Amazon und Walmart kommen in Indien an die kurze Leine
Gerade erst haben sie Milliarden in den boomenden Internethandel in Indien gesteckt, nun könnten Amazon und Walmart auf dem Subkontinent schon wieder ausgebremst werden. Am Freitag sollen für ausländische Investoren gravierende Einschränkungen in Kraft treten: Amazon & Co dürfen dann in Indien nur noch Produkte von Firmen verkaufen, an denen sie nicht beteiligt sind. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass die großen E-Commerce-Firmen neutrale Handelsplattformen sind, die jedem Verkäufer die gleichen Bedingungen einräumen. Der Verkauf eigener Produkte bleibt indischen Online-Händlern vorbehalten. Ziel ist es, das Heer der heimischen Kleinunternehmer zu besänftigen, die sich durch die Internet-Riesen bedroht sehen - schließlich stehen im Frühjahr Wahlen an.
Der US-Handelsriese Walmart hatte sich im vergangenen Jahr für die Rekordsumme von 16 Mrd. Dollar (14 Mrd. Euro) den indischen Onlinehändler Flipkart einverleibt. Damit verschaffte sich der Einzelhandelsgigant Zugang zum indischen Internethandel, dem die Experten von Morgan Stanley in einem Jahrzehnt ein Volumen von 200 Mrd. Dollar zutrauen. Zugleich positionierte sich Walmart mit seinem bisher größten Zukauf im Ausland gegen Rivale Amazon, der immer mehr Geschäft abzieht. Auch Amazon hat angesichts der Wachstumsraten Investitionen in Indien von 5,5 Mrd. Dollar zugesagt. Gleich mehrfach traf sich Amazon-Gründer Jeff Bezos in den vergangenen Jahren mit Indiens Ministerpräsident Narendra Modi.
Investoren verärgert
Doch das Investitionsklima auf dem Subkontinent hat sich durch plötzliche Schwenks in der Politik deutlich eingetrübt. Insidern zufolge riefen die neuen Regeln für Internethändler auch die US-Regierung auf den Plan. Regierungsvertreter aus Washington seien bereits in Neu-Delhi vorstellig gewesen und hätten gewarnt, dass die Einschränkungen die Investitionspläne von Amazon und Walmart in Indien durchkreuzen könnten, sagten drei mit den Gesprächen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. "Man kann nicht über Nacht den Kurs ohne Rücksprachen wechseln und Firmen, die Milliarden investiert haben, sagen, 'macht Euch vom Acker'", kritisierte auch Prasanto Roy, ein in Neu-Delhi ansässiger Berater, der die lokale Politik und ihre Auswirkungen auf den heimischen Technologiesektor intensiv beobachtet.
Sowohl Flipkart als auch Amazon hätten damit begonnen, sich an Tausende Verkäufer auf ihren Plattformen zu wenden, um die neuen Bestimmungen umsetzen zu können, heißt es in Unternehmenskreisen. Das treibe die Kosten in die Höhe. Gleichzeitig versuchten beide Internetriesen, eine Verschiebung der Regelung um mehrere Monate zu erreichen - allerdings vergeblich. Schließlich will Modi voraussichtlich im Mai wiedergewählt werden und setzt dabei auf Maßnahmen, die beim einfachen Volk gut ankommen.
Die lokalen Unternehmer beschweren sich schon seit Jahren darüber, dass ihnen die großen E-Commerce-Händler durch ihre Marktmacht und aggressive Preispolitik das Wasser abgraben. Der indische Onlinehändler Flipkart war 2007 von zwei ehemaligen Amazon-Angestellten gegründet worden und verkauft wie der US-Rivale alles vom Smartphone bis zur Spülmaschine. Früheren Angaben von Marktforschern zufolge kontrolliert Flipkart damit noch vor Amazon rund 40 Prozent des indischen Online-Einzelhandels. Im Gegensatz zu den ausländischen Rivalen freut sich der indische Internethändler Snapdeal über die neuen E-Commerce-Beschränkungen. Er hofft auf wachsende Marktanteile. Der laute Protest einiger Firmen, schrieb Snapdeal in einem von Reuters eingesehenen Brief an die Behörden, zeige wie effektiv diese Regulierung sein werde.