HTC 10 im Test: Perfekt, aber ohne das gewisse Etwas
Mit den letzten höherwertigen Smartphones, etwa dem One A9 oder dem One M9, hat HTC kaum etwas falsch und fast alles richtig gemacht. Dennoch ist der taiwanesische Konzern und einstige Smartphone-Vorreiter in letzter Zeit wegen finanzieller Schwierigkeiten ziemlich ins Straucheln geraten. Im vierten Quartal 2015 musste HTC einen Verlust von 92,49 Millionen Euro verbuchen, das sind 46 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.
Ob es dem Konzern gelingt, mit dem aktuellen Flaggschiff, dem HTC 10 den Weg aus der Krise zu schaffen, wird sich zeigen. Wir haben uns das HTC 10 näher angesehen.
Hochwertiges Gehäuse
Beim Design ist HTC seiner bisherigen Linie nur zum Teil treu geblieben. Die Antennenstreifen auf der Rückseite des Alu-Unibody sind nach wie vor vorhanden. Der farbliche Kontrast zwischen Gehäuse und Streifen ist beim HTC 10 allerdings nicht mehr so hoch wie bei den Vorgängern. Während die Kanten des Unibody-Gehäuses nicht länger rund, sondern nur mehr angeschliffen und daher etwas kantig sind, bleiben die Ecken wie gewohnt abgerundet.
Als ich das HTC 10 das erste Mal in die Hand genommen habe, wurde mir sofort klar, dass es ein erstklassiges Smartphone ist. Das Unibody-Gehäuse aus Aluminium fühlt sich sehr hochwertig an und ist perfekt verarbeitet. Auch die Größe - 5,2 Zoll Display-Diagonale - ist für meine Hände genau die richtige Größe. Die Übergänge zwischen Display und Gehäuse sind perfekt verarbeitet und vermitteln beim Drüberstreichen einen etwas abgerundeten Eindruck. Die Oberfläche des Displays ist extrem glatt, sodass es leicht rutscht. Die Gehäuserückseite ist dagegen etwas rau und haftet daher gut in den Händen.
Die Kamera hebt sich von der Rückseite ein paar Millimeter ab, was aber nicht weiter stört und mittlerweile bei mehreren Herstellern zum Standard gehört. Die Power-Taste und die Volume-Schalter befinden sich auf derselben Seite direkt nebeneinander, was anfangs oft zu Verwechslungen führte.
Die 3,5mm-Kopfhörerbuchse ist mittig auf der oberen Seite angebracht. Der Einschub für die micro-SD-Karte befindet sich seitlich, direkt gegenüber liegt der Einschub für die Nano-SIM-Karte. Auf der unteren Seite befinden sich die Lautsprecher sowie der USB-C-Anschluss. An der Frontseite ist, wie schon beim One A9, der Fingerprintsensor angebracht.
Das Gewicht beträgt 161 Gramm und die Maße belaufen sich auf 145,9 mal 71,9 mal 9 Millimeter. Damit ist das HTC nicht unbedingt das leichteste und schlankste Smartphone. Obwohl es etwas schwerfälliger als die Flaggschiff-Konkurrenz wirkt, fühlt es sich in der Hand weder überhaupt nicht klobig an.
Fingerabdrucksensor
Der Fingerabdrucksensor ist gleichzeitig der physische Home-Button. Er funktioniert blitzschnell und erkennt die Finger auch wenn sie etwas schlampig auf die dafür vorgesehene Fläche gedrückt werden.
Hardware
Im Inneren des Alu-Unibodys befindet sich ein Qualcomm Snapdragon 820 auf 64-Bit-Basis mit vier Kernen. Zwei davon takten mit 2,15 GHz, die anderen zwei mit bis zu 1,6 GHz. Der Arbeitsspeicher beträgt 4 GB, der interne Speicher 32 GB. Effektiv zur Verfügung stehen 23 GB Speicherplatz, welcher mit mithilfe einer micro-SD-Karte auf bis zu 2 TB erweitert werden kann.
AnTuTu v6.1.4: 122.277 Punkte
3DMark Ice Storm Unlimited (v1.2): 22.877 Punkte
AndroBench (Version 4.1, sequentielles Lesen/Schreiben): 266,4 / 85,68 MB/s
Quadrandt (2.1.1): 42.166 Punkte
Dass sich das Smartphone unter starker Belastung erwärmt kann nicht abgestritten werden und ist auch nicht weiter ungewöhnlich. Dass es aber richtig heiß wird, also unter außergewöhnlicher Hitzeentwicklung leidet, kann nicht bestätigt werden.
Das HTC 10 unterstützt WLAN nach den Standards 802.11 a/b/g/n/ac, Bluetooth 4,2 sowie NFC. Eine kleine Besonderheit des HTC 10 ist die Möglichkeit, Musik direkt an AirPlay-fähige Lautsprecher zu streamen. Normalerweise ist diese Apple-Anwendung iPhones vorbehalten. Damit diese Funktion bei Android-Smartphones genutzt werden kann, müssen sie für gewöhnlich mit eigenen Apps ausgestattet werden, die einen Root-Zugang verlangen.
