Netzpolitik

Fünf Fragen zum Urheberrecht

Das Urheberrecht ist schon lange kein Nischenthema mehr. Internet-Nutzer, die Inhalte adaptieren oder verbreiten geraten nicht selten in Konflikt mit dem Gesetz. Eine Urheberrechtsreform, die neue technologische Möglichkeiten berücksichtigt, ist überfällig. Aber wie soll sie aussehen? Im dritten Teil der Serie "Fünf Fragen zu ..." hat die futurezone die neun bundesweit bei der Nationalratswahl antretenden Parteien zu Pauschalabgaben, Rechten von Nutzern und Künstlern, aber auch zum umstrittenen Leistungsschutzrecht für Presseverleger befragt.

Für eine Pauschalabgabe für Inhalte aus dem Netz sprechen sich SPÖ und Grüne aus. Die Piratenpartei hat dazu noch keine Position, alle anderen Parteien sind dagegen. Dass Rechte von Nutzern ausgeweitet werden sollen, halten - mit Ausnahme der ÖVP und der NEOS - alle Parteien für notwendig. Vorratsdaten, die eigentlich zur Bekämpfung von Terrorismus gesammelt werden, will keine der neun Parteien zur Verfolgung von Urheberrechtsvergehen einsetzen.

Die Frage, ob Rechte von Künstlern gegenüber Verwertern gestärkt werden sollen, beantwortete nur die FPÖ mit einem klaren Nein. Ein Leistungsschutzrecht für Presseverlager, wie es seit August in Deutschland gilt, will stößt bei fast allen Parteien auf Ablehnung.
SPÖ:Nicht-kommerzielle digitale Alltagshandlungen sollten erlaubt werden und mit einer neuen Pauschalabgabe vergütet werden. Eine Möglichkeit wäre die Einführung einer neuen Fair-Use-Schranke mit beispielhaftem Regelungskatalog, was unter Fair use fällt. Zur Festlegung des konkretenPauschalvergütungsmodells und rechtlichen Änderungsbedarfs auf nationaler bzw. europäischer Ebene gibt es laufende Diskussionen.

Ja, weil damit auch ein Recht auf Filesharing und Downloading verbunden ist.

ÖVP: Diese Forderung ist unrealistisch, da das in dieser Form eine Einschränkung der Rechte der Urheber wäre, die Höhe der Abgabe schwer zu ermitteln wäre und die Verteilung der Mittel nur dann klar zu definieren wäre, wenn der Internetzugang der User überwacht wird. Das aber lehnen wir strikt ab.

FPÖ: Nein

BZÖ: Hier braucht es aus Sicht des BZÖ eine weitergehende Diskussion der unterschiedlichen Vergütungsmodelle unter Einbindung verschiedener Interessensvertreter und Experten im Zuge einer umfassenden Modernisierung des Urheberrechts. Wie sensibel gerade diese Materie ist, hat sich in Deutschland gezeigt. Dort hat sich aufgrund „ungenauer“ Gesetze eine Abmahnindustrie gebildet, die potentielle Filesharer mit Forderungen von teilweise weit über tausenden Euro überzieht, und viele Familien in erhebliche Schwierigkeiten bringt. Grundsätzlich spricht sich das BZÖ allerdings gegen neue Belastung, etwa in Form einer Festplatten- oder Breitbandabgabe, aus.

Grüne: Anstelle der Rundfunkgebühr wird eine Haushaltsabgabe eingehoben, die teilweise zur Abgeltung der UrheberInnen verwendet wird. Die Nutzungsgewohnheiten vieler Menschen im Internet, die wissentlich oder unwissentlich gegen das Urheberrecht verstoßen, wird in rechtskonformes Handeln umgewandelt, der Tausch urheberrechtlich geschützter Werke für den nicht kommerziellen Gebrauch entkriminalisiert.

KPÖ: Nein, dazu darf es nicht kommen. Die KPÖ lehnt diesbezügliche Abgaben strikt ab, da sie in erster Linie wieder nur die Unterhaltungsindustrie mit Profit versorgt.

NEOS: Nein - wir sind grundsätzlich gegen die Einführung neuer Abgaben. Und wie kommen jene dazu, die keine Files sharen.

