Wie Österreichs Internet-Anbieter bei der Geschwindigkeit tricksen
In Österreich hat die versprochene Bandbreite beim Mobilfunkangebot oft nichts mit der Realität zu tun. „In der Werbung werden bis zu 300 Mbit/s versprochen, im Vertrag wird aber nur eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 2 Mbit/s zugesichert“, erklärt Daniela Zimmer, Konsumentenschützerin der Arbeiterkammer (AK). Das ergibt auch eine neue Studie zur Freiheit des Internets in Europa von der Nichtregierungsorganisation epicenter.works.
Die Studie, die am Dienstag bei der AK präsentiert wurde, kommt zu dem Schluss, dass die eigentlich verpflichtende Angabe von tatsächlichen Upload- und Download-Geschwindigkeiten von den meisten Providern ignoriert wird. „Dies führt gerade in Österreich zu der unbefriedigenden Situation, dass unklar ist, welche Bandbreiten den Kunden wirklich vertraglich zugesichert werden“, erklärt Thomas Lohninger, Geschäftsführer von epicenter.works.
Musterverfahren
Die AK Wien hat vergangenes Jahr zahlreiche Messungen durchgeführt, bei der die von Mobilfunkanbietern versprochenen Geschwindigkeiten von sieben bis 150 Mbit/s variiert hatten, je nach Tages- und Uhrzeit. Erst vor zwei Wochen hat das Handelsgericht Wien den Mobilfunkanbieter T-Mobile verurteilt, weil er in einer Vertragsklausel extrem niedrige Geschwindigkeiten angegeben und somit eine Haftung quasi ausgeschlossen hatte. „Das kommt dem Ausschluss von der Gewährleistung nahe, obwohl Verbraucher damit manche Dienste wie Videostreaming in HD gar nicht nutzen können“, sagt Zimmer.
Das Urteil ist allerdings erst in erster Instanz gefallen und T-Mobile könnte noch in Berufung gehen. Es zeigt aber, dass manche gelebten Praktiken der Mobilfunkanabieter nicht nur Konsumenten ärgern, sondern durchaus unzulässig sein könnten. Die AK Wien fordert daher einheitliche Standards von der zuständigen Regulierungsbehörde RTR für allen Mobilfunkbetreiber und Internetanbieter. Diese sollten die Geschwindigkeiten und Bandbreiten in einem „realistischen Ausmaß“ angeben müssen, sagt Zimmer.
Netztest
Verbrauchern, die von langsamen Geschwindigkeiten betroffen sind, empfiehlt die AK-Expertin die Durchführung des sogenannten „Netztests“ der RTR. Mit diesem Test lassen sich die realen Geschwindigkeiten messen. „Das Netztesttool der RTR gilt seit kurzem als Software-Werkzeug auch bei Gerichtsverfahren“, erklärt Zimmer. Als betroffener Nutzer empfiehlt es sich daher, die Geschwindigkeiten regelmäßig zu messen und in einem weiteren Schritt seinen Netzbetreiber damit zu konfrontieren. Nutzer stehen auch manchmal vor dem Problem, dass ihre Verbindungen bei Netzüberlastung als erstes langsamer werden.
Vorrangregeln
Das kann mit dem Tarif zusammenhängen, der beim Mobilfunkbetreiber ausgewählt worden ist. „Kaum einem Konsumenten ist bewusst, dass Vorrangregeln bei der Auslastung des Netzes ganz entscheidend das Tempo beim eigenen Anschluss beeinflussen“, sagt die Expertin. So sind Smartphones bei A1, T-Mobile und Drei gegenüber sogenannten „mobilen Würfeln“, die das Festnetz-Internet ersetzen sollen, im Netz bevorzugt. Smartphones erhielten bei Engpässen doppelt so viel Bandbreite, zeigte ein AK-Test.
„Fakt ist, dass auch Business-Tarife vorgereiht werden, wenn es zu Engpässen kommt“, erklärt Lohninger. Mobilfunkbetreiber müssten darüber laut Gesetz „verbraucherfreundlich“ und „verständlich“ informieren. Dies ist laut Zimmer derzeit nicht der Fall.