Netzpolitik

Clean IT endet mit Meldeknopf für Terrorismus

Die EU hat mit "Clean IT" vor rund zwei Jahren ein länderübergreifendes Projekt gestartet, mit dem Terrorismus im Internet bekämpft werden sollte. Das Projekt wurde von der EU mit 325.796 Euro gefördert. Laut dem niederländischen Projektverantwortlichen But Klaasen haben insgesamt 110 Teilnehmer aus 16 Ländern (

) an insgesamt sechs Treffen, eines davon fand wie berichtet in Wien statt, teilgenommen. Vor kurzem trafen sich die Teilnehmer in Brüssel ein letztes Mal, denn dort fand die Abschlussveranstaltung statt, bei der noch einmal über die Ergebnisse des finalen Berichts(PDF)diskutiert wurde.

Diese Ergebnisse sollen unverbindliche freiwillige Maßnahmen sein, um Terrorismus im Internet zu bekämpfen, heißt es. "Wir wollten kein bestimmtes Ergebnis erzielen, sondern es ging uns vor allem um den Dialog. Daher haben wir eine Liste mit Best Practice-Beispielen erarbeitet", erklärte Klaasen im Rahmen der Veranstaltung. Die Maßnahmen seien nun vor allem als Input für künftige Projekte gedacht, fügte Klaasen hinzu.

Browser-basierter Meldeknopf
Zu diesen Maßnahmen zählen beispielsweise ein Browser-basierter Meldeknopf für terroristische Inhalte. "Während Content-Portale wie Social Networks oder Bild- oder Video-Portale Möglichkeiten zum Melden von Inhalten anbieten, fehlt dies bei anderen Plattformen und Websites. Es gibt keinen internationalen, nutzerfreundlichen Melde-Mechanismus für alle Internet-Nutzer. Ein Browser-basierter Melde-Mechanismus könnte entwickelt werden, der es allen Internet-Nutzern ermöglicht, terroristische Inhalte im Internet zu melden", heißt es im finalen Bericht.

Weitere Vorschläge aus dem Projektbericht, der, wie betont wird, "nicht die zusammengefassten Meinungen der Teilnehmer als Ganzes wiedergibt" und bei dem "manche Teile weitere Diskussion erfordere": Online-Firmen sollen die "terroristische Benutzung des Internets" in ihren Nutzungsbedingungen verbieten. Bei Websites mit nutzergenerierten Inhalten müsse es ein "einfaches und benutzerfreundliches Meldesystem" geben. Es sollen Hotlines von staatlichen Stellen eingeführt werden, die Hinweise zu terroristischen Inhalten im Netz entgegennehmen sollen. Um Notice-and-Takedown-Verfahren zu beschleunigen sollen Standards entwickelt werden. Außerdem soll bei freiwillig eingesetzter Filter-Software (etwa die Eltern verwenden, um ihren Sprösslingen gewisse Seiten zu blockieren) neben einem Jugendschutz auch der Zugang zu terroristischen Inhalten gesperrt werden.

Klarnamenzwang gestrichen
Vorschläge, wie die Schaffung gesetzlicher Grundlagen für einen Klarnamenzwang, um eine anonyme Nutzung von Online-Diensten zu unterbinden, oder dass Internet Service Provider (ISPs) haftbar gemacht werden sollen, wenn sie keine "vernünftigen" Anstrengungen machen, technische Überwachungsmaßnahmen zur Identifizierung einer (unbestimmten) "terroristischen" Nutzung des Internets setzen, fehlen im finalen Clean IT-Dokument. Derartige Vorschläge waren in einem früheren Entwurf, der der Bürgerrechtsorganisation EDRi in die Hände gefallen war, enthalten und

Manche der Forderungen wurden gestrichen, weil sich unter den Teilnehmern des Projekts auch Menschen befanden, die durchaus auch verstehen, wie das Internet funktioniert. Pascal Gloor, Vizepräsident der Piratenpartei Schweiz, nahm an den "Clean IT"-Verhandlungen in Utrecht (Niederlande) teil. Er konnte laut eigenen Aussagen die Arbeitsgruppe "Real Identity Policy" davon überzeugen, die Forderung nach einem Klarnamenzwang zu streichen. "Ich habe mir große Mühe gegeben, um die Sinnlosigkeit und Unwirksamkeit dieser Maßnahme zu erklären. Zu meiner Überraschung wurden meine Argumente verstanden und nach rund 45-Minuten-Diskussion war der Konsens eindeutig", heißt es

in seinem Blogeintrag.

"Verschwendung von Steuergeldern"
Für die Bürgerrechtsorganisation EDRi bleibt Clean IT allerdings auch nach seinem Ende eine "Verschwendung von Steuergeldern". Der finale Bericht sei nach wie vor ein Mix aus mehreren Elementen, heißt es. Einerseits aus effektivem Lobbying von Filter-Unternehmen, andererseits aus der Inkompetenz des Projektteams. Auch der zur Moderation des Abschlusspanels geladene Ars Technica-Journalist Cyrus Farviar, der dafür von den EU-Geldern extra aus den USA eingeflogen wurde (und dies auch selbst in Frage stellte), kritisierte das Projektteam bis zum Schluß. "Nach stundenlangen Gesprächen bleibt es vage, wie und ob es mit Clean IT weitergeht", so Farviar, der bei den Teilnehmern der Abschlussveranstaltung kein großes Interesse für weitere Diskussionen feststellen konnte.

Doch Clean IT war nicht das einzige (umstrittene) Projekt, das von der EU finanziert und gefördert wurde. So landeten beispielsweise im Projekt "CEO Coalition", einem Projekt um das Internet für Kinder zu einem besseren Platz zu machen, laut EDRi ähnliche Filter-Vorschläge beim Upload von Inhalten wie in einem früheren Projektstatus bei Clean IT. Es bleibt also abzuwarten, wo die "Best Practise"-Beispiese von Clean IT wieder auftauchen werden.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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