Piraten: Die Piratenpartei Österreichs hat zur Idee einer Pauschalabgabe in der jetzigen Form des Urheberrechts noch keine Position. Die Piratenpartei Österreichs strebt allerdings eine grundsätzliche Reform des Urheberrechtes an. Diese Reform soll neuen Entwicklungen im Bereich der digitalen Medien Rechnung tragen und dafür sorgen, dass Urhebende zu ihrem Recht kommen, während Rechteverwerter auf Basis einer neuen Rechtsmaterie, einem Urheberverwertungsrecht, eigenständig behandelt werden. Es gilt, das in den letzten Jahren entstandene Missverhältnis zwischen Urhebenden, Rechteverwertenden und Konsumierenden wiederherzustellen.

Im Rahmen dieser Reform sollen die im Urheberrecht verankerten Rechte, die heute hauptsächlich von Rechteverwertenden und weniger von Urhebenden wahrgenommen werden, neu geregelt werden. Eine Pauschalabgabe wäre für uns nur dann denkbar, wenn die Verteilung an Kulturschaffende durch die einzahlenden Nutzerinnen und Nutzer selbst anstatt über intransparente Organisationen und Verteilungsschlüssel erfolgt. Wir halten hierfür Modelle wie die Kulturwertmark des Chaos Computer Club oder das derzeit in Entwicklung befindliche Netzschilling-Konzept für verfolgenswert.

Team Stronach: Nein

SPÖ:Nein. Dies ist nicht nur nicht verhältnismäßig, sondern widerspricht sogar eindeutig dem Zweck der Vorratsdatenspeicher-Richtlinie.

ÖVP: Das hat bereits Justizministerin Beatrix Karl mit einem klaren „Nein“ beantwortet. Daran wird sich auch nach der Wahl nichts ändern.

FPÖ: Nein

BZÖ: Allgemein gilt aus Sicht des BZÖ, dass der Zugriff auf als Vorratsdaten gespeicherte Daten ausschließlich auf Basis einer gerichtlicher Anordnungen erfolgen darf.

Grüne: Nein. Die Vorratsdatenspeicherung ist ein schwerer Eingriff in die Privatsphäre. Wir lehnen daher einen Zugriff auf die derzeit vorhanden Vorratsdaten, auch für Rechteinhaber, strikt ab. Die Grünen haben daher federführend bei der Massenklage gegen die Vorratsdatenspeicherung vor dem VfGH mitgewirkt.

KPÖ: Die KPÖ lehnt die Vorratsdatenspeicherung, als präventive Verdächtigung, generell ab. Nein, Firmen dürfen keinen Zugriff auf Personendaten bekommen.

NEOS: Nein - wir lehnen auch Vorratsdatenspeicherung selbst ab.

Piraten: Nein. Wie schon beschrieben fordert die Piratenpartei Österreichs eine sofortige Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung. Die bis dahin gesammelten Daten dürfen nicht weitergegeben werden. Die Weitergabe personenbezogener Daten vom Staat an die Privatwirtschaft, zu der auch Rechteinhaber gehören, hat in jedem Falle zu unterbleiben. Der Schutz der Privatsphäre ist unbezahlbar und darf nur im äußersten Notfall ausgehebelt werden – richterliche Genehmigung und Kontrolle muss verpflichtend sein.

Team Stronach: Nein

SPÖ:Grundsätzlich: Ja. Praktisch wird das amerikanische Modell des Fair-Use durch die Unterschiedlichkeit der Rechtssysteme nicht eins zu eins zu übernehmen sein und sollte jedenfalls mit einer Pauschalabgabe kombiniert werden. Aktivitäten im Bereich der transformativen Werknutzung – geringfügiges Sampeln, Collagieren, ohne kommerzielle Absicht und Entlohnun müssen mit entsprechenden Modellen (Lizenzierungspflicht, Pauschalvergütungen, etc) rechtlich geklärt und zulässig werden. Die dabei getroffenen Regelungen sollen für KonsumentInnen die größtmögliche Rechtssicherheit erzielen, damit Konsumenten und das Urheberrecht wieder friedlich ihre getrennten Wege gehen können.

ÖVP: Diese Frage kann nicht mit einem klaren „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden. Wenn etwa ein User privat ein urheberrechtsgeschütztes Werk auf Facebook zur Verfügung stellt, ist die Anzahl der Nutznießer nicht begrenzt. Wo ist also hier der Unterschied zwischen „privat“ und „kommerziell“, wenn das Werk kostenlos Millionen von Empfängern bereitgestellt wird? Natürlich muss man bei der Beurteilung „rein privater“ Nutzung mit mehr Augenmaß vorgehen als jetzt. Eine generelle „fair use“ Regelung würde aber zu weit gehen.

FPÖ: Wir können eine Verwendung nach dem „Fair Use“-Prinzip durchaus vorstellen. Eine genaue Ausarbeitung wäre jedoch noch erforderlich.

