Digitalsteuer in Deutschland womöglich auf der Kippe
Eine stärkere Besteuerung von US-Internetkonzernen wie Apple und Amazon ist in Deutschland ein Lieblingsprojekt der SPD - aber einem Medienbericht zufolge gibt es im vom Sozialdemokraten Olaf Scholz geführten deutschen Finanzministerium erhebliche Zweifel daran.
Mehrere Modelle diskutiert
Eine "Dämonisierung der großen Digitalunternehmen" sei nicht zielführend, heißt es der "Bild"-Zeitung zufolge in einem vertraulichen Papier aus dem Leitungsstab. Stattdessen solle man sich auf Maßnahmen gegen Gewinnverlagerungen konzentrieren. Bei einer stärkeren Besteuerung werden zudem Gegenmaßnahmen für deutsche Unternehmen in den USA befürchtet.
Scholz' Sprecher sagte hingegen am Mittwoch in Berlin: "Das Ziel einer fairen Besteuerung von Internetkonzernen verfolgt das deutsche Finanzministerium weiter." Es würden derzeit mehrere Modelle diskutiert.
Zu Beginn seiner Amtszeit hatte Scholz mit Blick auf Verhandlungen auf EU-Ebene und im Kreis der G-20-Staaten betont: "Die internationale Gemeinschaft muss Antworten finden auf die Herausforderungen der Digitalisierung, die Besteuerung der digitalen Wirtschaft gehört dazu." Doch zuletzt war im Ministerium - auch wegen des Handelskonflikts mit den USA - die Skepsis deutlich gewachsen.
Österreich drängt auf Digitalsteuer
Gerade die Parteilinke der SPD pocht aber auf eine Digitalsteuer, da die Steuervermeidung am Gerechtigkeitsempfinden vieler Bürger rüttle. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, bei einem Jahresumsatz ab 750 Millionen Euro sowie einem Online-Umsatz von 50 Millionen Euro in Europa drei Prozent Ertragssteuer zu verhängen.
Argumentiert wird, dass die Konzerne mit den Daten von Millionen Nutzern in Europa gewaltige Umsätze machen, aber dort kaum Steuern zahlten, während Industriekonzerne mit Fabriken in anderen Ländern dort auch entsprechend Steuern zahlen müssten.
Österreich hat die Besteuerung der digitalen Wirtschaft zu einem der Schwerpunkte des österreichischen EU-Vorsitzes erklärt. Beim informellen Ministerrat der Finanzminister der EU-Staaten, der am Freitag und Samstag in Wien stattfindet, geht es unter anderem um die Digitalsteuer. Beschlüsse werden bei dem informellen Treffen nicht gefasst. Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) zeigte sich am Mittwoch im Mittagsjournal des ORF Radio zuversichtlich, dass es ein gemeinsames Interesse an fairer Besteuerung der digitalen Wirtschaft gebe.
Uneinigkeit in der EU
Innerhalb der EU herrscht in Sachen Digitalsteuer allerdings große Uneinigkeit. Frankreich pocht auf die sogenannte "Gafa-Steuer" (Google, Apple, Facebook, Amazon). Länder wie Luxemburg, Irland und Malta sind hingegen deutlich zögerlicher. Als Argument führen sie häufig an, dass Europa bei dem Thema nicht vorpreschen, sondern eher eine internationale Lösung auf OECD-Ebene finden solle. Die Organisation zählt mehr als 30 Mitgliedstaaten, darunter die USA, eine Einigung scheint dort wenig wahrscheinlich zu sein.
Ifo-Präsident Clemens Fuest wies in der "Wirtschaftswoche" darauf hin, dass die international vereinbarten Regeln zur Besteuerung globaler Konzerne nicht vorsähen, Gewinne dort zu versteuern, wo die Produkte verkauft werden. "Sie sind dort zu versteuern, wo sie entwickelt und produziert werden." Da Digitalkonzerne wie Apple und Google ihre Produkte und Dienstleistungen in den USA entwickelt hätten, liege das Recht zur Besteuerung der globalen Gewinne dieser Firmen in erster Linie in den USA. "Europa sollte weniger über neue Steuern und Abgaben auf digitale Geschäftsmodelle spekulieren", forderte Fuest. Viel wichtiger sei es, die Digitalisierung zu fördern und das Projekt eines europäischen Binnenmarktes für die Digitalwirtschaft voranzubringen.