Urheberrecht: "Aggression und Langeweile"
"Freier Zugang ist nicht gleichbedeutend mit gratis", dieser Satz war bei einer Diskussion zum Urheberrecht, die am Mittwoch unter dem Titel "Das klassische Urheberrecht vor dem Ende?" bei den Österreichischen Medientagen am Mittwoch in der Wiener Stadthalle stattfand, in geringfügigen Abwandlungen gleich mehrmals zu hören. Und auch sonst verlief die Diskussion eher eintönig. Was auch daran lag, dass auf dem Podium fast ausschließlich Vertreter von Rechteverwertern und deren Lobbyverbänden saßen.
Musikwirtschaft fordert Auskunftsanspruch
Hannes Eder von Universal Music Austria forderte einen Auskunftsanspruch für Rechteverwerter, um gegen die Verbreitung urheberrechtlich geschützter Inhalte im Netz vorgehen zu können. Die Beauskunftung von IP-Adressen könne durchaus unter richterlicher Kontrolle passieren, meinte Eder: "Niemand will Bürger bespitzeln."
Leistungschutzrecht und Bezahlinhalte
Gerald Grünberger vom Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) machte sich für ein Leistungschutzrecht für Verlage stark, wie es etwa in Deutschland eingeführt werden soll. Dabei sollen etwa Suchmaschinen und Nachrichtenaggregatoren wie Google zur Kasse gebeten werden. Das Justizministerium leiste dazu bereits Vorarbeiten, so der VÖZ-Geschäftsführer. In Deutschland hatte ein solches Leistungsschutzrecht zu heftigen Diskussionen geführt. Kritiker befürchten etwa Beschränkungen der Informations- und Meinungsfreiheit.
Ein Leistungsschutzrecht für Zeitungsverlage alleine mache das Kraut auch nicht fett, sagte Grünberger. Über kurz oder lang würden wohl auch von österreichischen Verlagen vermehrt Bezahlinhalte im Netz angeboten: "Etwa Analysen und Hintergrundinformationen."
"Grenzen ziehen"
Matthias Leonardy von der deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) forderte, dass bei der Frage, was im Netz zulässig sei, "Grenzen gezogen und durchgesetzt" werden müssten. Ferdinand Morawetz vom Verein Anti-Piraterie (VAP) warb für Verständnis gegenüber den Problemen der Unterhaltungswirtschaft.
"Künstliche Verknappung"
Einen Kontrapunkt setzte lediglich der Autor und grüne Politiker Michel Reimon. Er warnte davor, dass bei der Verteidigung der Urheberrechte rechtliche und technische Maßnahmen gesetzt werden könnten, die demokratiepolitisch bedenklich seien und etwa zur Installation von Überwachungsmaßnahmen und Zensurmöglichkeiten führen würden. Die Politik dürfe die Möglichkeiten der Kommunikation nicht einengen, warnte Reimon. Gefragt sei nicht die künstliche Verknappung von Information mit technischen oder juristischen Maßnahmen, sondern neue Modelle der Vermarktung.
Die Zukunft könne er sich durchaus auch ohne die Unterhaltungsindustrie vorstellen, so Reimon. Bei Universal-Austria-Chef Eder rief er damit "leise Ansätze von Aggression und Langeweile" hervor
"Extrem oberflächlich"
Der Wiener Anwalt Alfred Noll meinte, die Urheberrechtsdebatte werde "extrem oberflächlich" geführt. Er sprach sich für eine "Reorientierung der gesamten Diskussion" aus. Die Frage sollte sich nicht darum drehen, wer was wann im Netz mache, so Noll: "Die Frage ist: Was wollen wir für unsere Gesellschaft an kreativen Produktionen haben und welche Ressourcen und Mittel wollen wir dafür einsetzen?"
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