Microsoft Lumia 640: Windows-Phone mit Potenzial
Nachdem Microsoft die Mobilfunksparte von Nokia gekauft hat, gehören Smartphones mit dem Schriftzug des finnischen Traditionsunternehmens der Vergangenheit an. Seither hat der Technologiekonzern aus Redmond einige Smartphones mit Microsoft-Branding, die allesamt im unteren Preissegment angesiedelt sind, auf den Markt gebracht. Ein Microsoft-Premium-Smartphone lässt weiter auf sich warten.
Das neueste dieser so genannten Einsteigerhandys ist das Microsoft Lumia 640, das bereits um rund 150 Euro zu haben ist und sich durch relativ passablen Eckdaten auszeichnet.
Vorgänger
Trug der Vorgänger, das Lumia 630 noch ein Nokia-Logo, wird das Lumia 640 nun vom Microsoft-Schriftzug geschmückt. Die Größe des Bildschirms ist von 4,5 Zoll auf fünf Zoll angewachsen und dementsprechend sind auch die Maße sowie das Gewicht mitgewachsen. Die Pixeldichte konnte durch eine höhere Auflösung von 221 ppi auf 294 gesteigert werden.
Ebenso wurden Arbeitsspeicher, Kameraauflösung und die Kapazität des Akkus erhöht und die integrierten Sensoren erweitert. Eine Frontkamera sowie ein LED-Blitz für die Hauptkamera sind hinzugekommen und der Glance-Screen sowie das beliebte Double-Tap-To-Wake-Feature sind nun verfügbar.
Hardware
Das Lumia 640 verfügt in der Dual-SIM-Variante über einen 1,2 GHz Qualcomm Snapdragon 400 Quad-Core-Prozessor, einen GB RAM und acht GB internen Flash-Speicher, der per microSD auf bis zu 128 GB erweitert werden kann. Als Betriebssystem kommt Windows Phone 8.1 inklusive Denim-Update zum Einsatz.
Um alltägliche Anwendungen auszuführen, durchs Web zu browsen, Fotos zu schießen und zu bearbeiten sowie Messenger- und Mail-Dienste zu verwenden, reicht die Hardwareaustattung allemal. Diese Anwendungen führt das Lumia 640 ohne Extra-Wartezeiten oder spürbaren Einbußen aus. Bei der etwas ressoucenintensiveren Nutzung, etwa Gaming oder Videobearbeitung, wird die nicht allzu hochwertige Hardwareausstattung offenkundig indem kürzere, Zusatz-Wartezeiten auftreten oder die Bildwiedergabe etwas ruckelt.
Beim AnTuTu Benchmark-Test (v0.8.0 beta) kommt das Lumia 640 auf 11909 Punkte.
Äußeres
Das Lumia 640 Dual-SIM bringt 145 Gramm auf die Waage und misst 141,3 x 72,2 x 8,8 Millimeter. Damit liegt das Microsoft-Phone bei günstigen Fünfzöllern im Durchschnitt und fällt weder positiv noch negativ auf. Premium-Smartphones in dieser Größenklasse sind aber dann doch etwas leichter und dünner.
In klassischer Lumia-Manier hat das 640er eine Kunststoffrückseite, die wahlweise in knalligen Farben erhältlich ist. Im Gegensatz zu seinem noch günstigeren und kleineren Bruder, dem Lumia 535, wirkt das Backcover deutlich hochwertiger und resistenter. Ebenso ist das Abnehmen des Backcovers wesentlich schwieriger als beim Lumia 535, was durchaus positive Aspekte hat, da es robuster wirkt. Der Kunststoff der Rückseite ist extrem glatt, wodurch es schon mal aus der Hand rutschen könnte.
Auf der rechten Seite sind Power- und Volume-Tasten angebracht, auf der unteren Seite befindet sich der Micro-USB-Anschluss und auf der oberen Seite die 3,5mm-Kopfhörerbuchse. Die Hauptkamera auf der Rückseite steht nicht hervor und ist quasi nahtlos im Gehäuse integriert.
Verbindungen
Entfernt man das Backcover kommen die zwei SIM-Schächte sowie der Micro-SD-Card-Einschub zum Vorschein. Um die SIM-Karten oder die Speicherkarte tauschen zu können, muss der Akku entnommen werden.
