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Project Tango: Smartphone mit 3D-Kamera präsentiert

Project Tango soll Geräten eine räumliche Wahrnehmung verleihen. Google hat dieses Jahr bei der Entwicklerkonferenz i/o nicht viel zu Project Tango gesagt und bisher gibt es nur ein Tablet am Markt. Doch jetzt gibt es das erste Smartphone im Rahmen von Project Tango.

Das neue Lenovo-Smartphone ist aufgrund seiner Größe auch mehr ein Phablet als ein Smartphone, aber das macht für die geplanten Apps durchaus Sinn. „Die Kamera ist nicht der Grund, warum Lenovo einen größeren Bildschirm gewählt hat“, erklärt der Österreicher Martin Gotschlich, Produktmanager bei Infineon, im futurezone-Gespräch. „Die 3D-Kamera hätte auch in einem kleineren Gerät Platz gehabt.“

Österreichisches Know-How

Der 3D-Bildsensor von Infineon und pmd, der in dem Smartphone verbaut ist, ist das Besondere am neuen Smartphone. Hier ist österreichisches Know-How mit an Bord. Der Bildsensor stammt nämlich zum großen Teil aus dem österreichischen Forschungszentrum in Graz. Dort werden fortschrittliche Halbleiterlösungen für analoge und digitale Signalverarbeitung mit hohen Datenraten erforscht und entwickelt.

Der Chip basiert auf dem „Time of Flight“-Prinzip, ist aber im Vergleich zur Kinect von Microsoft anders umgesetzt. Die 3D-Kamera, die im Smartphone integriert ist, ist die erste und bisher einzige derartige Lösung am Markt, die in ein Handy passt. „Es gibt keine andere Lösung eines Wettbewerbers“, erzählt Gotschlich.

So funktioniert der Chip

Die Erfassung des Umfelds erfolgt mit Infrarotlicht. Für jedes Pixel misst der 3D-Bildsensor die Zeitspanne, die das abgestrahlte Licht von der Kamera zum Objekt und wieder zurück benötigt. Zudem erfasst jedes Pixel die Helligkeitswerte des Objekts. Gegenüber anderen Methoden bietet die Technologie von pmd und Infineon die beste räumliche Auflösung und höchste Robustheit.

„Die Erfassung funktioniert in Dunkelheit und im Sonnenlicht gleichermaßen“, erklärt Gotschlich. Dabei hat die Kamera nur eine einzige Empfangslinse.

Neue Anwendungen

„Mit dem Tango-fähigen PHAB2 Pro beginnen wir ein völlig neues Zeitalter mobiler Anwendungen“, sagte Hua Zhang, Vice President der Lenovo Android/Chrome Computing Business Group bei der Vorstellung des Phablets in den USA. Durch den Bildsensor von Infineon und pmd werden auch zahlreiche neue Anwendungen im Bereich Augmented Reality möglich.

Durch Motion-Tracking reagiert das System auf Positionsveränderungen, misst die Entfernung von Objekten. Räumliches Lernen lässt das Gerät einmal erfasste Orte wiedererkennen. „Das Smartphone bekommt dadurch eine räumliche Wahrnehmung, wie sie bisher nur Menschen hatten“, erklärt Gotschlich.

Augmented Reality

Der Infineon-Produktmanager geht davon aus, dass die zusätzlichen Features, die dadurch für Smartphones möglich werden, in ein bis drei Jahren zum Standard werden. „Die Anwendungen sind nicht nur für Spezialisten interessant, sondern Google zielt mit Project Tango eindeutig auf den Massenmarkt ab“, so Gotschlich. Auf der i/o wurde etwa ein Selfie-Mode angeteasert, bei dem sich User mit Dinosauriern in Original-Größe ablichten können.

User können aber künftig auch Möbelstücke wie Lampen oder Vasen virtuell in ihre eigenen Räumlichkeiten platzieren und per Mausklick kaufen. „Das ist auch auf Kleidung ausdehnbar“, meint Gotschlich. Die Anwendungsmöglichkeiten reichen dabei von Spielen bis zu brauchbaren Tools. Gotschlich geht davon aus, dass sich die Augmented-Reality-Anwendungen rasch durchsetzen werden.

Auto und VR

„Die Tiefenwahrnehmung und das Motion-Tracking, wie Tango-Geräte sie heute nutzen, lassen sich auch zur Fahrerüberwachung anwenden oder zur Gestenerkennung im Fahrzeug“, fügt Jochen Hanebeck, Präsident der Automotive-Abteilung bei Infineon, hinzu. „Die Fähigkeit von Geräten zum dreidimensionalen Sehen wird zu einer Vielzahl neuer Anwendungen für Endverbraucher und in der Automobilbranche führen.“ Doch auch für den Bereich Virtual Reality ist der 3D-Bildchip von Infineon und pmd eine wichtige Bereicherung.

„Project Tango wird auch in VR-Brillen zum Einsatz kommen“, sagt Gotschlich. Die offene Partnerschaft mit Google entstand vor einigen Jahren auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas. „Die Kamera, die Google bis dahin verwendet hatte, hatte ein Kalibrierungsproblem“, so Gotschlich. Lenovo ist jetzt der erste OEM-Hersteller, der im Zuge von Project Tango auf die Infineon- und pmd-Technologie setzt. „Wir glauben, dass bald noch andere OEMs dazu stoßen werden und wir stehen für alle offen“, sagt Gotschlich.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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