BZÖ: Diese Thematik ist im Rahmen einer Gesamtreform insbesondere des Urheberrechts zu behandeln, da diese auf derselben, grundsätzlichen Fragestellung beruht. Klar ist für uns, dass Konsumenteninteressen nicht vernachlässigt werden dürfen, wir aber umgekehrt eine völlige „Umsonst-Mentalität“ im Internet ablehnen. Das Fair Use-Prinzip halten wir grundsätzlich für einen diskussionswürdigen Lösungsansatz.

Grüne: Das Recht auf private Verwendung von Internet-Inhalten soll ausgeweitet werden. Die Grünen bevorzugen aber eine Regelung, die tatsächliche Rechtssicherheit für die UserInnen garantiert.

KPÖ: Alles was eine Einschränkung des Internet verhindert oder vermindert ist zu begrüßen. Das „Fair Use“ erlaubt beschränkt die private Nutzung von Internetinhalten ohne „Erlaubnis“ der Urheber. Das ist immerhin ein Anfang.

NEOS: Nein - die Unterscheidung privat/kommerziell ist in vielen Fällen nicht nachvollziehbar. Die Nutzung auf Facebook und Youtube ist auf jeden Fall für Facebook und Google ein kommerzieller Aspekt.

Piraten: Ja. Im Sinne einer gewissen Praktikabilität in der Nutzung von Teilen aus urheberrechtlich geschützten Werken fordert die Piratenpartei Österreichs die Stärkung des Rechts auf Privatkopie und die angemessene Ermöglichung der Nutzung von Werkteilen. In diesem Sinne ist die Reform des Urheberrechts aus der derzeitigen Ausgangslage in Richtung Fair Use im Sinne des Art. 107 US Copyright Act und darüber hinaus aus unserer Sicht zu bejahen.

Team Stronach: Ja

SPÖ:Ja. Das Urhebervertragsrecht wäre eine äußerst wichtige weitere Säule des Urheberschutzes. Es sollte den Urheber im Verhältnis zu seinem Vertragspartner (dem Verwerter) besser schützen als das im Moment in Österreich der Fall ist.

ÖVP: Das kann am Ende eines längeren Diskussionsprozesse stehen.

FPÖ: Nein

BZÖ: Allgemein befürwortet das BZÖ eine Stärkung der Verhandlungsposition von Künstlern und Kreativen gegenüber der Verwertungsindustrie. Die Einführung eines Urhebervertragsrechts mit dieser Zielsetzung ist absolut prüfenswert.

Grüne: Ja. Die Einführung eines modernen Urhebervertragsrechtes ist einer der zentralen Punkte im Zusammenhang mit der Urheberrechtsreform.

KPÖ: Auf jeden Fall, es muss die Kreativität gefördert werden und nicht der Profit der Industrie.

NEOS: Ja

Piraten: Ja. Die Piratenpartei verfolgt das Ziel, die Abhängigkeit Kulturschaffender von der Verwertungsindustrie zu mindern. Ein Urhebervertragsrecht ist dazu ein geeignetes Mittel; darüber hinaus soll eine neu zu schaffende Beratungsstelle über alternative Vertriebs- und Vermarktungsmodelle informieren, bei der Umsetzung unterstützen (wozu auch die direkte Subventionierung von Maßnahmen wie Crowdfunding, Print-on-Demand o. Ä. zählen kann), Vorlagen für Verlagsverträge entwickeln und Kulturschaffenden in Verhandlungen mit kommerziellen Rechteverwertern kostenlos zur Seite stehen.

Team Stronach: Ja

SPÖ:Nein. Das Leistungsschutzrecht schafft mehr Probleme als es irgendjemandem nützt. Es ist zu Recht in Deutschland auch nach Einführung sehr umstritten und schafft etwa für Blogger und kleine Medienhäuser zusätzliche Rechtsunsicherheiten. Nein.

ÖVP: Das in Deutschland eingeführte Leistungsschutzrecht ist bereits gescheitert. Denn zahlreiche Verlage haben der Nutzung durch Google bereits zugestimmt, für die Verleger hat sich also nichts geändert. Prinzipiell sind wir, wie wir im Wahlprogramm definiert haben, für eine Stärkung der Rechte der Urheber und Verleger gegenüber internationalen Großkonzernen. Der Schnellschuss des deutschen Leistungsschutzrechts hat sich dafür aber als unbrauchbares Instrument erwiesen.