Im Lieferumfang ist ein Micro-USB-Akku-Ladekabel enthalten. Da es fix mit dem Steckdosen-Adapter verbunden ist, kann es jedoch nicht zur Datenübertragung mit USB-Buchsen eines PCs verbunden werden.
Das Lumia 640 beherrscht 802.11 b/g/n WLAN, DLNA und Bluetooth 4.0. Wer einen leistungsstarken LTE-Mobilfunktarif hat, wird durch die Finger schauen, denn LTE wird von dem Gerät nicht unterstützt.
Akku
Der Akku ist austauschbar und hat eine Kapazität von 2500 mAh. Der recht hochwertigen Displays dürfte sich negativ auf die Akkulaufzeit auswirken, denn richtig ausdauernd war der Akku im Test nicht. Im gemischten Modus – Webbrowsing, sowohl über 3G als auch WLAN, Videos schauen, ein bisschen Spielen, Fotos schießen, Telefonieren und Chatten – hat der Akku über einen guten Tag lang durchgehalten.
Mit reduzierter Helligkeit und abgeschalteten WLAN, Bluetooth und GPS dürfte noch einiges herauszuholen sein.
Bei voller Bildschirmhelligkeit und WLAN-Verbindung wurde ein YouTube-Video in HD-Qualität bei einem Akkustand von 84 Prozent gestartet. Eine halbe Stunde später reduzierte sich der Akkustand um zehn Prozentpunkte und zeigte nur noch 74 Prozent an.
Display
Das von Corning Gorilla Glass 3 geschützte 5-Zoll-Display löst mit 1280 mal 720 Pixel auf und kommt somit auf 294 ppi. Für diese Preisklasse kann sich das Display wirklich sehen lassen. Die Bildschirmqualität überrascht sogar positiv: Schriften werden scharf und deutlich, ohne "auszufransen" wiedergegeben, selbst bei Sonnenschein ist die Lesbarkeit gegeben und die Farben werden natürlich und kräftig, jedoch nicht übersättigt dargestellt. Vor allem bei der Wiedergabe von Videos in HD-Qualität kann das Display seine Stärken ausspielen.
Der Touchscreen funktioniert einwandfrei und reagiert tadellos ohne Verzögerungen oder sonstiger Einschränkungen auf die Eingabegesten.
Kamera
Die 8-MP-Autofokus-Hauptkamera wird von einem LED-Blitz flankiert. Der Sensor der Hauptkamera hat eine Größe von 0,25 Zoll, die Blende gibt Microsoft mit f/2,2 an und die Brennweite mit 28mm.
Im Großen und Ganzen ist die Qualität der Fotos passable, vor allem wenn bei Tageslicht geknipst wird. Einerseits werden die Farben allerdings zum Teil etwas zu kräftig und übersättigt wiedergeben, andererseits wirken die Farben teilweise etwas ausgewaschen. Bei wenig Licht, etwa bei Dämmerung oder Kunstlicht, tut sich das Microsoft-Smartphone schon deutlich schwerer. Hier wird eine relativ starke Körnung sichtbar und die Objekte wirken verschwommen.
Die maximale Videoauflösung der Hauptkamera liegt bei 1080p (1920x1080 Pixel) und einer Bildwiederholungsrate von 30 Bildern pro Sekunde.
Für Selfies kommt eine stark abgespeckte Kamera zum Einsatz. So werden die Selbstportraits lediglich mit 0,9 Megapixel aufgenommen. Aufgrund der geringen Auflösung werden die Bilder auch mit entsprechend niedriger Qualität aufgenommen.
Wer es gewohnt ist, die seitlich angebrachten Volume-Tasten als Auslöser der Kamera zu verwenden, wird beim Lumia 640 enttäuscht sein, da dies nicht möglich ist. Die Kamera kann nur über den Touchscreen ausgelöst werden.
Windows Phone 8.1
Der wohl größte Unterschied zwischen Windows Phone 8.1 und Android oder iOS ist der schwach ausgestattete App-Store. Wer das höchst diversifizierte Ökosystem aus Android- oder iOS-Apps gewohnt ist und sich darin wohlfühlt, wird vom Windows-Phone-App-Store und seiner vergleichsweise deutlich eingeschränkten Auswahl enttäuscht sein. Viele der beliebten iOS- oder Android-Anwendungen werden von Drittanbietern lediglich nachgebaut und sind nicht im Original erhältlich.
Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass die wohl gängigsten Alltags-Apps wie Twitter, Facebook, Skype, WhatsApp, Shazaam, Spotify, YouTube, Foursquare, Dropbox sowie einige Navigationsanwendungen, verschiedene Messenger-Dienste und etliche News-Apps verfügbar sind. Außerdem sind die Microsoft-Office-Apps integriert.
Erfrischenderweise funktioniert die Übertragung von Daten auf den PC beziehungsweise das Synchronisieren von Ordner und Dateien mit der Windows-Phone-Desktopanwendung einwandfrei; womöglich sogar um eine Spur besser und intuitiver als bei Android oder iOS und seinem iTunes.
Dem Lumia 640 steht wohl noch eine aussichtsreiche Zukunft bevor. Denn der zuständige Microsoft Manager für Skandinavien Ossi Korpela hat angekündigt, dass das Lumia 640 das erste Microsoft-Smartphone sein soll, das das Upgrade auf Windows 10 erhalten wird.
Varianten
Wie auch die anderen Microsoft-Smartphones wird das Lumia 640 in verschiedenen Versionen angeboten. Getestet wurde das Lumia 640 Dual-SIM. Daneben ist das 640er auch als Single-SIM-Variante und als XL-Version mit 5,7-Zoll-Display erhältlich. Dabei verfügt die XL-Variante über Kameras mit höherer Auflösung und einem stärkeren Akku, die Bildschirmauflösung bleibt dabei jedoch unverändert, was sich natürlich negativ auf die Pixeldichte auswirkt.
Fazit
Trotz einiger Highlights sind dem niedrigen Preis mehrere Einschränkungen geschuldet. So muss man auf LTE verzichten, bekommt eine Frontkamera mit nur sehr mäßiger Qualität und auch vom Akku könnte man sich mehr erwarten. Allerdings ist die Qualität des Displays einwandfrei, die Hardwareausstattung passabel und die Hauptkamera durchaus brauchbar. Mit einem Preis von rund 170 Euro, bei Geizhals schon ab 140 Euro gesehen, will Microsoft wohl vor allem Smartphone-Einsteiger oder auch Business-Nutzer ansprechen. Der Aufpreis von rund 40 Euro gegenüber dem Lumia 535 lohnt sich auf jeden Fall.
Versierte Android- oder iOS-Nutzer, die bestimmte Apps gewohnt oder gar darauf angewiesen sind, könnten durch den ausgedünnten Windows-Phone-App-Store von einem Umstieg abgeschreckt werden. Zumal es in diesem Preissegment zahlreiche Android-Alternativen gibt, zum Beispiel Motorolas Moto G oder auch das Moto E, Huawei Ascend G620s, das Sony Xperia E3, das LG G3 S oder auch das LG L90.
Alles in allem bleibt das Lumia 640 aber ein günstiges Einsteiger-Smartphone mit akzeptabler Ausstattung, das seinen Preis wert ist und die allermeisten Smartphone-Anwendungsfälle zufriedenstellend bewältigen kann. Spannend wird jedenfalls, was durch das Windows-10-Upgrade aus dem Lumia 640 noch herauszuholen ist.
Technische Daten
Modell:Microsoft Lumia 640 Dual SIMBetriebssystem: Windows Phone 8.1, Lumia DenimMaße und Gewicht: 141,3 x 72,2 x 8,8 mm, 145 GrammChipsatz, CPU: Quad-Core 1,2 GHz, Qualcomm Snapdragon 400 MSM8226GPU: Qualcomm Adreno 305RAM: 1 GBBildschirm: 5 Zoll, 1280 x 720 Pixel (294 ppi)Speicher: 8 GB (per microSD auf bis zu 128 GB erweiterbar, bis zu 30 GB kostenloser Speicherplatz auf OneDrive)Kamera: 8 MP Hauptkamera mit LED-Blitz, 0,9 Megapixel FrontkameraAkku: 2500 mAhSonstiges: WLAN IEEE 802.11 b/g/n, DLNA, Bluetooth 4.0, UKW-RadioPreis: 169 Euro (UVP)