf Klassen dafür, dass es nicht zu eintönig wird. Touring sind die üblichen Tourenwagen-Rennen. Hier geht es ruppig zur Sache, drängeln, stoßen und rammen gehören zum Renn-Alltag. Bei Endurance dauern die Rennen standardmäßig acht Minuten. Hier ist man mit Boliden unterwegs, die man aus den 24 Stunden Rennen von Le Mans kennt. Etwas unlogisch: Zwar gibt es Reifenabnutzung, aber keine Boxenstopps.
In Open Wheel wird mit Formel-3-Autos gefahren. Die Wagen steuern sich deutlich direkter als etwa die Tourenwagen und sind auch empfindlicher. Schon kleine Berührungen können zu Schäden führen. Bei Tuner findet man Muscle Cars, Sportwagen und Exoten. Gefahren werden normale Rennen, Zeitrennen und Drift-Wettbewerbe. Zeitrennen sind unspektakulär – im Grunde ist es ein normales Rennen, nur mit weniger Wagen auf der Strecke. Die Drift-Rennen sind eine willkommene Abwechslung und Herausforderung. Hier gilt es möglichst viele Punkte aus jeder Kurve herauszuholen.
In Street wird mit sportlichen Straßenwagen und Supersportwagen mit Straßenzulassung gefahren. Das Besondere sind die Straßenkurse, die enger als die Strecken der anderen Klassen sind. Schon kleine Lenkfehler können fatale Folgen haben.
Herausfordernd
Eine Stärke von GRID Autosport ist die Stärke der KI-Fahrer. Spielt man nicht gerade auf den allerleichtesten Schwierigkeitsgrad, hat man nie das Gefühl unterfordert zu sein. Die Gegner kämpfen um jeden Platz, egal ob es um die Spitzenposition oder Platz 13 geht. Hat man auf das Qualifying vergessen und startet deshalb vom 16. Platz, ist es schon Erfolgserlebnis am Schluss Siebenter zu sein, weil man sich jeden Platz hart erkämpft hat.
Die Fahrphysik ist eine Mischung aus Realismus und Arcade – weniger Arcade als in GRID 2, aber weit vom Realismus anderer Driving-Simulationen entfernt. Der Schwierigkeitsgrad kann mit der KI-Stärke und verschiedenen Lenkhilfen den eigenen Fähigkeiten angepasst werden. Auch wenn man anfangs nicht gleich einen Stockerlplatz erreicht, sollte man sich nicht verführen lassen den Schwierigkeitsgrad zu weit senken. Ohne Bremshilfe, Lenkhilfe, Ideallinie und mit richtigen statt nur optischen Schaden macht es mehr Spaß. In Notfällen kann man bei Ausrutschern auf der Strecke immer noch die bekannte Rückspul-Funktion nutzen, um das letzte fehlgeschlagene Lenkmanöver ungeschehen zu machen.
Im Rausch der Geschwindigkeit
Die zweite große Stärke von GRID Autosport ist das Gefühl für die Geschwindigkeit. Schon bei den frühen Tourenwagen-Rennen wird der Speed gut vermittelt. Zu Beginn ist man sogar versucht deshalb bei einigen Kurven zu früh auf die Bremse zu steigen, was fast immer darin endet, dass man überholt wird.
In der Open-Wheel-Klasse ist man besonders schnell im Geschwindigkeitsrausch und kann sogar kurzfristig einen Tunnelblick bekommen. Eine kleine Unaufmerksamkeit, etwa wenn man auf die Mini-Karte oder auf die Wertung schaut, und schon übersieht man, dass der Vordermann bremst und fabriziert einen Auffahrunfall.
Fahranweisungen
Gelegentlich machen auch die KI-Fahrer Fehler, wodurch sie menschlicher wirken und die Rennen dynamischer sind. So steht schon mal ein Auto quer weil es sich gerade gedreht hat – zum Glück wird man über den Teamfunk gewarnt und kann sich so geistig auf das Ausweichmanöver vorbereiten.
Während dem Rennen kann in fünf Stufen das Fahrverhalten des Teamfahrers, von defensiv bis aggressiv, eingestellt werden. Da das Teamziel fast immer eine gute Platzierung in der Teamliste ist, muss man ihn aggressiv fahren lassen, da er sonst nur auf den hinteren Rängen landet.
Kontext-basierende Anweisungen würden mehr Sinn machen, wie „Halte mir den Rücken frei“ wenn man vorne ist oder „Lass mich überholen“ wenn man hinter dem Teamkameraden ist. So fährt er entweder so schlecht, dass er alle überholen lässt oder so aggressiv, dass er keine Rücksicht nimmt. Wird man vom eigenen Teamfahrer aus der Kurve geschossen, ist dies besonders bitter.
Verzichtbare Cockpit-Ansicht
Von Außen sehen die Autos gut aus. Mit einem Forza 5 können die Details natürlich nicht mithalten, für eine sechs Jahre alte Engine auf der alten Konsolengeneration sind die Modelle aber mehr als nur annehmbar. Auch die 22 Kurse sind gelungen und sehen sowohl bei den Tag- als auch Nachtrennen gut aus. 13 Kurse sind realen Rennstrecken nachgebildet, darunter der Hockenheimring und Red Bull Ring.
Allzu genau darf man aber nicht hinsehen. Die Zuschauer am Streckenrand sehen wie Schaufensterpuppen aus und verliert ein Wagen die Motorhaube, kommt nur ein sehr grob gestaltetes Innenleben zum Vorschein. Aufgrund der Beschwerden der Fans hat GRID Autosport wieder eine Cockpit-Ansicht. Diese ist allerdings detailarm, hat keine funktionierenden Instrumente und keine Rückspiegel.
Multiplayer
Der Online-Mehrspieler-Modus von GRID Autosport bietet Zugriff auf alle Klassen und alle 22 Strecken in ihren über 100 Kursvarianten. Im Gegensatz zum Saison-Modus müssen die Wagen aber erst mit Geld gekauft werden, das man durch gute Rennleistungen verdient. Auch das Upgraden der Autos ist in eingeschränkten Maßen möglich.
Sollte man mal für ein Rennen nicht genügend Mitspieler finden, können diese durch KI-Fahrer ersetzt werden. Im Mehrspieler-Modus feiert auch der Demolition-Derby-Modus sein Comeback. Es gibt zudem einen Splitscreen-Modus für maximal zwei Spieler.
Fazit
GRID Autosport richtet sich an Fans der Serie. Die Reduktion auf das Kernelement Racing und der eher hohe Schwierigkeitsgrad schließt Gelegenheits-Raser und Gamer mit geringer Frustschwelle aus.
Aber selbst wenn man über das hinweg sieht, wirkt GRID Autosport aufgrund des spartanischen Saison-Modus nur wie ein halbes Spiel. Es fehlt die Motivation weiterzuspielen, nachdem man ein paar Rennen gefahren hat. GRID Autosport hat zwar Seele, aber das Herz fehlt. Wenn es das Spiel mal um 35 Euro zu kaufen gibt (und man bis dahin noch eine PS3 oder Xbox360 in Verwendung hat), können Rennspiel-Fans guten Gewissens zugreifen.