Samsung Gear Fit im Test: Mehr Fashion als Fitness
Neben der Gear 2 und Gear 2 Neo bietet Samsung mit der Gear Fit (UVP 199 Euro) ein weiteres, neues Wearable an. Das Design ist ähnlich wie die Funktionalität: eine Mischung aus Smartwatch und Fitness-Armband. Das lange Display nimmt nahezu die gesamte Oberseite ein und geht nahtlos in das hypoallergene Gummi-Armband über. Das Display wird noch von einem silberfarbenen Plastikrahmen geziert – ganz wie man es von den Samsung-Smartphones kennt.
Das Design ist ein Hingucker, obwohl die Fit noch besser am Arm aussehen würde, wenn sie eine Spur dünner wäre. Der Tragekomfort ist sehr gut. Die Fit wiegt mit 27 Gramm weniger als die Hälfte der Gear 2 und die leicht gebogene Unterseite passt sich gut dem Handgelenk an. Das Armband wird mit einem Verschluss mit zwei Stiften festgemacht. Der Verschluss sieht dezent aus, hält das Band aber verlässlich geschlossen und bietet ausreichend Einstellungsmöglichkeiten.
Sollte das Armband defekt werden, oder man Lust auf eine andere Farbe haben, kann man es in sechs verschiedenen Farben nachkaufen. So wird die Fit dem Outfit farblich angepasst.
Display
Ein Highlight ist das 1,84 Zoll AMOLED-Display. Die Farben sind kräftig und leuchtend, die maximale Helligkeit reicht problemlos aus um auch bei strahlender Mittagssonne das Display noch ablesen zu können.
Wie bei Smartwatches üblich, können verschiedene Uhrenanzeigen gewählt werden – von funktionell, etwa mit Zusatzanzeigen wie Wetter oder Schritte, bis verspielt. Bei einigen Uhren kann zudem ein eigener Hintergrund gewählt werden. Wer Wert auf das Äußere legt, wählt diesen farblich passend zum Armband und dem restlichen Outfit.
Diese Einstellungen nimmt man, wie auch die meisten anderen, in der App Gear Fit Manager am Smartphone vor. Die Fit ist derzeit mit 20 Samsung-Smartphones und -Tablets kompatibel. Geräte anderer Hersteller werden zur Zeit nicht offiziell unterstützt.
Seitlich lesen
Ein Nachteil des langen Display ist, dass es manchen Usern schwer fällt, Notifications oder SMS seitlich zu lesen. Für die, die sich überhaupt nicht daran gewöhnen können, gibt es zwei Lösungen. Entweder man trägt die Fit auf der Unterseite des Handgelenks oder man stellt die Ausrichtung des Displays von horizontal auf vertikal um.
Der Nachteil der vertikalen Darstellung ist, dass das Lesen von SMS und E-Mails erst recht schwer fällt, wenn lange Wörter darin vorkommen. Jedes Wort mit mehr als 10 Zeichen wird abgeschnitten und in der nächsten Zeile fortgesetzt. Manchmal steht dann nur ein einziger Buchstabe in der nächsten Zeile, was das Lesen unnötig schwer macht.
Keine permanente Anzeige
Da die Fit einen Touchscreen hat, reicht für die sonstige Bedienung eine physische Taste aus. Diese weckt die Fit aus dem Standby-Modus auf. Wer will kann mit zwei Mal drücken eine zuvor ausgewählte App, wie den Pulsmesser, Schrittzähler oder Mediencontroller, öffnen. Drückt man die Taste drei Mal, können, wie beim Galaxy S5, Hilferuf-SMS verschickt werden.
Ein Nachteil der Fit gegenüber der Pebble Smartwatch oder einer ganz normalen Uhr: Das Display ist nicht permanent an. Anstatt die Standby-Taste zu drücken, kann auch der Beschleunigungssensor zum Aktivieren des Displays verwendet werden. Die Fit erkennt deutlich präziser die Bewegung des Arms als die Galaxy Gear, hat aber etwa ein bis zwei Sekunden Verzögerung, bis das Display tatsächlich angeht. Eine Tap-to-Wake-Funktion gibt es leider nicht.
Wischen und tippen
Die Bedienung mit dem Touchscreen funktioniert gut. Das geschwungene Display bietet ein angenehmes Wischgefühl. Die Fit scrollt langsamer durch die Menüs als man wischt, weshalb die Bedienung einen Spur zu träge ist.
Das nach oben und unten scrollen funktioniert ebenfalls gut, obwohl das Display nicht besonders breit ist. Ein zweimaliges Tippen mit zwei Fingern auf das Display ist ein Shortcut zur Helligkeitseinstellung.
