Motorola Moto G4 im Test: Wenn billig nicht gut genug ist
Lange Zeit war Motorola der Liebling vieler Smartphone-Nutzer, sei es nun Einsteiger oder Profi. Zurecht, denn der Hersteller berücksichtigte die Wünsche seiner Kunden: Nahezu unverändertes Android, zügige Updates, große tauschbare Akkus, erweiterbarer Speicher und preiswerte Modelle. Auch nach dem Verkauf von Google an Lenovo schien sich nichts daran zu ändern - bis zuletzt. Plötzlich schränkte man die Update-Garantie ein, die künftig nur mehr ein verpflichtendes Update zusicherte. Zudem gingen viele jener Aspekte verloren, die man an den Vorgängern schätzte, beispielsweise der kleine Bildschirm sowie der günstige Preis.
Das neue Moto G4 kostet nun 249 Euro - 20 Euro mehr als im Vorjahr, als es bereits als relativ teuer kritisiert wurde. Vom einstigen Schnäppchen unter 200 Euro ist nicht mehr viel übrig, nun muss man sich mit der Mittelklasse messen. Schafft Motorola den Sprung vom Budget-Smartphone zum günstigen Mittelklasse-Modell? Die futurezone hat das G4 getestet.
Moto bleibt Moto, auch in der mittlerweile vierten Generation des Budget-Smartphones. Der wohl offensichtlichste Unterschied zum Vorgänger: Es ist deutlich größer. Der Bildschirm ist von fünf auf 5,5 Zoll gewachsen und dementsprechend ist das Smartphone knapp einen Zentimeter länger sowie einen halben Zentimeter breiter. Die zusätzliche Fläche ermöglicht es allerdings auch, die Hardware effizienter zu verteilen. So ist es knapp zwei Millimeter schmaler als der Vorgänger.
Grundsätzlich lässt sich das Smartphone gut bedienen, auch wenn sich der Vorgänger dank “Bauch” etwas besser in die Handfläche schmiegte. Die flache Rückseite erweckt den Eindruck, das Smartphone sei dünner als es tatsächlich ist und hat zudem den Vorteil, dass es nun wackelfrei auf dem Tisch liegen bleiben kann. Der positive Eindruck wird nur durch den leichten Kamerabuckel getrübt, der knapp einen Millimeter hervorsteht, sich im Alltag aber kaum bemerkbar macht.
Abnehmbare Rückseite
Bei der Rückseite setzt man auf geriffelten Kunststoff, der besonders guten Halt bietet. Der Gehäuserahmen rund um das Smartphone besteht aus Metall und erweckt durch seine runde Form den Eindruck, das Smartphone setze weiterhin auf einen Buckel. Trotz Kunststoff ist die Verarbeitung hochwertig, auf der Rückseite gibt nichts nach. Nach mehrmaligem Öffnen der abnehmbaren Rückseite knarzte diese lediglich hin und wieder etwas. Das Abnehmen der Rückseite gelingt relativ einfach und gewährt Zugriff auf die beiden SIM- und microSD-Kartenslots. Der Akku kann zwar theoretisch mit Schraubenzieher relativ leicht entfernt werden, Wechselakkus werden allerdings nicht angeboten. Bei den SIM-Kartenslots setzt man auf das microSIM-Format, es werden allerdings bereits nanoSIM-Adapter mitgeliefert.
Nicht mehr wasserdicht
Im Gegensatz zum Vorgänger ist das Moto G4 nicht mehr wasserdicht. Das Moto G der dritten Generation konnte ein IPx7-Rating vorweisen, das “Schutz gegen zeitweiliges Untertauchen” (ein Meter tiefes Wasser für bis zu 30 Minuten) gewährleistet. Beim Vorgänger war dieses Feature offenbar für viele nicht kaufentscheidend, weswegen man es nun einfach entfernte. Das G4 sei allerdings laut Motorola weiterhin gegen Spritzwasser geschützt und staubabweisend gebaut - eine entsprechende Zertifizierung kann man jedoch nicht vorweisen.
