Virtuelle Realität mit Feuerwehrschlauch und Sniper Rifle
Ich war bereit das Thema Virtual Reality abzuhaken. HTC Vive und Oculus Rift haben 2016 die Grenzen abgesteckt. Spannend wird es erst wieder, wenn die Peripherie kabellos wird und Roomscaling (das Bewegen im realen Raum um sich in der VR zu bewegen) ohne zusätzliche Hardware, wie etwa bei Intels Project Alloy, möglich ist.
Auf der CES hat HTC aber etwas gezeigt, das sowohl Virtual-Reality-Neulinge als auch -Veteranen begeistern kann: Feuerwehrschläuche, Kameras, Scharfschützengewehre und Baseballschläger. Die gibt es nicht nur in der virtuellen Realität, sondern tatsächlich zum Angreifen, Schwingen und Anlegen.
Der Schlüssel um die Gegenstände in die Virtual Reality zu transferieren, ist der Vive Tracker. Dieser etwa 10 cm große Aufsatz erinnert von seiner Form her ein wenig an einen missglückten Ton-Aschenbecher, den ein Kind der 80er-Jahre im Bastelunterricht der Volksschule angefertigt hat. Der Tracker verfügt über dieselben Sensoren wie ein Vive-Controller und erlaubt den Basisstationen so, dessen Position im Zimmer zu bestimmen.
Auf der CES hat HTC einige Software- und Hardware-Partner eingeladen, ihre Beta-Versionen und Prototypen zu zeigen. Ein paar davon konnten auch ausprobiert werden.
Feuerwehr-Simulator
Erst wird eine schwere Feuerwehrjacke angezogen. Diese ist nicht bloß dafür da, um die echte Ausrüstung und die eingeschränkte Bewegungsfreiheit zu simulieren. Sie hat Heizelemente integriert. Je näher ich an die virtuellen Flammen herangehe oder je weiter sich das Feuer ausbreitet, desto heißer wird es. Verbrennungen bekommt man davon nicht, ins Schwitzen kann man allerdings schon geraten.
Der Feuerwehrschlauch-Controller hat Originalgröße, ein Drehrad um den Strahl zu fokussieren und einen Umlegehebel für Wasser marsch. Der Wasserdruck wird dadurch simuliert, dass hinten am Schlauch gezogen wird – und das recht heftig. Im ersten Moment war ich überrascht davon, wie stark der Widerstand ist und wie authentisch der Wasserdruck dargestellt wird. Um mit aufgedrehtem Schlauch kontrolliert zu löschen oder sich nach vorne zu bewegen, bedarf es schon etwas Kraftaufwand.
Günstig ist das System nicht: Laut den Entwicklern ist es ab etwa 14.000 US-Dollar erhältlich. Dies sei für Feuerwehrstationen bzw. Trainingseinrichtungen aber ein akzeptabler Preis, da das Abhalten von echten Übungen viel teurer sei, als das Trainieren mit dem Flaim Trainer.
Scharfschütze
Auf der CES war das VR-15 mit und ohne Schaft zu sehen. Dabei dürfte es sich um die Airsoft-Version des Magpul UBR handeln – der echte UBR-Schaft kostet nämlich um die 250 US-Dollar, was den Preis des VR-15 stark in die Höhe treiben würde. Gespielt werden konnte leider nur ohne Schaft. Laut dem Mitarbeiter von VRSenal hatten sich nämlich schon viele Probespielende vor Ort beschwert, dass der Gewehrcontroller mit Schaft zu schwer sei.
Das VR-15 wurde mit einem Virtual-Reality-Scharfschützenspiel demonstriert. Ich stehe an einem Fenster und blicke in eine Wüsten-Trümmerstadt, in der Roboter patrouillieren. Um zu zielen, legt man das Gewehr an, so als würde man durch das Zielfernrohr blicken. Wie beim echten Zielfernrohr muss man das linke Auge schließen, um besser zielen zu können.
Nach dem Schuss braucht die virtuelle Waffe ein paar Sekunden, bis sie wieder aufgeladen ist. In dieser Zeit sollte man in Deckung gehen, da die Roboter zurückschießen. Das Ducken, zur Seite ausweichen und mit der Waffe im Anschlag langsam um die Ecke lehnen, um die Roboter anzuvisieren, macht Spaß. Das VR-15 hilft dabei, das Spielerlebnis zu intensivieren. Mit den normalen Vive-Controllern wäre es vermutlich auch lustig, aber weniger packend.