Smartwatch-Funktionen
Wie üblich für Smartwatches zeigt Gear Fit Benachrichtigungen des Smartphones an. In der App können die Benachrichtigungen gewählt werden. Neben den Üblichen, wie SMS, E-Mail und Terminen, können Benachrichtigungen für fast jede App aktiviert werden, die Notifications an die Status-Leiste des Smartphones schickt. So kann man etwa auch Twitter, Facebook, Instagram, Hangouts oder Nachrichten von Games auf der Gear Fit anzeigen lassen.
Liest man eine SMS auf der Gear Fit, wird sie auch auf dem Smartphone als gelesen markiert. Über die Fit kann die SMS gelöscht oder mit zuvor eingestellten Texten geantwortet werden. Ein Eingeben von Text ist über die Fit nicht möglich. Eingehende Anrufe können mit der Fit abgelehnt oder mit einer voreingestellten Standard-Nachricht abgewiesen werden.
Da die Fit keinen Lautsprecher hat, vibriert sie bei Benachrichtigungen und Anrufen. Es sind keine Vibrationsprofile einstellbar, weshalb man nicht weiß, ob sie jetzt vibriert, weil man eine neue SMS empfangen hat oder ein Instagram-Bild einen Like bekommen hat.
Noch keine Zusatz-Apps
Die Gear Fit ist nicht kompatibel zu den Apps der Galaxy Gear oder Gear 2. Derzeit werden überhaupt keine zusätzlichen Apps von Samsung für die Fit angeboten. Neben den Benachrichtigungen gibt es noch den Mediencontroller, mit dem der aktuelle Song pausiert, vor- oder zurückgesprungen und die Lautstärke eingestellt werden kann. Der Mediencontroller funktioniert nicht nur mit Samsungs eigenen am Smartphone installierten Musikplayer, sondern auch mit anderen Apps, wie etwa Google Music.
Weitere Funktionen sind ein Timer, eine Stoppuhr und Gerät suchen. Bei Gerät suchen läutet das Smartphone, auch wenn es auf stumm geschalten wurde. Die Funktion Automatisch Sperren aktiviert die Mustersperre für das Smartphone, wenn es außerhalb der Reichweite der Gear Fit ist. Etwas seltsam ist, dass nur die Mustersperre aktiviert werden kann. Gerade beim Galaxy S5 sollte der User wählen können, ob er statt der Mustersperre den Fingerabdruck scannen oder einen Pincode eingeben will.
Fitness-Funktionen
Wie der Name suggeriert, soll die Gear Fit Sportbegeisterte ansprechen. Dazu sind ein Schrittzähler, ein Pulsmesser und Trainingsprogramme vorinstalliert. Der Sensor des Pulsmessers ist an der Unterseite der Gear Fit. Für die Messung muss man etwa zehn Sekunden still halten. Die Messdaten werden zur S Health App des Smartphones übertragen. Verglichen mit richtigen Blutdruck- und Pulsmessgeräten liegt die Gear Fit meistens nur wenige Punkte daneben.
Der Schrittzähler muss einmalig aktiviert werden. Ist er eingeschaltet, ist er automatisch wieder aktiv, wenn die Gear Fit über Nacht ausgeschaltet und am nächsten Tag eingeschaltet wird.
Je nachdem wie stark man beim Gehen mit den Armen schwingt, werden die Schritte unterschiedlich genau gezählt. So kann es vorkommen, dass die tatsächliche Anzahl der Schritte um bis zu 50 Prozent geringer als die angezeigten Schritte ist. Andererseits werden nicht Schritte gezählt, wenn man beim Gehen den Arm gehoben hat, etwa um auf die Gear Fit zu schauen.
Trainingsprogramme
Folgende Trainingsprogramme stehen zur Auswahl: Laufen, Walking, Radfahren und Wandern. Bei Laufen wird die Länge der Strecke, der Weg (wenn die Gear Fit mit einem Smartphone verbunden ist und es ein GPS-Signal gibt), verbrannte Kalorien, Durchschnitts- und Maximalgeschwindigkeit, sowie die durchschnittliche Herzfrequenz aufgezeichnet. Diese Ergebnisse können in der S Health App am Smartphone übersichtlich betrachtet werden.
Im Gegensatz zum Messen der Herzfrequenz über die Pulsmesser-App der Gear Fit, muss man für die konstante Messung im Trainingsprogramm nicht stillhalten. Dafür sind die ersten paar Minuten der Messung ungenau – läuft man eine Weile, stimmt die Messung mit der eines Brustgurts fast überein.
Im Trainingsprogramm Laufen kann ein Coaching aktiviert werden. Dabei meldet sich die Gear Fit, wenn der Puls zu hoch ist und rät langsamer zu laufen, bzw. bei einem (für die Fit) optimalen Puls das Tempo beizubehalten. Das Trainingsprogramm Walking ist im Grunde dasselbe wie Laufen, nur dass die Coaching-Option fehlt und die verbrannten Kalorien geringer sind.
