Netzpolitik

Demos für und gegen Festplattenabgabe

"Wer Kunst will, soll sie bezahlen" oder auch "Festplattenabgabe jetzt", war am Mittwoch auf Transparenten zu lesen. Die Befürworter der Festplattenabgabe - insgesamt riefen 27 Künstler- und Interessenverbände zur Teilnahme an der Demonstration auf - machten sich für ihr Anliegen stark. Vom Schwarzenbergplatz über das ORF-Funkhaus, dem Bildungszentrum der Arbeiterkammer (AK) bis zur Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) wanderten die rund 350 Demonstranten. „Die Lage ist ernst, aber nicht unabänderlich ernst", sagte Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG Autoren Autorinnen und einer der Organisatoren der Kundgebung.

Viele prominente Autoren wie Marlene Streeruwitz, Robert Schindel, Heinz R. Unger, Barbara Neuwirth, Sabine Gruber oder Gustav Ernst und Künstler und Kulturschaffende wie der Schauspieler Erwin Leder, der Musiker Wolfgang „Fadi" Dorninger oder der Regisseur Peter Gruber nahmen am Protestzug teil. Den Befürwortern der Abgabe geht es

darum, dass die Erlöse der Leerkassettenvergütung, die es seit 1980 gibt, in den vergangenen Jahren von 18 Millionen Euro auf acht Millionen Euro geschrumpft sind. Als Kompensation fordern sie eine Abgabe auf Festplatten, denn der "heutige Konsument habe etwa 4300 urheberrechtlich geschützte Werke auf seiner Festplatte gespeichert", so Ruiss.

Der Protestzug führte nicht ohne Grund zur Arbeitkammer (dort wurde eine Steinskulptur mit einem Kran aufgestellt) und zur Wirtschaftskammer (wo aus Protest Elektroschrott deponiert wurde), denn die beiden Organisationen lehnen eine gesetzliche Festschreibung der Festplattenabgabe ab. Die Arbeiterkammer betonte am Mittwoch, dass es eine gerechte Bezahlung für Künstler, genauso wie für alle anderen Ewerbstätigen, geben müsse, aber dass die Festplattenabgabe nicht der richtige Weg sei. "Es kann nicht sein, immer nur Tarife auf „neue" Speichermedien auszudehnen und nichts an zugrundeliegenden Strukturproblemen zu ändern. Das derzeitige Vergütungsmodell passt nicht mehr in unser digitales Zeitalter", heißt es seitens der Arbeiterkammer.

Gegendemo zum Justizministerium
Am Abend zog eine Gegendemo der „Initiative für Netzfreiheit", die vom Sitz der AustroMechana zum Justizministerium. Daran nahmen rund 50 bis 70 Personen teil. Ein Demonstrant berichtete auf Twitter: "Es herrscht eine friedliche, angepasst-unterwürfige, anonymous-occupy-artige Stimmung." Ein anderer Twitter-Nutzer fragte sich während des Demonstrationszugs: "Gilt die "Festplattenabgabe" auch fuer SSDs? Dann muesste sich auch für RAM gelten ..." Auch das Justizministerium, das von den Demonstranten gegen 19.30 Uhr erreicht wurde, wurde nicht zufällig als Ort für die Demonstration ausgewählt: Dort wird derzeit in Arbeitsgruppen eine Novelle des Urheberrechtsgesetzes erarbeitet.

Die Festplattenabgabe sei einseitig, nicht treffsicher und löse keine Probleme, argumentieren die Gegner. Man protestiere „gegen unausgegorene politische Schnellschüsse zugunsten von Partikularinteressen einzelner Interessensvertretungen. Eine Festplattenabgabe ist der falsche Weg, künstlerische Leistungen wertzuschätzen und künstlerische Existenz materiell abzusichern", so Markus Stoff von der "Initiative für Netzfreiheit".

Leser-Umfrage: 82 Prozent dagegen
Der Zwischenstand der Umfrage unter futurezone.at-Lesern: Sieben Prozent der futurezone.at-Leser sprechen sich für eine Festplattenabgabe aus, 82 Prozent dagegen. Eine Abgabe auf Internetanschlüsse fänden neun Prozent besser. Nur einen Prozent der Leser lässt die Diskussion um die Festplattenabgabe kalt.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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