Ein am Rücken getragenes Pack soll durch Rütteln Rückstoß vermitteln – ich habe das im Eifer des Gefechts entweder nicht gespürt oder der Rütteleffekt war zu schwach. Mein Kollege Florian, der die Demo ebenfalls spielte, berichtete zumindest von einem spürbaren Stoß, wenn die virtuelle Waffe abgefeuert wurde. Nicht ganz zufrieden war ich mit der Zoom-Steuerung, die über einen der Analog-Sticks am Vorderteil des VR-15s erfolgte. Hier wären größere Tasten oder ein Schieberegler besser als ein fummeliger Analogstick.
Alien Fotoshooting
Man hält sich die Kamera vor das Gesicht, um in Virtual Reality das Sucherbild zu sehen. Über einen Analogstick an der rechten Oberseite wird gezoomt und der Bildmodus gewechselt, um Infrarot- und Spektralaufnahmen machen zu können. Der Analogstick war mir zu klein. Im Gegensatz zu einer DSLR fiel mir das Blindbedienen schwer, da beim Versuch zu Zoomen öfters der Bildmodus gewechselt wurde. Der Auslöseknopf des angetesteten Prototypen fühlte sich auch zu sehr nach Spielecontroller und zu wenig nach Kamera an.
Am Ende der Foto-Session konnte ein Bild ausgewählt werden, das direkt ausgedruckt wurde. Die Anzahl der Spielideen für den Kamera-Controller sind wohl überschaubar – ob die Fotosafari jetzt auf einem fremden Planeten oder in der Savanne ist, ändert nicht viel am Gameplay. Eine weitere Option wäre noch ein Horrorspiel wie Fatal Frame.
Multiplayer per Smartphone
Der Controller wird wie eine Pistole gehalten. Das Smartphone-Display zeigt das Spiel. Wie Spieler 1 kann man sich jetzt im realen Raum bewegen und drehen, um dasselbe im Spiel zu machen. In dem Game greifen Roboter von vier Seiten an. Die drei Spieler müssen sie abschießen. Das machte richtig Spaß, auch wenn man etwas aufpassen musste, sich als Spieler 2 oder 3 nicht in der Verkabelung des Vive-Headsets von Spieler 1 zu verheddern. Lustig war auch sich durch Zurufe zu verständen, wie „hinter dir!“ oder „ich übernehme die linke Seite!“ Ein Problem dabei: Der Spieler 1 mit der Vive-Brille hat beim schnellen Spielen die Orientierung verloren, weshalb als Antwort „Wo ist links?!“ zurückkam.
Da bei Spieler 2 und 3 nur die Pistolen-ähnlichen Controller getrackt werden, sieht man in der Virtual Reality und am Smartphone-Display diese Spieler auch nur als fliegende Pistole. Das wirkt ein wenig wie ein Grafikfehler. Laut Master of Shapes könne man sich vorstellen noch simple Avatare für Spieler 2 und 3 zu entwickeln, allerdings könnten die Bewegungen dann unnatürlich aussehen. Möglich wäre etwa die Zusatzspieler als schwebende Drohnen darzustellen.
Es sind auch mehr als zwei Zusatzspieler nötig. Je mehr Spieler, desto höher muss aber die Rechenleistung des Computers sein, auf dem Vive läuft. Bei der Demo auf der CES hat man sich auf insgesamt drei Spieler beschränkt, damit alles flüssig läuft.
Baseball, Boxen und Brettbalancieren
Bei Baseball war der Tracker an der Unterseite eines Baseballschlägers montiert. Wenig überraschend funktionierte auch hier das Tracking des Sportgeräts sehr gut. Beim Boxspiel standen leider die Boxhandschuhe mit dem Tracker, wegen eines defekten Prototyps, nicht zur Verfügung, weshalb es auch nicht ausprobiert werden konnte.
Erster Eindruck
Als Vive-Besitzer mit Freunden ist die Lösung von Shapes in Motion interessant, da damit mehrere Personen gleichzeitig im selben Raum spielen können. Der Tracker und die passenden Controller sollen ab dem zweiten Quartal 2017 erhältlich sein. Preise sind noch nicht bekannt.