Netzpolitik

EU-Parlament untersucht Internet-Überwachung

Am Donnerstag kommt der Innenausschuss des Europaparlaments zu einer ersten Arbeitssitzung in der Causa zusammen. Auch der „Guardian“-Enthüllungsreporter Glenn Greenwald, der Infos des amerikanischen Geheimdienst-Aufdeckers Edward Snowden veröffentlicht hat, soll per Videokonferenz zugeschaltet werden.

Der Ausschuss müsse zunächst einmal klären, warum Kommunikation über das Internet durch die Geheimdienste systematisch abgefangen werde und was wie lange gespeichert werde, sagte die deutsche SPD-Europaabgeordnete Birgit Sippel. In weiterer Folge stelle sich die Frage, wie die EU gesetzgeberisch damit umgehe und welche Konsequenzen es für die Zusammenarbeit und den Datenaustausch mit den USA gebe, etwa durch das SWIFT- oder das Passagierdatenabkommen.

Dabei habe die EU aber keine Zuständigkeit bei Geheimdienstfragen, allfällige neue Regeln müssten daher bilateral unter den Staaten vereinbart werden, sagte Sippel. Auch die EU-Datenschutzverordnung habe nur einen sehr begrenzten Einfluss, weil es dabei um das Verhältnis von Unternehmen zu Nutzern gehe.

„Nicht überraschend“

Der frühere Vizepräsident des Europaparlaments, Gerhard Schmid (SPD), der 2001 im Rahmen eines Sonderausschusses des EU-Parlaments das US-Abhörsystem „Echelon“ aufgedeckt hatte, sagte, die nunmehrigen Enthüllungen des amerikanischen Whisteblowers Edward Snowden kämen nicht überraschend. Es sei seit 2001 vielmehr systematisch verdrängt worden, dass es ein globales Abhörsystem gebe. Dieses basiere auf einem Verbund der USA, Großbritanniens, Kanadas und Neuseelands und gehe auf den Zweiten Weltkrieg zurück. Mit diesem Abhörsystem werde „strategische Fernmeldekontrolle“ betrieben, indem alle Telekommunikation abgefangen und einer Computersuchmaschine zugeführt werden.

Schon damals hätten die Geheimdienste der meisten EU-Staaten diese Technik verwendet, nur Österreich, Belgien, Griechenland, Irland, Portugal und Luxemburg nicht, sagte Schmid. Österreich habe später dann auch begonnen, Schiffstelefonie im Mittelmeer zu überwachen. Im österreichischen Verteidigungsministerium reagierte man auf Anfrage verwundert. „Das höre ich zum ersten Mal“, sagte ein Sprecher.

„Alles was möglich ist“

„Ein Nachrichtendienst macht in diesem Bereich alles, was ihm technisch, finanziell und gesetzlich möglich ist“, sagte Schmid. So sei aber etwa das britische Tempora-Programm wesentlich effizienter als die Arbeit des deutschen Bundesnachrichtendienstes, weil mehr Glasfaser-Kabeln über britisches Gebiet laufen. Das US-Spionageprogramm PRISM habe hingegen „eine andere Qualität“, sagte Schmied. PRISM sei kein System der Totalüberwachung, sondern zur Einzelüberwachung von Personen durch nachgeschaltete Computersuchmaschinen.

„Die Regierungen haben kein Interesse, dass das hochgekocht wird. Das kann nur die Öffentlichkeit sein“, sagte Schmid. Von einem UNO-Abkommen zum Schutz der Privatsphäre halten die SPD-Abgeordneten wenig. Nach Ansicht von Schmid wäre es sinnvoll, im Rahmen der sieben größten Wirtschaftsmächte (G-7) damit zu beginnen. Innerhalb der EU könnten Regelungen getroffen werden, dass nationale Kommunikation - etwa durch E-Mails - nur national geroutet werden und die Verbindungsdaten nur im eigenen Land verarbeitet werden dürften. Die Verfassungen der Staaten würden nämlich nur die Privatsphäre von eigenen Staatsbürgern und jenen, die sich im Land aufhalten schützen.

"Kein Asylfall"

Schmid betonte weiters, Snowden sei „kein Asylfall“. Er werde nicht politisch verfolgt. „Er hat nichts aufgedeckt, was die (US-)Regierung nicht tun darf.“ Er habe außerdem eine Geheimhaltungsverpflichtung unterschrieben. Snowden sei Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma, nicht des US-Geheimdienstes gewesen, betonte Sippel. Daher stelle sich die Frage, ob aus der NSA schon andere Daten geschmuggelt wurden und wer noch aller darauf Zugriff habe. Auch die Industrie habe Interesse an gezielten Überwachungsprogrammen.

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