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Game Gestalt: Mit Yoga-Posen gegen Zombies kämpfen

In dir wütet die Infektion - um dich herum Horden von Untoten. Doch anstatt sich mit Pumpgun oder Kettensäge durch die Zombiemeute zu metzeln, gilt es, seine eigene Angst und den bösartigen Virus in Schach zu halten... und zwar mittels... erraten: Yoga!

Was wie ein Scherz klingt, ist ein ernstgemeinter Pitch für ein neues Videospiel namens "Zombie Yoga". Das von der Wiener Firma "Game Gestalt" erdachte Konzept wird Ende dieses Monats auf der Game Developers Conference (GDC) in San Francisco vorgestellt, bereits davor gibt es ein Treffen mit Microsoft. Denn das Spiel ist für die Xbox360 und dessen neue Bewegungssteuerung Kinect konzipiert.

Grundsätzlich soll "Zombie Yoga" wie jedes andere Kinect-Spiel funktionieren: Das Xbox-Zubehör beobachtet mit Kamera und Sensoren den Körper des Spielers und setzt dessen Bewegungen im Spiel um - nur dass in diesem Fall keine wilden Verrenkungen und raschen Positionswechseln nötig sind. Ganz im Gegenteil: Nur wer ruhig verharrt und sanfte Bewegungen macht, findet zum Ziel. Es wird rund 50 Yoga-Posen geben, die im richtigen Moment eingenommen werden müssen.

Symbolträchtige Spiele mit Raum für Interpretation
"Zombies sind eine Projektion der inneren Angst. Diese gilt es zu überwinden. Und hier kommt Yoga ins Spiel", sagt Doris Rusch. Sie ist eine von vier Game Designern, die bei Game Gestalt Projekte entwerfen. Das Spiel sei für Körper und Seele. Der Balken für innere Stärke wird größer, je fokussierter man seine Übungen macht. Agiert man hingegen aggressiv - was durchaus erlaubt ist - steigt der Angstzustand. Um den Outbreak der Untoten zu überleben, muss man sich also auch den eigenen Dämonen stellen. Rusch fasst es knapp zusammen: "Nur wer seine Ängste überwindet und den inneren Seelenfrieden findet, überlebt." Ein weiterer Punkt, der bislang in Bewegungsspielen kaum berücksichtigt wird: Man kann nur gewinnen, wenn man trainiert. "Man arbeitet an einem Level-Up des eigenen Körpers", sagt Rusch.

Ein Wirbelsturm neuer Ideen
"Wir machen nur das, was uns Spaß macht", fasst Lev Ledit das Motto der Firma zusammen, die er gemeinsam mit drei Kollegen Anfang dieses Jahres gegründet hat. Das Unternehmen "Game Gestalt" versteht sich als Zusammenschluss von Game Designern, die mit revolutionären Ideen und ungewöhnlichen Konzepten die erstarrte Spiele-Branche durchwirbeln wollen. Damit dies klappt, konzentriert sich das Vierergespann ganz auf das Entwerfen. Im Gegensatz zu traditionellen Spiele-Studios wird nur auf das Game Design fokussiert. Es wird überlegt, wie ein Spiel funktionieren kann, wie Regeln gut ineinander greifen. Grafik oder Handlung sind, wenn überhaupt, sekundär. An Zielgruppen wird erst gar nicht gedacht: "Wir gehen davon aus, dass das, was uns Freude bereitet, auch anderen Spaß macht und ein Publikum findet", sagt Ledit.

Findet eine Idee innerhalb des Teams Zustimmung und überlebt die intensiven Diskussionsrunden, wird ein Prototyp gebastelt, um das Konzept in der Praxis zu erproben. "Wir schmieren nicht irgendeine abstruse Idee auf’s Papier und ziehen uns dann zurück. Wir liefern selbstverständlich den Beweis, dass es funktioniert", sagt Doris Rusch. Kann der Prototyp überzeugen, wird dieser Publishern demonstriert. Gibt er das O.K. für die Entwicklung, wird die finale Umsetzung an klassische Developer abgetreten. Bei Bedarf oder falls gewünscht, übersiedelt der verantwortliche Game Designer für diese Zeit zum Entwickler.