FPÖ: Nein

BZÖ: Die Entwicklung der gesetzlichen Bestimmungen hat mit den rasenden Entwicklungen des Internets kaum mitgehalten. Diverse neue Fragen sind aufgetreten, die es allumfassend zu diskutieren gilt. Zwar werden derzeit regelmäßig kleine Nachbesserungen vorgenommen, jedoch eine umfassende Reform insbesondere des Urheberrechts nicht angegangen. In diesem Zusammenhang gilt es auch die Leistungsschutzrechte für Presseverleger zu diskutieren. Ziel muss es sein, einen gerechten Interessenausgleich anzustreben, mit dem Konsumenten wie auch Urheber geschützt werden. Sinnvoll erscheint, die Erfahrungen aus Deutschland zu berücksichtigen bzw. im Falle der Leistungsschutzrechte erste Erfahrungen abzuwarten.

Grüne: Nein. Das verabschiedete Leistungsschutzrecht in Deutschland war ein Paradebeispiel für verfehlte Gesetzgebung. Presseverleger sind durch das Urheberrecht hinreichend geschützt. Es steht jedem Verlag frei seinen Content im Netz zu veröffentlichen und niemand ist verpflichtet seine Texte durch Suchmaschinen erfassen zu lassen. Ein Indizierungsausschluss ist jederzeit möglich.

KPÖ: Nein, kostenlose Inhalte müssen kostenlos bleiben. Die Möglichkeit Textpassagen auf eigenen Seiten nur mehr gegen Bezahlung einbinden zu können, schwächt letztendlich Verlage und Presseprodukte, die auch von gegenseitiger Verlinkung leben. Ein solches Leistungsschutzrecht ist zudem noch zu wenig klar ausgearbeitet und stärkt in der derzeitigen Fassung weiter die Verlage statt die AutorInnen, was die KPÖ ablehnt.

NEOS: Dieses Leistungsschutzrecht ist auf die großen Anbieter wie Google zugeschnitten. Die Schaffung zusätzlicher Unsicherheiten durch diese Regelung wird zu beobachten sein.

Piraten: Ein Leistungsschutzrecht ist aus vielerlei Gründen problematisch: Rechtsunsicherheit wird erzeugt; RSS-Aggregatoren rutschen in einen Graubereich; ein eventuelles Bezahlsystem könnte einen Koloss an Bürokratie bescheren; die Überprüfbarkeit ist nicht gegeben; kleinere Dienstanbieter werden schwer benachteiligt; und und und. Viele Verlage in Deutschland, darunter auch Axel Springer, haben dem Unternehmen Google vorerst und unter Vorbehalt die weitere kostenfreie Nutzung ihrer Angebote für den Dienst Google News zugesagt. Für kleine, innovative Internetdienstleister und Aggregatoren stellt das Leistungsschutzrecht jedoch ein kaum zu kalkulierendes Risiko für die Zukunft dar.

Dazu möchten wir Bruno Kramm, Bundestagskandidat der Piratenpartei Deutschland aus Bayern, zitieren: „Presseverleger haben jetzt die Möglichkeit, nach Lust und Laune zu entscheiden, wer Presseausschnitte listen darf und wer nicht. Als Innovationsbremse reiht sich das Leistungsschutzrecht nahtlos in die von der schwarz-gelben Regierungskoalition verabschiedeten Urheberrechtskatastrophen ein. Für die digitale Strategie von Springer ist das Leistungsschutzrecht ein perfektes Akquiseargument gegenüber kleineren Marktteilnehmern.“ Die Piratenpartei Österreichs steht einem solchen Leistungsschutzrecht daher klar ablehnend gegenüber.

Team Stronach: Nein

Am 29. September findet die Nationalratswahl statt. Um Ihnen bei der Wahlentscheidung zu helfen, hat die futurezone alle neun bundesweit antretenden Parteien zu ihren netzpolitischen Positionen befragt - vom Datenschutz und Überwachung über die Netzneutralität bis hin zu Porno-Filtern und dem Urheberrecht.

Die Ergebnisse der futurezone-Umfrage präsentieren wir Ihnen in der Serie "Fünf Fragen zu ..." in loser Folge in Wochen bis zur Wahl. Im abschließenden Teil der Serie, der in den kommenden Tagen veröffentlicht wird, stellen wir Ihnen die Positionen der Parteien zu Informationsfreiheit und Transparenz vor.

Netzpolitische Entscheidungshilfe zur Nationalratswahl 2013 bieten auch der Wahlmonitor der Initiative für Netzfreiheit und die Wahlkabine.

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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