Meinung

Terror in Paris: Ein Überwachungsaufschrei

Keine 12 Stunden hat es nach den verheerenden Attentaten in Paris in Österreich gedauert, bis die Rufe nach Staatsschutz und Überwachung von ersten Politikern laut wurden.

Mit seinem Tweet instrumentalisierte ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka am Samstagmorgen nach den Anschlägen in Paris damit den Terror in Frankreich gleich für die eigenen, parteipolitischen Ziele in Österreich. Rückenwind bekam er von Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), die am Samstag ebenfalls „Tempo beim Staatsschutzgesetz“ verlangte.

Was man als „blinden Schrei nach mehr Überwachung“ deuten könnte, hat aber Tradition. Terrorismus dient seit Jahren immer wieder als Deckmantel für die Reduzierung unserer Freiheitsrechte und die Rufe danach erfolgen immer schneller. Dabei sind in Paris die Sicherheitsgesetze bereits äußerst scharf.

Blankoscheck und Vorratsdaten

In Frankreich gibt es die Vorratsdatenspeicherung seit 2006, ebenso wie eine flächendeckende Videoüberwachung und seit Ende Oktober, gibt es – als Reaktion auf den Terroranschlag auf die Mitarbeiter des Satire-Magazins „Charlie Hebdo“ - einen „Blankoscheck“ für den Geheimdienst, der zumindest einen der Attentäter auf ihrer Überwachungsliste hatte.

Verhindert werden konnte der jüngste Anschlag trotzdem nicht. Unter anderem, weil die Flut an Daten alleine nichts nützt. Wenn 10.000 Verdächtige auf diesen Listen drauf stehen, die „möglicherweise gefährlich“ sind, nützt das nichts – man kann diese Personen wohl nicht dauerhaft bewachen oder einsperren. Deshalb helfen auch pauschale Datensammlungen – wie etwa die Vorratsdatenspeicherung – nichts.

Staatsschutz-Freibrief

Ungeachtet dessen soll in Österreich jetzt also auf ÖVP-Wunsch das Staatsschutzgesetz rasch durch gewunken werden. Die SPÖ hingegen spricht von einem "schlechten Gesetz". Steckt dahinter also nur reines parteipolitisches Geplänkel? Nicht ganz. ÖVP-Klubobmann Lopatka weiß sehr wohl, worum es bei Gesetzen wie diesen geht: Darum, Bürgerrechte einzuschränken.

Ewige Datenspeicherung

Beim Staatsschutzgesetz handelt es sich um ein Gesetz, bei der eine Art Analysedatenbank von Verdächtigen eingeführt werden soll, in der neben personenbezogenen Daten von Verdächtigen Verkehrsdaten und Bewegungsdaten gemeinsam gespeichert werden sollen und es nur eingeschränkte Löschpflichten dieser Daten gibt. Der Freibrief für die ewige Datenspeicherung: Diese Person könnte ja in Zukunft einen Anschlag planen.

Statt immer wieder nach Terrorattentaten die Einschränkung der Bürgerrechte zu fordern, könnte man vielleicht doch einmal die Überwachungsinstrumente, die zur Verfügung stehen, hinterfragen und evaluieren. Statt die Nadel im Heuhaufen zu suchen, wäre es vielleicht sinnvoll, sich mal darauf konzentrieren, zu erkunden versuchen, wie die Nadel überhaupt beschaffen ist.

Viel zitierte Worte heute waren die des norwegischen Ministerpräsidenten Stoltenberg nach dem Anschlag von Olso: „Unsere Antwort lautet: mehr Demokratie, mehr Offenheit, mehr Menschlichkeit.“

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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