Connected Car: Kurzen Motor-Boost per App kaufen
Nach der CES, der weltgrößten Messe für Unterhaltungselektronik, nehmen die Autohersteller nun auch den Mobile World Congress in Barcelona, Treffpunkt der Smartphone- und Mobilfunk-Branche, in Beschlag. Doch während sich auf der CES alles um das Thema Elektromobilität drehte, geht es am größten Handy-Kongress der Welt darum, dass Autos künftig zu persönlichen Assistenten werden sollen - ähnlich wie es Smartphones dank Diensten wie Siri (Apple) oder Alexa (Amazon) bereits sind.
So stellte Peugeot mit dem „Instinct“ eine gewagte Konzeptstudie vor. Das Fahrzeug, das sowohl autonomes als auch manuelles Fahren beherrscht, kann Daten von vernetzten Geräten und Diensten auslesen und sich so dem Nutzer anpassen.
War der Besitzer beispielsweise vorher mit seiner Smartwatch Laufen, schaltet das Fahrzeug automatisch in einen besonders sanften, selbstfahrenden Modus. Dabei hilft auch der Sitz, dessen flexibles Material sich an den Passagier anpasst. Ein serienreifes Modell soll es aber frühestens 2025 geben.
Zu Google und Co aufholen
„Der große Wandel für uns ist, dass es künftig wie beim Handy ist: Sie nehmen ihr Profil überall hin mit“, erklärt Dieter May, verantwortlich für digitale Geschäftsmodelle bei BMW, gegenüber der futurezone. BMW bietet mit „Connected“ bereits seit Anfang 2016 einen Dienst an, der intelligent Daten verknüpfen und dem Nutzer unter die Arme greifen kann.
Der Hersteller setzt dazu auf eine selbst entwickelte Cloud-Infrastruktur, die auf den Azure-Servern von Microsoft läuft. Der Fahrer wird am Gerät, wie Smartphone, Tablet oder Smartwatch, erkannt. „Es fließen einerseits fahrzeugrelevante, aber auch ihre persönlichen Daten ein. Sie geben mir ihren Kalender und Adressen der Termine frei und das Navi gibt ihnen automatisch die Routen vor“, erklärt May.
Diesen Vorteil wolle man nutzen, beispielsweise um das Auto im Winter vor Beginn der Fahrt automatisch zu klimatisieren, die Scheiben aufzutauen und das Navi zu programmieren. Und auch ein Film, der am Tablet begonnen wurde, kann so problemlos im Entertainment-System des Autos fortgesetzt werden.
Österreich "fortschrittlich" bei Personalisierung
BMW will damit das Fahrerlebnis „vollständig personalisieren“, unabhängig davon, in welches Fahrzeug man einsteigt. Vorerst ist die Plattform allerdings noch auf BMW-Modelle beschränkt, der Konzern weitet es allerdings auch auf seinen Carsharing-Dienst DriveNow aus. May räumt aber ein, dass man künftig wohl über mögliche Partnerschaften mit anderen Autoherstellern nachdenken müsse, um den Technologiekonzernen etwas entgegen zu halten.
Ähnlich ging man bereits beim Kartendienst Here vor: Zahlreiche US-Technologiekonzerne waren interessiert, doch ein Konsortium bestehend aus Audi, BMW und Daimler erhielt den Zuschlag.
Auch „fahrzeugnahe Dienste“ seien künftig denkbar: „Da können Sie über den In-Car-Store Fahrzeugfunktionen kurzzeitig freischalten lassen. Wenn ich zum Beispiel für eine Reise nach Österreich mehr Leistung auf der Autobahn brauche, kann ich kurzzeitig 50 PS mehr Leistung aktivieren.“ So könnte der Autohersteller auch später Funktionen verkaufen, die zwar im Auto verbaut, aber nicht ab Werk aktiviert wurden.
Mobilfunker hoffen auf Automarkt
Dazu müssen die Fahrzeuge aber auch ständig mit dem Internet verbunden sein. Ein großer Wachstumsmarkt für die Mobilfunker, die mit einem gesättigten Smartphone-Markt zu kämpfen haben. Anfang 2016 wurden in den USA erstmals mehr SIM-Karten für Autos als für Smartphones freigeschaltet. Doch dass ihr Auto über eine SIM-Karte verfügt, ist vielen Menschen gar nicht bewusst. Laut einer Umfrage (3700 Teilnehmer) des Marktforschungsinstitutes TNS war vier von zehn Befragten nicht bewusst, dass ihr Auto mit dem Internet verbunden ist.
Die zunehmende Vernetzung soll auch selbstfahrenden Autos das Leben erleichtern. Denn während sich aktuelle vernetzte Autos nur mit dem Internet verbinden können, sollen selbstfahrende Autos miteinander kommunizieren und Daten über die Umgebung austauschen.
Über die Details des Standards wird derzeit noch debattiert, ein erster Entwurf sieht aber Grundgeschwindigkeiten von 100 Mbps im Download und 50 Mbps im Upload vor. Zudem soll die Übertragung auch bei hohen Geschwindigkeiten (bis zu 500 km/h) und vielen Geräten (eine Million Geräte pro Quadratkilometer) möglich sein. BMW und der südkoreanische Mobilfunker SK Telecom haben bereits im Vorjahr ein erstes mit 5G-Technologien ausgestattetes Fahrzeug getestet.
Unfälle bauen für sichere Autos
Während Uber, Google und Co ihre selbstfahrenden Autos auf der Straße testen, will „Roborace“ die Technologie auf der Rennstrecke verbessern. Das Unternehmen stellte auf dem MWC das erste selbstfahrende Rennauto vor. Der flache Bolide ohne Cockpit kann bis zu 320 km/h schnell fahren und setzt auf vier Elektromotoren und eine Vielzahl an Sensoren. „Roborace soll dabei helfen, dass die Technologie von der Masse akzeptiert wird“, so Denis Sverdlov, Erfinder und CEO des Roborace.