Netzpolitik

Stopline: Starker Melde-Anstieg von Kinderpornografie

„Das Bewusstsein für sexuellen Missbrauch von Kindern im Netz steigt dank einer konstanten Medienberichterstattung. Immer mehr User melden aber Bilder, die zwar Minderjährige nackt abbilden, aber nicht unter Kinderpornografie fallen“, erklärt Barbara Schloßbauer, Leiterin der Meldestelle Stopline. Bei der Meldestelle kann man seit 15 Jahren Hinweise auf Kinderpornografie und nationalsozialistische Inhalte, die unter das Verbotsgesetz fallen, einreichen. 2014 kam es zu einem „dramatischen Anstieg“ an Einreichungen: Insgesamt gingen 8792 Hinweise ein.

Der Anteil des tatsächlich illegalen Materials belief sich davon allerdings auf nur zwölf Prozent, in Zahlen: 1119 Meldungen. „Ein Nacktfoto eines Kindes am Strand, das als Urlaubserinnerung aufgenommen wurde, fällt nicht unter Kinderpornografie“, sagt Schloßbauer, weil dabei keine Missbrauchssituation und kein Fokus auf Geschlechtsteile vorliege. Die beiden Experten der Stopline, die das Material sichten, stehen dabei freilich manchmal vor „schwierigen Entscheidungen“, welches Material jetzt unters Strafgesetzbuch fällt, und welches nicht.

Gelöscht in 24 Stunden

Ist das Material tatsächlich gesetzeswidrig, wird es in 91 Prozent aller Fälle binnen 24 Stunden gelöscht, in allen weiteren Fälle wird das Material binnen vier Tagen von den Servern entfernt. „In Österreich genügt dazu ein Anruf beim Internet Service Provider“, erklärt Schloßbauer. „Dieser sichert das Material für die Strafverfolgung. Erst kürzlich hatten wir wieder einen Fall, bei dem der Provider innerhalb von 45 Minuten vorbildlich reagiert hat“, so die Leiterin der Meldestelle. In Österreich beheimatete Fälle hat es im Jahr 2014 allerdings nur fünf gegeben.

Die meisten Meldungen betrafen hingegen Server im Ausland. Die Inhalte, die in Österreich bei der Stopline gemeldet wurden, wurden zu 54 Prozent in den USA gehostet, gefolgt von den Niederlanden und Kanada. Früher war Russland immer in den Top 3 des Rankings zu finden. „In Russland hat sich sehr viel geändert. Es hat ein Umdenken begonnen und daher sind die Meldungen hier deutlich zurück gegangen“, erzählt Schloßbauer.

Internationale Kooperationen

Auch wenn die Inhalte im Ausland liegen, ist das heutzutage kein Grund mehr, dass das Material nicht entfernt werden kann. Dank eines Netzwerkes namens „Inhope“ gibt es nämlich mit 45 Ländern der Welt eine funktionierende, internationale Zusammenarbeit. In all diesen Ländern, darunter auch die drei Länder, die im Ranking führend sind, gebe es Hotline-Mitarbeiter, mit denen die österreichische Meldestelle im Fall einer gerechtfertigten Meldung in Kontakt trete, um die illegalen Inhalte offline nehmen zu lassen, sagt Schloßbauer. „Das funktioniert schnell und unbürokratisch.“ Im Jahr 2014 wurde in 933 Fällen Kontakt aufgenommen.

Vor kurzem wurde zudem international definiert, was unter Kinderpornografie verstanden wird, wie Maximilian Schubert, Leiter des Verbands der Internet Service Provider Austria (ISPA), erzählt. „Das Problem war nämlich, dass Inhalte, die in Österreich rechtsverletzend sind, es in anderen Ländern nicht sind. Jetzt hat man sich zusammen mit Interpol und Inhope auf einen internationalen Standard geeinigt“, erklärt Schubert. Darunter fällt nun Material von Kindern unter 14 Jahren. Zum Vergleich: In Österreich und dem EU-Raum fallen auch Jugendliche unter 18 Jahren noch darunter.

Barbara Schloßbauer, Leiterin der Stopline-Meldestelle, und Maximilian Schubert, ISPA-Generalsekretär
Obwohl die internationale Zusammenarbeit mit den Meldestellen laut der Leiterin der Meldestelle so gut funktioniert, hat die EU die Förderung der Meldestellen, die bisher 75 Prozent betragen hatte und nun auf 50 Prozent reduziert wurde, gekürzt – und will diese weiter kürzen. „Das wäre eine Tragödie, weil wir Rückschritte im Kampf gegen Kindesmissbrauch hinnehmen müssten“, erklärt Schubert.

"Es gibt eine Parallel-Welt"

Der Content von kinderpornografischem Material wurde in den vergangenen 15 Jahren Stopline-Arbeit nämlich nicht weniger. 2014 war insgesamt das drittstärkste Jahr, was gemeldete Inhalte betrifft. Aber die Orte, an denen der Content zu finden ist, haben sie zweifelsohne verschoben. Während früher die meisten Inhalte im Netz gehostet wurden, gibt es seit einigen Jahren einen Trend hin zu geschlossenen Foren.

„Ja, es gibt eine Parallel-Welt, in der die Nutzer auch stark zusammenhalten und wo die Chance, dass etwas gemeldet wird, geringer ist“, räumt Schloßbauer auf futurezone-Nachfrage ein. Hier ist allerdings auch die Wahrscheinlichkeit, dass man „einfach so“ im Netz draufstößt, ein geringer. Gezielt suchen solle man daher nicht danach, empfiehlt die Expertin. "Das Internet hat Kinderpornografie nicht hervorgerufen, sondern es trägt nur dazu bei, dass das Problem sichtbar wird. Kinderpornografie an sich ist aber ein gesellschaftliches Problem", ergänzt Schubert.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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