Netzpolitik

Österreich: Tausende protestieren gegen ACTA

Mit "Anti-ACTA"-Schildern und den bekannten Guy Fawkes- bzw. Anonymous-Masken ging ein vorwiegend junges Publikum ein zweites Mal auf die Straße, um gegen ACTA zu protestieren. In Wien waren es mehrere tausend Menschen. Hier schlossen sich neun Organisationen und Parteien, darunter die Piratenpartei, die Grünen, die „Initiative für Netzfreiheit“ und die Sozialistische Jugend, zusammen, um ein deutliches Zeichen gegen das ACTA-Abkommen zu setzen.

Der Demonstrations-Spaziergang zog vom Wiener Westbahnhof zum Parlament. Dank der Frühlings-Temperaturen kamen laut Schätzungen der Piratenpartei sowie Demo-Teilnehmern mindestens ebensoviele Menschen wie bei den Protesten am eiskalten 11. Februar. Damals waren es zwischen 3000 und 4500 Menschen.

Kundgebung vorm Parlament
Die friedliche Kundgebung des Unmuts über ein Internet-Nutzer kriminalisierendes Gesetz verlief ohne Zwischenfälle. Bei der Abschlusskundgebung vor dem Parlament brachte der Sprecher der Österreichischen Piratenpartei, Christian Marin, seinen Unmut über die plötzliche Kehrtwendung der Regierung zum Ausdruck: „Jetzt hat Österreich beschlossen, mit der Ratifizierung von ACTA auf den Beschluss des EU-Parlaments zu warten. Das EU-Parlament wartet aber jetzt darauf, dass der EuGH klärt, ob ACTA europäisches Recht verletzt. Denn die EU-Kommission war sich plötzlich nicht mehr so sicher, ob der Vertrag wirklich mit den Grundrechten vereinbar ist. War dazu während der letzten fünf Jahre, in denen ACTA verhandelt wurde keine Zeit?"

"Kranke Menschen sind Hauptleidtragende"
Petra Bayr von den Wiener Sozialdemokraten machte darauf aufmerksam, dass Änderungen im Urheberrecht, wie in ACTA gefordert, auch Medikamente und Lebensmittel beträfen. Vor allem negative Auswirkungen von ACTA auf legale medizinische Generika seien zu befürchten, unterstrich Bayr: "Hauptleidtragende wären kranke Menschen in Entwicklungsländern, weil sie sich die teuren Markenmedikamente nicht leisten können", sagt Bayr.

"Wir brauchen ein modernes Urheberrecht"
Alexander Sander, Sprecher des fraktionslosen EU-Abgeordneten Martin Ehrenhauser und NoPNR-Initiator, forderte die Modernisierung des Urheberrechts ein: „Wir brauchen ein modernes Urheberrecht, welches Kultur schafft und den kulturellen Austausch zwischen Menschen befördert und nicht verhindert."

Auch Marco Schreuder von von den Grünen kam zu Wort: "Noch ist ACTA nicht ad acta gelegt", warnte dieser. "Ich appelliere an alle politischen Kräfte in ganz Europa, endlich dafür zu sorgen, dass die Netzpolitik breit diskutiert wird, mit allen Interessensgruppen, weil sie nicht einzig und allein von einigen wenigen Lobbys gestaltet werden darf."

Bürgerinitiative zur Vorratsdatenspeicherung
Andreas Krisch vom Verein für Internet-Benutzer Österreichs (VIBE!AT) sprach sich besonders gegen die geplante Providerhaftung aus. Die Post dürfe nicht mitschreiben, wer welche Inhalte an wen schickt, oder was in Briefen stehe. „Warum soll das Internetprovidern erlaubt sein?"

Markus Kainz vom Verein quintessenz ließ die Wiener Demonstranten noch einmal gegen ACTA laut werden. Auch vom Kollektiv "Anonymous" wurde eine MP3-Botschaft abgespielt. Diese machte auch, wie einige der Vorredner, auf die Bürgerinitiative "Stoppt die Vorratsdatenspeicherung" aufmerksam.

Doch nicht nur in Wien wurde demonstriert, auch in Graz, Linz, Salzburg, Klagenfurt, Innsbruck, Bregenz und St. Pölten gab es am Samstag Anti-ACTA-Proteste.

Demos auch in Deutschland
Auch in Deutschland legten die Acta-Gegner nach: Am zweiten europaweiten Aktionstag gegen das internationale Handelskommen sind am Samstag auch in ganz Deutschland wieder mehrere tausend Aktivisten auf die Straße gegangen. Insgesamt waren in mehr als 100 Städten Europas, unter anderem auch in mehreren Städten Bulgariens, Protestzüge gegen ACTA unterwegs.

Mehr zum Thema

  • ACTA liegt vorerst auf Eis: EU-Gericht prüft
  • Proteste gegen ACTA gehen weiter
  • Slowenien stoppt ACTA-Ratifizierung
  • ACTA: Piratenpartei fordert Taten der Regierung
  • SPÖ: Offener Brief gegen ACTA
Klicken Sie hier für die Newsletteranmeldung

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

mehr lesen