Kein Radeln ohne GPS
Für Radfahren ist ein GPS-Signal des gekoppelten Smartphones zwingend erforderlich. Da beim Radfahren der Schrittzähler nicht funktioniert, muss die zurückgelegte Strecke – die nötig ist um die verbrannten Kalorien zu berechnen - über GPS-Positionen erfasst werden.
Die Trainingsprogramme können nicht pausiert, sondern nur beendet werden, was manche Sportler stören könnte. Schade ist, dass kein eigenes Trainingsprogramm konfiguriert werden kann. So wäre es gut, man sich etwa ein Programm für das Radeln auf einem Ergometer erstellen könnte, bei dem ein Countdown eine voreingestellte Zeit runterzählt, der Puls konstant überwacht und die Gear Fit Alarm schlägt, wenn eine zuvor festgelegte Herzfrequenz unter- oder überschritten wird.
Schlaf-Modus
Ausbaufähig ist auch das Programm Schlafen. Legt man sich hin, aktiviert man es, steht man auf, stoppt man es. Im Grunde ist es also eine Stoppuhr. Es kann auch ein Ruhemodus aktiviert werden, um beim Schlafen nicht durch Benachrichtigungs-Vibrationen geweckt zu werden.
Neben der Schlafdauer wird ein Prozentwert angezeigt, der Aufschluss darüber geben soll, wie oft man sich im Schlaf bewegt hat. Die Daten können derzeit nur auf der Gear Fit angesehen werden, in der S Health App fehlt die Option.
Akkulaufzeit
Die Akkulaufzeit ist besser als bei der Galaxy Gear, kann aber nicht mit der Pebble mithalten. Nutzt man den Schrittzähler oder Trainingsprogramme, hält die Gear Fit zwei Tage durch. Verwendet man sie nur als Smartwatch, um Notifications und die Uhrzeit anzuzeigen, sind drei Tage möglich. Vorausgesetzt, man schaltet die Gear Fit in der Nacht aus.
Zum Laden ist eine Ladeschale nötig, die an ein Micro-USB-Ladegerät gesteckt wird. Ist man länger unterwegs, sollte man nicht auf die Ladeschale vergessen (und sie auch nicht verlieren), da es ansonsten keine Möglichkeit gibt, die Fit mit Energie zu versorgen.
Der Verzicht auf einen Micro-USB-Stecker direkt an der Fit wurde zugunsten der Größe und der Wasserfestigkeit getroffen. Die Fit übersteht Untertauchen für bis zu 30 Minuten in ein Meter Tiefe. Ein Trainingsprogramm für Schwimmen gibt es allerdings nicht.
Fazit
Die Gear Fit ist eine der hübschesten Smartwatches, die derzeit am Markt sind. Der Kaufpreis von 200 Euro scheint zu hoch für ein Mode-Accessoires mit ein paar Smartwatch-Funktionalitäten. Allerdings kosten andere Fitness-Bänder, wie etwa das Jawbone UP24, bereits bis zu 150 Euro – und diese bieten kein gebogenen AMOLED-Display und keine Smartwatch-Fähigkeiten.
Mit Versand und Zoll kommt die 150 US-Dollar teure Pebble Smartwatch ebenfalls auf etwa 150 Euro. Sie hat keinen Pulsmesser und deshalb nur eingeschränkte Fitness-Funktionalitäten. Dafür ist das Display aber immer an, der Akku hält bis zu einer Woche und es gibt weitaus mehr Apps.
Zudem ist es fast erstaunlich, dass Samsung, die ihre Smartphones mit Einstellungsmöglichkeiten und Optionen regelrecht vollstopfen, Gear-Fit-Usern relativ wenig Freiheiten bei der Gestaltung ihres Trainings lassen.
Wenn man ab und zu laufen geht, ein Samsung-Smartphone hat und einem bisherige Smartwatches zu groß, zu Monochrom oder der Formfaktor zu gewöhnlich waren, wird man mit einer Gear Fit glücklich werden. Wer die Gear Fit nur für Fashion und gar nicht für Fitness nutzen möchte, sollte auf eine baldige Preisreduktion hoffen.
Technische Daten
Modell: Samsung Gear Fit R350Betriebssystem: Real-Time Operating SystemMaße und Gewicht: 57,4 x 23,4 x 11,95 mm, 27 GrammBildschirm: 1,84 Zoll Super AMOLED (128 x 432 Pixel)Akku: 210 mAhSonstiges: Bluetooth 4.0, PulsmesserPreis: 199 Euro (UVP)