EU-Mitgliedstaaten stimmen Privacy Shield zu
Monatelang wurde über eine neue Vereinbarung zum Datenaustausch zwischen den USA und der EU verhandelt, nachdem der Europäische Gerichtshof im Herbst die sogenannte Safe Harbor-Regelung wegen der Massenüberwachung durch US-Geheimdienste gekippt hatte. Nun wurde der nachgebesserte Entwurf am Freitag von den 28 EU-Mitgliedstaaten abgesegnet. Vier Länder haben sich dabei ihrer Stimme enthalten – darunter befinden sich neben Österreich auch Kroatien, Slowenien und Bulgarien.
Die EU-Kommission wollte aus „diplomatischen Gründen“ allerdings nicht, dass öffentlich bekannt wird, welche Staaten sich ihrer Stimme enthalten haben. Das berichtet zumindest euroactiv.com. Auf politico.eu wurden die Namen der vier Mitgliedsstaaten jedoch in einem Bericht genannt.
Massenüberwachung
Das im Februar von der EU-Kommission mit der US-Regierung vereinbarte Datenschutzschild wurde von der Artikel 29-Gruppe der EU-Datenschutzbeauftragten massiv kritisiert. Konkret monierten die Datenschützer, dass die Möglichkeit der unterschiedslosen Massenüberwachung der Daten europäischer Bürger durch US-Geheimdienste weiterhin gegeben sei. Daraufhin wurde der Entwurf der Vereinbarung zwar nachgebessert, aber diese Verbesserungen gehen den Datenschützern nach wie vor nicht weit genug.
„Die Nachbesserungen sind absolut kosmetisch. Vor allen Dingen bei der Geheimdienstüberwachung gibt es noch erhebliche Schwierigkeiten. Die US-Behörden sagen, dass sie nicht mehr anlasslos überwachen. Es werden aber weiter alle Daten ohne Anlass gespeichert, dann aber nur teilweise ausgewertet. Das ist einer der Punkte gewesen, warum man „Safe Harbor“ für rechtswidrig erklärt hat“, erklärte etwa der grüne EU-Parlamentarier Jan Philipp Albrecht in einem Interview mit shz.de.
"Tritt EuGH-Urteil mit Füßen"
Der finale Text von Privacy Shield sieht nämlich vor, dass die Massenüberwachung der US-Geheimdienste in „sechs spezifischen Zwecken“ weiterhin erlaubt sein soll. Das beklagt auch Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Vorstandsmitglied der Stiftung für die Freiheit. „Privacy Shield tritt das erste Urteil der Straßburger Richter zu Safe Harbor mit Füßen. Die USA geben sich nicht einmal die Mühe zu verhehlen, dass die Massenüberwachung ungerührt weiter geht. Zusicherungen gegen das Ausforschen durch den Geheimdienst NSA gibt es nicht."
Über die jüngst ergänzte, nachverhandelte Fassung für ein "Privacy Shield" habe die EU-Kommission den Kreis der europäischen Datenschutzbeauftragten in Form der Artikel-29-Gruppe nicht einmal informiert, beklagte der Datenschützer Johannes Caspar gegenüber heise.de.
"Druck größer als Verstand"
Auch der österreichische Jurist und Datenschutzaktivist Max Schrems hat das Vorgehen der EU-Kommission beim Ausverhandeln des Datenaustauschabkommens Privacy Shield mit den USA scharf kritisiert. Er sprach von einer „Husch-Pfusch-Aktion“. „Da ist einfach der politische und der wirtschaftliche Druck, da einfach irgendwas zu machen, anscheinend höher als jeder menschliche Verstand“, sagte er unlängst in einem Interview.
Für die EU-Kommission war es deshalb so wichtig, dass es rasch zu einer Neuregelung kommt, weil es sonst für zahlreiche Firmen zu einer Rechtsunsicherheit gekommen wäre. Davon wären nicht nur große US-Firmen wie Facebook betroffen gewesen, sondern auch kleinere, europäische Unternehmen, für die es oft schwieriger ist, sich mit den Alternativen auseinanderzusetzen.
Mit der neuen Vereinbarung werden Unternehmen etwa dazu verpflichtet, Daten von EU-Bürgern nur so lange zu speichern, wie sie für den ursprünglichen Zweck, zu dem sie gesammelt sind, verwendet worden sind. Konkrete Speicherfristen gibt es aber nach wie vor nicht und es wird in der Praxis schwer zu kontrollieren sein.
Die Privacy Shield-Vereinbarung wird nun die Datenschutzvereinbarung Safe Harbor ersetzen. Kritiker glauben nicht, dass die neue Regelung vor dem EuGH standhalten werden. Am Montag will die EU-Kommission offiziell über das weitere Verfahren informieren.