Netzpolitik

BBA: Mikl-Leitner, Karl und Maier nominiert

Am 25. Oktober werden (

) die Big Brother Awards im Wiener Rabenhof-Theater vergeben. Die Negativpreise werden an Unternehmen, Institutionen, Personen und Behörden vergeben, die sich im Feld der Überwachung, Kontrolle und Bevormundung der Bürger "besonders verdient gemacht" haben. Der futurezone liegen nun die drei Nominierten in der Kategorie"Politik"vor.
Johanna Mikl-Leitner

1. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner
Internetfilter, ein Alarmknopf im Browser, eine Provider-Haftung für terroristische Inhalte, Klarnamenzwang: Das sind nur einige wenige Vorschläge der EU-Initiative "Clean IT", die von der EU-Kommissarin "Censilia" Malmström mit einer Summe von 400.000 Euro finanziell unterstützt wird. Aus einem geheimen Dokument geht hervor, dass zur Bekämpfung des Terrorismus im Internet künftig alle möglichen technischen Maßnahmen zum Einsatz kommen und die Internet-Verbindungen der Europäer überwacht werden sollen. Malmström

, dass es beim Projekt Clean IT "große Missverständnisse" gebe. Die EU-Kommission habe inhaltlich nichts damit zu tun, so Malmström.

Will man den

, die in dem von EDRi veröffentlichtem Dokument(PDF)niedergeschrieben wurden, Glauben schenken, soll im Zuge von "Clean IT" ein Netz aus zuverlässigen Internet-Informanten aufgebaut werden. Es soll ein "sauberes Netz ohne Terror" entstehen - wie im Iran. Die iranischen Methoden gelten offenbar als Vorbild, denn die Pläne sind ziemlich ident.

Für den Projektleiter But Klaasen sind die Pläne der Initiative noch so unausgegoren wie ein "Abendmenü, das von einem Koch gemacht wird, der erst am Nachmittag im Supermarkt entscheidet, was er für Zutaten nimmt". Bei den Zutaten mischt auch das österreichische Innenministerium fleißig mit. Innenministerin Johanna Mikl Leitner (ÖVP) sorgte dafür, dass die nächste "Clean IT"-Konferenz Anfang November in Wien ausgerichtet wird. Auch wenn dafür keine zusätzlichen österreichischen Steuergelder verwendet werden sollen, hat sie damit dennoch eine Nominierung bei den Big Brother Awards eingeheimst.

2. Johann Maier, Vorsitzender des Datenschutzrats
Dass es in Österreich keinen Klubzwang geben soll, erzählen die Politiker immer wieder. Doch häufig ist das Gegenteil der Fall. Es gibt immer wieder Fälle, die dies klar und deutlich aufzeigen. Dieses Mal ist Johann Maier (SPÖ), Vorsitzender der Datenschutzrats, ein solches Vorzeigebeispiel, für das er auch gleich für den diesjährigen Big Brother Award nominiert wurde.

Der Vorsitzende des Datenschutzrats hat sich mehrfach und einstimmig gegen die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung in Österreich ausgesprochen. Als es im Parlament im April 2011 dann zur Abstimmung kam, fehlte Maier jedoch. Die Pinkelpause dauerte auf jeden Fall lange genug, um sich der Abstimmung zu entziehen. Die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung wurde trotzdem beschlossen: Mit den Stimmen der restlichen SPÖ und der ÖVP.

Das war nicht das einzige Mal, dass sich Maier dem Klubzwang seiner Partei unterwarf: Als es Anfang 2012 um das

, kündigte Maier an, dafür zu stimmen - und zwar trotz davor geäußerter Kritik des Datenschutzrats. "Weil ich Realist bin", lautete seine Begründung gegenüber der futurezone. Zwar reichte Maier gleichzeitig einen Entschließungsantrag ein, in dem er sich für ein EU-weites Rahmenabkommen ausspricht, es wirkt allerdings trotzdem eher unglaubwürdig, wenn jemand derart aus seiner Verantwortung flieht.

3. Justizministerin Beatrix Karl und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner
Der Nationalrat hat Ende Februar 2012 mit den Stimmen der SPÖ und ÖVP eine Novelle zum umstrittenen Sicherheitspolizeigesetz

. Dadurch können Beamte beispielsweise verdeckt auf Facebook ermitteln oder Einzelpersonen mit Peilsendern überwachen. Die wesentlichste Änderung bei der Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) ist, dass die „erweiterte Gefahrenforschung" künftig auch bei Einzelpersonen möglich ist. Bisher war der Einsatz dem Staatsschutz nur bei Gruppen ab drei Personen erlaubt. Genehmigt werden muss die Gefahrenerforschung vom Rechtsschutzbeauftragten. Dieser ist zwar weisungsfrei, allerdings im Innenministerium angesiedelt - daher wird neben Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) für den Award nominiert.

Durch die Änderung des SPG kann jeder einzelne Bürger durch unbedachte Äußerungen zum potentiellen Überwachungsobjekt werden. Observationen, auch mit Peilsender, oder der Einsatz verdeckter Ermittler mit Ton- und Bildaufnahmegeräten sind dann zulässige Überwachungsmethoden. Ermittler könnten jedoch auch auf Facebook gefälschte Profile anlegen und sich mit Verdächtigen anfreunden, etwa um sogenannte „kriminelle Verbindungen" und besonders schwere Straftaten abzuwehren.

Die Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz wurde von Menschenrechtsorganisationen wie Greepeace, Attac, Amnesty International (AI) und SOS Mitmensch, Datenschützern und Rechtsexperten

. "Das sind für eine Demokratie weitgehende Eingriffe", sagte etwa der Grüne Nationalratsabgeordnete Albert Steinhauser. Auch der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) warnte vor einer drohenden Aushöhlung des Rechtsstaates durch die Gesetzesnovelle. „Während sich Norwegen auch nach den Massenmorden zu dem demokratischen Rechtsstaat bekannte, werden in Österreich die Polizeibefugnisse noch erweitert", kritisierte Rupert Wolff, Präsident des ÖRAK.

Die Gala:
Der Gewinner der Kategorie "Politik" wird am 25.10. im Rabenhoftheater (Rabengasse 3, 1030 Wien) ab 20 Uhr (Einlass ab 19 Uhr) verlesen. Bei der Gala werden neben Showacts wie dot.matrix vs. Gon mit einer Performance rund um "Gameboy vs. iPhone" sowie einer Band auch internationale Gäste wie z.B. der Programmierer Jacob Appelbaum aus den USA erwartet.

Der Eintritt zur Big Brother Awards-Gala ist kostenfrei. Solange das Kontingent reicht, kann man sich Karten online reservieren. Die futurezone verlost zudem 5 x 2 fixe Tickets für die Gala. Wer an der Verlosung teilnehmen möchte, schickt bis inklusive 24.10. eine E-Mail mit dem Betreff: BBA-Gala 2012 an redaktion@futurezone.at - die Auslosung erfolgt nach dem Zufallsprinzip.  

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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