Trotzdem verwehren sich die vier routinierten Spiele-Entwickler dem Vorwurf, nur die Rosinen aus dem Kuchen zu picken. "Gute Konzepte zu entwerfen oder bestehende Spiele aufzupeppen, ist schwieriger als viele denken", sagt Ledit. Und: Es fällt in den Aufgabenbereich von Game Gestalt, Investoren zu finden und zu überzeugen. Hier hofft die Firma auf jenes Netzwerk, dass sich jeder der Profis in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hat und das auch weiterhin intensiv gepflegt wird. Die Developer wiederum profitieren davon und sind froh, wenn sie Arbeit haben. Denn in Zeiten von Apps und Facebook-Games leiden gerade mittelgroße Studios an Auftragsmangel.

Zweigleisig zu Profitabilität
Dass man mit solch einem Arbeitsmodell nicht das große Geld verdienen kann, wissen die Vier. Deshalb haben sie die Firma auf zwei Säulen aufgebaut. Neben dem autonomen Entwerfen und Pitchen von Spielideen bieten sie ihre Expertise parallel branchenfremden Firmen und Institutionen an. Ihre Beratung kann dabei vom Schaffen eines komplett neuen Spiels bis hin zum Aufpolieren bestehender Games reichen. Auch bei der Plattform gibt es keine Grenzen: Von Brettspielen über Team-Building-Spiele und Apps bis hin zu Konsolen-Titeln ist alles möglich. Wobei sie auch hier wählerisch sind. "Wir schließen grundsätzlich nichts aus, aber für alles geben wir uns nicht her. Wir gönnen uns den Luxus zu selektieren", sagt Ledit. Ablehnen mussten sie bislang jedoch nichts und sie glauben fest daran, dass dies in Zukunft auch nicht passieren wird. Denn: "Externe Firmen sind experimentierfreudiger als traditionelle Publisher. Sie gehen mehr Risiko ein und haben Mut für neuartige Ideen", sagt Martin Porocnik. "Alte Spielefirmen sind festgefahren und unterliegen dem Diktat des Marketings. Ihre Design-Muskeln sind deshalb nicht trainiert", sagt Ledit.

Kein Mangel an Arbeit
Dass die Nachfrage nach Spielen zurückgeht, glauben sie nicht. Durch iPhone-Apps aber vor allem durch Facebook-Spiele wie FarmVille habe eine "Gameification der Welt" stattgefunden. Noch nie sind so viele Leute mit Computerspielen in Kontakt gekommen. Und wer sich einmal begeistern konnte, kehrt immer wieder zurück. Zudem orten sie ein gestiegenes Frustrationlevel bei Spielern. "Immer mehr haben die immergleichen Ideen satt und wollen Neues erleben und sind offen für schräge Ideen", sagt Rusch. Was dem Film sein Arthouse-Kino, ist den Spielen Game Gestalt. Die Atari-Generation habe schon alles gespielt und sei für Alternatives bereit.

Aktuell arbeitet die Firma an neun eigenen Projekten sowie mehreren Betrater-Projekten für "große, bekannte Firmen". Auf der Messe Game Connection im Zuge der Game Developer Conference (28.2. bis 4.3.2011, San Francisco) wird die Idee von Zombie Yoga einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt. Die Latte haben sie sich hoch gelegt, denn "der Name sorgt schon jetzt für viele neugierige Anfragen."

Ein weiteres Projekt: Das Browser-Game "Cognition" ist laut den Entwicklern eines der langsamsten Spiele seit Jahrzehnten. Es gibt kein Handbuch, keine Anleitung. Spieler müssen alles selbst entdecken und erlernen. Der Spieler entschlüsselt mehr oder weniger zufällig eine außeriridische Informationsübertragung. "Es ist ein konstruktivistisches Spiel des Lebens", so die Designer.


Das Team:
Lev Ledit (ehemals Avaloop und Rockstar Vienna), unterrichtet auch Game Design an der TU Wien und an den FHs in Graz und Hagenberg
Martin Porocnik (ehemals Avaloop und Rockstar Vienna)
Mischa Hießböck (ehemals Sproing und Ferrytells)
Doris C. Rusch (ehemals MIT gamebit), unterrichtet auch Game Design an der TU Wien sowie an der Donau-Uni Krems

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Benjamin Sterbenz

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