Netzpolitik

Vorratsdaten: Bürgerinitiative "abgeschoben"

„Stoppt die Vorratsdatenspeicherung" - das fordern in Österreich mehr als 106.000 Bürger. Damit ist die Bürgerinitiative vom AK Vorrat eine der größten in Österreich – und eine der ersten, die die neuen Möglichkeiten der direkten Bürgerbeteiligung online via Parlaments-Website genutzt hat. Am Donnerstag wurde sie zum zweiten Mal seit der Übergabe ans Parlament im Dezember 2011

im zuständigen Petitionsausschuss behandelt.

Die Initiatoren haben darauf gehofft, dass der Ausschluss beschließen wird, dass sie ihr Anliegen in einem Hearing persönlich im Parlament vorbringen können. Ein derartiges Hearing wurde am Donnerstag beispielsweise zu dem Thema „notwendiger Ausbau des Stromwegenetzes in Österreich" abgehalten. Doch bei der Initiative „Stoppt die Vorratsdatenspeicherung" konnten sich die österreichischen Parlamentarier nicht auf ein Hearing einigen. Zwischen den Fraktionen gab es „unterschiedliche Auffassungen", wie aus der Parlamentskorrespondenz hervorgeht.

Vergleich mit Volksbegehren
Der Abgeordnete Wolfgang Pirklhuber (Grüne) verglich die Initiative aufgrund der starken Unterstützung durch mehr als 100.000 Unterschriften mit einem Volksbegehren und machte sich für die Durchführung eines Hearings stark. Dieses Anliegen wurde auch von den beiden FPÖ-Abgeordneten Susanne Winter und Bernhard Vock sowie von Ausschussvorsitzender Ursula Haubner (BZÖ) unterstützt, die beiden Regierungsparteien haben den Vorschlag allerdings blockiert. Laut der Abgeordneten Anna Höllerer (ÖVP) gebe es nämlich eine informelle Übereinkunft, wonach die Themen für Hearings konsensual vereinbart würden.

Höllerer und Rosa Lohfeyer (SPÖ) schlugen daher vor, die Bürgerinitiative dem Justizausschuss zuzuweisen. „Das ist eine schlechte Nachricht für uns und es ist nun völlig unklar, wie es weitergeht", sagte der Initiator der Bürgerinitiative, Andreas Krisch, am Freitag gegenüber der futurezone. „Unser Anliegen wird einfach abgeschoben", so Krisch vom AK Vorrat. Dieser Unwillen sei außerdem ein klares Bekenntnis der Regierungsparteien zur Vorratsdatenspeicherung.

"Auch SPÖ befürwortet Vorratsdatenspeicherung"
Michael Bauer vom AK Vorrat fügte hinzu: "Es scheint schon lange, dass die Volkspartei in allen Menschen potentielle Verbrecher sieht, die zu überwachen sind. Die Sozialdemokraten zeigen jetzt, dass sie dieses Menschenbild teilen." In der Vergangenheit habe sich gerade die SPÖ immer wieder auf die EU-Richtlinie ausgeredet. "Jetzt stellt es sich heraus, dass auch sie die Vorratsdatenspeicherung befürwortet", erklärte Bauer.

Die Forderungen der Initative sind rasch erklärt: Österreich soll sich auf EU-Ebene aktiv gegen die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung einsetzen. Auf nationaler Ebene sollen zudem sämtliche Überwachungsgesetze bezüglich ihrer Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit evaluiert und gegebenenfalls abgeschafft werden.

ÖVP: "Expertenwissen nützen"
Die Abgeordnete Höllerer argumentierte im Ausschuss, dass das Thema im zuständigen Fachausschuss besser aufgehoben sei. „Jener Ausschuss, der auch die Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vorbereitet hat, hat Erfahrung in diesem Themenbereich und wird auch die Petition bestmöglich weiter behandeln", so Höllerer, die darauf hinwies, dass es „Ressourcenverschwendung wäre, das in der langen Diskussion geschärfte Expertenwissen der Parlamentskollegen nicht zu nützen".

"Abschiebung" kein gutes Signal
Zwar tagt der Justizausschuss noch einmal vor der Sommerpause, aber es ist „höchst unklar", ob das Anliegen der Bürger es in diese Ausschusssitzung noch schafft. Es wird aber schließlich bereits für den Sommer ein überarbeiteter – und stark entschärfter - Entwurf zur Vorratsdatenspeicherung von der EU-Kommission erwartet. Damit läuft dem Anliegen durch die „Abschiebung" in einen weiteren Ausschuss langsam die Zeit davon.

Dieses Vorgehen zeigt daher vor allem auch eines deutlich: Die vor knapp einem halben Jahr eingeführte und von der Initiative genutze Möglichkeit zur direkten Demokratie und Bürgerbeteiligung per Internet über die Parlaments-Website mag zwar in der Theorie eine gute Idee sein, aber in der Praxis verlangt es mehr - einen Willen des Parlaments, die Anliegen der Bürger auch ernst zu nehmen und nicht "abzuschieben".

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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