Motorola setzt beim Moto G4 auf einen 5,5 Zoll großen LC-Bildschirm, der mit Full-HD (1920 mal 1080 Bildpunkte) auflöst. Das entspricht einer Pixeldichte von 400 ppi - deutlich mehr als beim kleineren 720p-Bildschirm des Vorgängers, der 293 ppi vorweisen konnte. Die zusätzliche Schärfe macht sich im Alltag kaum bemerkbar, der größere Bildschirm aber schon. Hier dürften wohl jene Nutzer, die kleinere Bildschirme bevorzugen, wenig Freude haben. Trotz der relativ schmalen Maße lässt sich das Smartphone mit einer Hand schwer bedienen, da insbesondere die gegenüberliegende Seite nur mit Strecken des Daumens erreichbar ist.
Mit dem G4 positioniert sich Motorola neu. Einst war die G-Reihe das wahre Schnäppchen im Motorola-Sortiment, doch nun wagt man sich in den hart umkämpften Mittelklasse-Markt. Das spiegelt neben dem höheren Preis (249 Euro) auch die Ausstattung wider. Statt Qualcomms Einsteiger-Chip Snapdragon 400 kommt der deutlich flottere Snapdragon 617 zum Einsatz. Dieser setzt auf acht Kerne, die mit 1,2 bis 1,5 Gigahertz getaktet sind. Zudem hat der Speicher ein kleines Upgrade erhalten: Die Basis-Version verfügt nun über 16 Gigabyte Speicher (davon 10,82 Gigabyte zur freien Verfügung), zudem gibt es ein 32-Gigabyte-Modell.
AnTuTu: 44.777 Punkte
3DMark (Ice Storm Unlimited): 9.706 Punkte
PCMark: 5.240 Punkte
Quadrant Standard (v2.1.1): 25.689 Punkte
Vellamo (v3.2, Multicore): 1.610 Punkte
Vellamo (v3.2, Metal): 1.221 Punkte
Beide Varianten sind mit je zwei Gigabyte Arbeitsspeicher ausgestattet. Im Vergleich zum Vorgänger, der bei einigen Multitasking-Aufgaben ins Stottern kam, ist das eine willkommene Ergänzung. So verlief das Wechseln zwischen Apps deutlich flotter, bei einigen Speicher-lastigen Aufgaben, beispielsweise beim Wechsel von einem Spiel zum RAM-hungrigen Messenger, muss man jedoch einige Aussetzer hinnehmen. Bei Spielen hinterlässt die Einsteiger-GPU Adreno 405 einen soliden Eindruck, allerdings gerät sie bei aktuellen Titeln wie Modern Combat 3 etwas ins Stottern. Wer auf Spiele aus ist, sollte daher etwas genügsamere Ansprüche haben. Bei der Performance im Alltag ließen sich allerdings keine Probleme feststellen, die Oberfläche ließ sich ohne Verzögerungen bedienen.
Viel Ausdauer
Bei der Laufzeit konnte bereits der Vorgänger hervorragende Werte abliefern. Und auch das Moto G4 macht anstandslos dort weiter, wo das Moto G (2015) aufgehört hat. So ließ sich das Smartphone problemlos zwei Tage mit einer Akkuladung verwenden, selbst unter höherer Last (zwei Stunden Telefonieren, drei Stunden Spotify, zwei Stunden Videowiedergabe) ließ es sich rund eineinhalb Tage lang nutzen. Der Akku ist leicht angewachsen und fasst nun 3000 statt 2470 mAh, die zusätzlichen Reserven wird man aber wohl, wenn man es gewohnt ist, sein Smartphone täglich zu laden, nur selten ausreizen. Das Moto G4 unterstützt zudem Quick Charging, das sechs Stunden Standby-Laufzeit durch 15 Minuten Laden hinzufügen soll. Das mitgelieferte Ladgerät unterstützt jedoch die Quick-Charge-Technologie nicht.
