Wie gefährlich ist TikTok?
TikTok begann als App, in der Videos von lustigen Tänzen und Gesangseinlagen geteilt wurden. Mittlerweile wird die Plattform von 1,5 Milliarden Menschen verwendet, gerade unter Jugendlichen gilt TikTok als wichtige App. Mehrere westliche Regierungen wittern dahinter allerdings einen Datenkraken, der den chinesischen Geheimdienst mit Informationen versorgt. So verkündete auch Österreich am Mittwoch ein TikTok-Verbot auf Diensthandys der öffentlichen Verwaltung. Außerdem steht die App immer wieder in der Kritik von Jugendschützer*innen.
Warum wurde die TikTok-Nutzung verboten?
Bei TikTok gebe es laut Innenministerium Bedenken bei der Informations- und Datensicherheit. Innenminister Gerhard Karner merkte zudem an, dass es sich bei TikTok um ein Unternehmen im chinesischen Staatsbesitz handle. Österreich ist nicht das erste Land, das die Nutzung von TikTok auf Diensthandys einschränkt. Auch die US-Regierung und die Europäische Kommission setzten bereits solche Maßnahmen.
Wie stark ist TikTok mit China verbandelt?
Beim Unternehmen ByteDance, das hinter TikTok steckt, handelt es sich um ein privates Unternehmen. Wie bei vielen chinesischen Tech-Firmen übt der chinesische Staat großen Einfluss auf den Konzern aus. Peking steht auch im Verdacht, Inhalte auf TikTok zu kontrollieren. Die kommunistische Regierung kann das Unternehmen zudem dazu verpflichten, Nutzer*innendaten weiterzugeben. 2018 wurde ByteDance etwa auch von staatlichen Medien beschuldigt, „unmoralische Inhalte“ in einer anderen App zu fördern. Diese ging schließlich vom Netz, ByteDance-Gründer Zhang Yiming entschuldigte sich öffentlich und versprach eine stärkere Zensur.
Welche Daten hat TikTok von mir?
Das Unternehmen weiß zunächst über alles Bescheid, was in der App passiert: Likes, Kommentare, geschaute und gepostete Videos und Direktnachrichten werden erfasst. Die App will zudem auf das Telefonbuch am Handy zugreifen. So ist es dem Dienst möglich, Verbindungen zwischen Nutzer*innen und Personen außerhalb der Plattform zu ermitteln. TikTok sammelt außerdem die Standortdaten ihrer Nutzer*innen. Dazu wird der ungefähre Standort abgefragt, der über das WLAN-Netzwerk oder die SIM-Karte zur Verfügung steht.
Warum sammelt TikTok diese Daten überhaupt?
Wie viele andere soziale Medien verdient auch TikTok durch das Ausspielen von Werbung Geld. Je besser man sein Publikum kennt, desto wertvoller ist die Plattform für Werbekunden. „Es ist dabei gar nicht nötig, dass die App wirklich jedes Detail über mich weiß“, sagt IT-Security-Experte Joe Pichlmayr zur futurezone: „Vieles lässt sich aus dem Nutzungsverhalten vorhersagen – wie bei einem Puzzle, bei dem einige Teile fehlen, aber das ganze Bild klar erkennbar ist.“
Sollten Unternehmen auf TikTok verzichten?
„Verschärft wird die Problematik, sobald es nicht mehr nur um meine Daten geht, sondern um betriebliche Daten“, warnt Sicherheitsforscher Peter Schartner von der Universität Klagenfurt: „Da können dann auch Geschäftsgeheimnisse abfließen.“ Laut dem Datenschutzjuristen Marco Blocher könne Spionage auch indirekt über Bewegungsprofile von Mitarbeitern passieren. So könnte man aus den Ortsdaten etwa herauslesen, wenn ein Vertreter eines Unternehmens sich zu Gesprächen mit einer anderen Firma getroffen hat. „Social-Media-Apps haben auf Dienstgeräten generell nichts verloren“, meint Pichlmayr. Am besten werden die Arbeitshandys von firmeninternen IT-Mitarbeitern verwaltet.
Wie sieht es mit TikTok auf Privathandys aus?
Private Geräte sind vom österreichischen Nutzungsverbot explizit ausgenommen. Somit können etwa die TikTok-Kanäle von Politiker*innen weiterbetrieben werden. Ist das eine gute Idee? „Das kommt auf das Schutzbedürfnis an“, sagt Pichlmayr. Und das sei gerade bei politischen Amtsträger*innen besonders hoch. „Als Politiker wäre ich mit der privaten Verwendung von TikTok sehr zurückhaltend“, sagt Blocher.
Was ist mit anderen Social-Media-Diensten?
Alle Experten sind sich einig, dass nicht nur TikTok in puncto Datensicherheit problematisch ist. US-Apps wie Facebook, Instagram, WhatsApp und Twitter würden solche Daten ebenso erfassen. „Die Debatte wird einseitig geführt. Die USA werden in Europa eher als Verbündeter angesehen, bei China ist man sensibler“ sagt Blocher.
Warum kann TikTok für Jugendliche problematisch sein?
Laut Medienpädagogin Barbara Buchegger bringt TikTok allerlei Herausforderungen für Jugendliche und Eltern mit sich. Ganz oben auf der Liste steht die süchtig machende Art, wie die Inhalte angezeigt werden. „Es ist schwer, damit aufzuhören. Die App liefert immer neue Kurzvideos nach, um die Jugendlichen bei der Stange zu halten“, erklärt Buchegger. Das frisst Zeit und im schlimmsten Fall werden Freunde oder Schule vernachlässigt. Auch die Inhalte sind nicht unproblematisch. „Der Algorithmus erkennt, welche Videos wir mögen und liefert uns immer neues Material – das immer ein bisschen extremer wird“, sagt Buchegger: „Besonders bei Themen wie psychischer Gesundheit oder Abnehmen kann das gefährlich werden.“
Wie können sich Eltern verhalten?
Eltern von Kindern rät sie, gemeinsam über die App zu sprechen und Videos auch gemeinsam anzusehen. Feste Bildschirmzeiten können dabei helfen, dass Kinder nicht stundenlang am Smartphone hängen. Wichtig sei hier, konkrete Alternativen zum Handy zu bieten und das Smartphone nicht einfach zu verbieten. Jugendliche würden teilweise auch selbst bemerken, dass übermäßiger TikTok-Konsum nicht gut für sie sei. „Einige deinstallieren die App freiwillig für ein paar Wochen, um nicht abgelenkt zu werden – etwa vor Schularbeiten“, erzählt Buchegger.