Piraten für Einzug ins Parlament zuversichtlich
Eigentlich wollte die österreichische Piratenpartei am Montag den PRISM-Aufdecker Edward Snowden als Spitzenkandidat für die Nationalratswahlen präsentieren. In einem offenen Brief an Bundespräsident Heinz Fischer forderte die junge Partei zuvor vergeblich die dafür notwendige Einbürgerung des US-Whistleblowers. Mit der Aktion wollten die Piraten - "durchaus mit einem Augenzwinkern" - aufzeigen, welche Möglichkeiten die Republik Österreich hätte, um Snowden vor Verfolgung zu schützen.
Bürgerrechte und Freiheiten bedroht
Snowden stehe wie kein anderer für die Kernziele der Piraten, sagte Wahlkampfleiter Christopher Clay am Montag bei einem Pressegespräch in Wien. Durch seine Enthüllungen habe er aufgezeigt, wie sehr Bürgerrechte und Freiheiten bedroht seien und wie schlecht es um Transparenz und demokratische Mitbestimmung stehe. Spitzenkandidat der Partei könne er aber wohl nicht so bald werden, bedauerte Clay. Das Kandidatenteam der Piratenpartei wolle aber auch ohne den US-Whistleblower den Einzug ins Parlament schaffen.
"Es braucht engagierte Bürger, die Mißstände aufdecken und es brauche die Piraten im Parlament, damit auch legislative Maßnahmen folgen" , sagte Clay. Der grobe Mißbrauch von Kommunikationstechnologien durch die Geheimdienste bedrohe die Demokratie. Einen Tag vor Beginn des Sammelns von Unterstützungserklärungen stellte die Partei Programm und Team für die Nationalratswahl am 29. September vor.
Transparenz, Datenschutz und Chancengleichheit
Inhaltlich positionieren sich die Piraten rund um die Themen Transparenz, Datenschutz und Chancengleichheit. Mario Wieser, Listenerster der Piraten, forderte Aufklärung der Vorkommnisse um die von Snowden aufgedeckten Überwachungsprogramme und sprach sich für den Schutz von Whistleblowern und eine anonyme Internet-Nutzung aus. "Überwachung und das Gewaltmonopol des Staates sind eine gefährliche Kombination", sagte der 26-jährige Techniker aus Oberösterreich: "Ein europäisches PRISM muss verhindert werden."
Wieser forderte auch die Abschaffung der Vorratsdatensspeicherung und eine Datenschutzverordnung für den Schutz der Bürger. "Nicht alles was technisch möglich ist, ist ethisch vertretbar", sagte Wieser. Im Parlament wollen die Piraten den "analogen Parteien" Nachhilfe in Sachen Internet geben: "Wir sind die einzige Partei für die das Internet mit all seinen Gefahren und Chancen nicht Neuland ist."
"Politik aktiv mitgestalten"
Lukas Daniel Klausner, Mathematikdissertant und auf dem sechsten Listenplatz der Piraten, trat für mehr Mitbestimmung der Bürger ein. Die Politik sei, wie nicht zuletzt das Scheitern des geplanten Transparenzgesetzes zeige, in der Mitte des 20. Jahrhunderts stecken geblieben: "Wir wollen es allen Menschen ermöglichen, Politik aktiv mitzugestalten." Dazu sollen erweiterte Möglichkeiten der direkten Demokratie ebenso beitragen, wie mehr Transparenz und eine Neuorganisation der Parteien- und Medienförderung, bei der Bürger bei der Verteilung der Mittel mitreden können.
Die Listenzweite, Juliana Okropiridse, forderte Chancengleichheit, freien Zugang zu Bildung und Wissen sowie ein bedingungsloses Grundeinkommen. "Wir brauchen Bildung und soziale Absicherung für alle", sagte die Physikstudentin.
"Update für das Parlament"
Das Durchschnittsalter der acht Piratenkandidaten betrage knapp über 26 Jahre, sagte Wahlkampfleiter Clay. Im Vergleich dazu seien österreichische Nationalratsabgeordnete im Schnitt 52 Jahre alt. "Das Parlament braucht ein Update." Die Politik verstehe die Welt nicht mehr, so Clay. Sie versuche Veränderungen hinauszuschieben anstatt Möglichkeiten wahrzunehmen. Die Piraten würden für neue Ideen und frische Ansätze stehen.
Philip Pacanda, der für die Piraten seit rund einem halben Jahr im Grazer Gemeinderat sitzt, verwies auf Transparenz- und Mitbestimmungsinitiativen der Partei in der steirischen Landeshauptstadt: "Wir haben gezeigt, dass ein Mehr an Demokratie möglich ist."
Die für das flächendeckende Antreten der Partei bei der Nationalratswahl im Herbst notwendigen 2600 Unterstützungserklärungen werde die Partei "ohne Probleme" sammeln, zeigte sich Clay überzeugt: "Wir werden das schaffen."
"Vier Prozent möglich"
Akutelle Umfragen sehen die Piraten bei zwei Prozent. "Das ist die Ausgangslage", so Clay. Vier Prozent seien "realistisch möglich": "Wir rechnen fix mit dem Einzug in den Nationalrat." Sollte es nicht klappen, sei das auch kein Problem. Ab einem Stimmenanteil von einem Prozent gebe es Wahlkampfkostenrückerstattung. Die Partei werde von der Aufbauarbeit profitieren, die auch in Zukunft fortgesetzt werden soll, meinte Clay: "Wir sind eine auf Dauer angelegte Bewegung."
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