In puncto technischer Daten bleibt bei der Kamera des Moto G4 alles beim Alten: 13 Megapixel, f/2.0-Linse sowie ein Dual-LED-Blitz komplettieren die solide Hauptkamera. Wer etwas mehr Leistung wünscht, muss zum 70 Euro teureren Moto G4 Plus greifen, das über eine 16-Megapixel-Hauptkamera mit Laserfokus verfügt. Doch wie der Test zeigt, ist die Moto-G4-Kamera bereits voll ausreichend für alltägliche Zwecke. Die Kamera-App lässt sich mit der Schüttel-Geste sehr schnell öffnen und ist sofort einsatzbereit. Die Auslöseverzögerung ist dank eines flotten Autofokus sehr gering, allerdings neigt die Kamera bereits beim leichten Verschieben des Bildausschnittes zum Neu-Fokussieren.
Zumindest in einem Punkt bleibt alles beim Alten: Die Oberfläche und Software könnte ebensogut von einem Nexus-Smartphone stammen. So setzt man auf Google-Apps statt eigene Lösungen für SMS, Kontakte und Launcher. Lediglich die Kamera-App wurde selbst von Motorola entwickelt, ähnelt aber in puncto Funktionen sehr stark der Google Camera. Sie lässt sich jedoch, wie bereits bei den Vorgängern, durch schnelles Schütteln mit dem Armgelenk öffnen.
Doch auch wenn man dem Software-Angebot der Nexus-Reihe um nichts nachsteht, das Update-Angebot dürfte wohl nicht dem Google-Vorbild entsprechen. Für das Moto G4 wurde bereits ein Update auf Android 7.0 versprochen, darüber hinaus muss man auf das Wohlwollen Motorolas hoffen. Im Vorjahr sorgte die Tatsache, dass das neue Moto E nur in ausgewählten Regionen ein Update erhielt, für Aufregung. Zudem kündigte Motorola bereits an, dass man künftig keine monatlichen Sicherheits-Updates anbieten wird. Das letzte Sicherheits-Update für das G4 wurde im Juli ausgeliefert.
Das Motorola G4 hat durch seinen kräftigen Preisanstieg ohne Zweifel deutlich an Reiz verloren. Von einst 169 Euro auf mittlerweile 249 Euro - und dennoch ist das G4 ein gutes Angebot. Das Gesamtpaket stimmt weiterhin: Flotte Hardware und Software, eine sehr gute Kamera für Einsteiger sowie ein ausdauernder Akku und robustes Design wissen zu überzeugen. Lediglich der relativ große Bildschirm könnte für viele genügsame Smartphone-Nutzer abschreckend sein. Leider bietet Motorola auch keine Tools an, die die Bedienung für Nutzer mit kleineren Händen erleichtern.
Die Konkurrenz im Mittelklasse-Bereich ist alles andere als rar. So bietet Huawei-Tochter Honor mit dem 5X mittlerweile ein ähnlich ausgestattetes Smartphone (allerdings mit älterem Chip, dafür aber auch Dual-SIM und Metall-Unibody) für rund 200 Euro an. Ebenfalls in dieser Preisklasse zu finden: Das etwas kompaktere ZTE Blade V7 sowie das Alcatel One Touch Idol 3. All diese Smartphones haben jedoch eine Android-Oberfläche, die stark angepasst wurde. Wer ein Android-Erlebnis haben möchte, das eher einem Nexus-Smartphone ähnelt, sollte zum Moto G4 greifen.
Modell:
Motorola Moto G4
Display:
5,5 Zoll IPS-LC-Bildschirm - 1920 x 1080 Pixel (16:9, 400 ppi)
Prozessor:
Octacore-SoC (Qualcomm Snapdragon 617)
RAM:
2 Gigabyte
Speicher:
16/32 GB intern, microSD-Kartenslot
Betriebssystem:
Android 6.0.1
Anschlüsse/Extras:
micro-USB, Bluetooth 4.1, WLAN (a/b/g/n/ac), LTE
Akku:
3000 mAh
Kamera:
13 Megapixel (Hauptkamera, Dual-LED-Blitz f/2.0), 5 Megapixel (Frontkamera, f/2.2)
Videos:
Aufnahme in 1080p bei 30 fps möglich
Maße:
153 x 76,6 x 9,8 mm, 155 Gramm
Preis:
249 Euro (UVP)