Kamera
Die Hauptkamera auf der Rückseite löst mit 12 MP auf, setzt auf HTCs UltraPixel-Technologie und verwendet einen Laser-Autofokus sowie einen optischen Bildstabilisator und einen zweifarbigen LED-Blitz. Die Blendenzahl wird mit f/1,8 angegeben. Hyperlapse und Zeitlupenvideos sind ebenso möglich wie 4K-Videoaufnahmen samt Hi-Res-Audio und Panoramaaufnahmen.
Die Frontkamera löst mit 5 MP auf und wird ebenso von einem optischen Bildstabilisator unterstützt. Auch hier wird die Blendenzahl mit f/1,8 angegeben.
An der Qualität der Fotos gibt es kaum etwas auszusetzen: Satte Farben, natürliche Darstellung und auch bei wenig Umgebungslicht oder in Innenräumen entstehen Fotos mit recht guter Qualität. Durch den optischen Bildstabilisator verwackeln die Bilder auch nicht so leicht. Bei Makroaufnahmen tat sich der Laserfokus manchmal etwas schwer, an der gewünschten Stelle zu scharf zu stellen.
Alles in allem gehört die Kamera des HTC 10 bestimmt zu einer der besten Smartphone-Kameras. Sie spielt zwar in derselben Liga wie die Kamera des Samsung Galaxy S7 Edge, Apple iPhone 6s, dem Huawei P9 oder den aktuellen Nexus-Geräten, allerdings muss sich dabei mit einem Platz am unteren Ende der Tabelle abfinden.
Display
Das Display hat eine Diagonale von 5,2 Zoll und löst mit 2560x1440 Pixel auf. Daraus ergibt sich eine beachtliche Pixeldichte von 564 ppi. Geschützt wird der Bildschirm mit Corning Gorilla Glass. Die Qualität des Displays ist wirklich einwandfrei. Die Darstellung ist kristallklar und gestochen scharf. Auch an der Bildschirmhelligkeit gibt es nichts auszusetzen: selbst bei direkter Sonneneinstrahlung ist das Display immer noch gut lesbar.
Akku
Die Kapazität des Akkus beträgt 3000 mAh. Für die kabelgebundene Datenverbindung und das Laden des Akkus dient ein USB-3.1-Type-C-Anschluss. Austauschbar ist der Akku nicht.
Bei durchschnittlicher Verwendung - ein wenig Spielen, Social-Media-Anwendungen wie Twitter, Instagram, Facebook und Snapchat, Musik streamen, im Chrome-Browser durchs Web surfen und verschiedene Anwendungen wie Google Maps oder Fußball-Live-Ticker nutzen - bin ich locker in über den Tag und am nächsten Morgen wieder ins Büro gekommen. Dabei ist das HTC 10 während im Büro die meiste Zeit unberührt am Schreibtisch gelegen.
Insgesamt hat sich das Smartphone rund zwei Drittel der Zeit in einem WLAN befunden, die restliche Zeit im LTE- bzw. 3G-Netz. Bei etwas intensiverer Nutzung wird es schwierig mit einer Akkuladung über 24 Stunden zu kommen.
HTC gibt an, mithilfe von Quick Charge 3.0 den Akku innerhalb von 30 Minuten auf 50 Prozent aufladen zu können. Der Praxistest hat gezeigt, dass diese Angaben korrekt sind. Eine halbe Stunde nachdem das HTC 10 bei eine Akkustand von 47 Prozent an das Kabel kam, stand der Akku bei 79 Prozent.
Betriebssystem
Das HTC 10 wird mit Android 6.0 ausgeliefert. Die Adaptierungen, die HTC vorgenommen hat, halten sich in Grenzen und fallen nicht negativ auf. Die Benutzeroberfläche ist denen der Nexus-Smartphones recht ähnlich. Bis auf ein paar hauseigenen Apps hat HTC nahezu gänzlich auf Bloatware verzichtet. Dennoch haben es eine einige fragwürdige vorinstallierte Apps auf das Smartphone geschafft. Weshalb etwa eine vorinstallierte und nicht löschbare Taschenlampen-App notwendig sein soll, muss mir erst mal jemand plausibel erklären.
Fazit
Seit geraumer Zeit gibt es bei Smartphones keine Killerfeatures mehr; so auch beim HTC 10. Es ist ein braves Handy, das kaum Macken hat: Gehäuse, Design, Verarbeitung, Software und Leistung sowie Kamera - alles nahezu perfekt und dennoch fehlt ein Alleinstellungsmerkmal, das dazu in der Lage wäre, mir mal eben knapp 700 Euro aus der Tasche zu locken. Aber vielleicht ist es genau diese makellose Unaufgeregtheit, die zum Kauf einlädt. Ob das HTC 10 in der Lage ist, den Konzern aus der Versenkung zu holen, darf jedoch bezweifelt werden.