Windows 10 Preview im Test: Microsofts Glanzstück
Die Entwicklung von Microsofts Windows 10 geht in großen Schritten vorwärts. Aus diesem Grund hat der Konzern Ende Jänner ein Event veranstaltet, bei dem eine Vielzahl von Neuerungen in dem Betriebssystem präsentiert wurden. Es war bereits die zweite derartige Veranstaltung des Software-Konzerns, jedoch die erste, die sich konkret um die Funktionen drehte, mit denen die Nutzer künftig täglich konfrontiert sein werden.
Kurz nach der Präsentation hat Microsoft eine neue Vorabversion online gestellt. Dabei handelt es sich um die Build Nummer 9926, die man sich entweder virtuell (etwa via VMWare) oder als gewöhnliches Betriebssystem auf dem Computer installieren kann. Auch ein Update von Vista, 7, 8 bzw. 8.1 ist möglich. Für den futurezone-Test wurde der neue Build als Clean Install auf einem aktuellen Desktop-PC installiert.
Start
Das neue Windows 10 hält selbst dann, wenn man bereits die erste Vorabversion kennt, einiges an frischen Wind bereit. Der Boot führt einen, wie bereits seit Windows 8, direkt auf den Desktop. Der erste Blick eines Windows-Nutzers geht in der Regel Richtung Start-Button. Rein optisch hat sich jener seit Windows 8.1 nicht verändert, in Sachen Funktionen hat sich jedoch so einiges getan. So setzt Microsoft bei Windows 10 nicht mehr auf das Vollbild-Startmenü, das als Metro-Oberfläche bekannt geworden ist, sondern auf eine Hybridversion aus Metro-Kacheln und dem klassischen, kompakten Startmenü.
Per Klick öffnet sich das Menü und man hat links Zugriff auf Ordner, Einstellungen und Apps. Standardmäßig befinden sich oben Verknüpfungen zum Datei-Explorer, den eigenen Dateien und der Systemsteuerung. Mittig sind die sechs am häufigsten gebrauchten Programme sowie die zuletzt installierten Apps zu finden. Klickt man auf “Alle Apps” findet man eine alphabetische Auflistung aller installierten Programme. Rechts davon findet man die mit Windows 8 eingeführten Tiles bzw. Kacheln. Jene können in Sachen Größe und Position frei angepasst werden. Neu ist der neuen Preview ist, dass man beim Startmenü wahlweise einfach in den touchfreundlichen Vollbild-Modus wechseln kann. Microsoft nennt diesen fließenden Wechsel von Maus- und Tastaturoberfläche zu Touch Continuum. Windows merkt sich außerdem, in welchem Modus man das Startmenü zuletzt genutzt hat und öffnet es beim nächsten Klick wieder in dem entsprechenden Modus. Skalierbar ist das Startmenü nicht, man hat also nur die Wahl zwischen der kompakten Version und der Vollbild-Variante.
Insgesamt macht das neue Startmenü in der Praxis Sinn, ist praktisch und außerdem intuitiv. Die Kombination aus guter Bedienbarkeit und Kacheln funktioniert dank dem optional rasch aktivierbaren Vollbild-Modus noch eine Spur besser als bei der ersten Preview von Windows 10.
Aus für Charms
Mit dem Action Center hat Microsoft in Windows 10 ein neues Element integriert, das sich im Alltag als nützlicher Helfer entpuppt. In dem Center werden nicht nur Benachrichtigungen verschiedener Apps gesammelt, sondern man hat auch Schnellzugriff auf die wichtigsten Einstellungen wie WLAN oder verschiedene Anzeigeoptionen. Continuum hat auch in die Action Bar Einzug gehalten, so kann man per Klick in einen Tablet-Modus wechseln. Jener bläst das Startmenü auf Vollbild auf, genauso wie alle Apps und Fenster. Deaktiviert man den Modus wieder, schrumpft alles wieder in die zuvor geöffnete Desktop-Ansicht.
In der Benachrichtigungsleiste scheinen verschiedenste Notifications von Apps auf, wie etwa Facebook, Chrome, der Kalender oder andere Programme. In den Einstellungen kann man festlegen, welche Apps ihre Notifications in der Leiste ausspielen dürfen. Außerdem kann man bestimmen, welche Quick Settings in dem Action Center aufscheinen sollen.
Insgesamt ist das Action Center eine gelungene Neuerung, die jedoch noch etwas an Überarbeitung bedarf. So wäre es etwa wünschenswert, dass man die Notifications von bestimmten Apps direkt im Center deaktivieren kann, ohne, vorher in die Einstellungen zu müssen. Auch das Anordnen der QuickSettings per Drag-and-Drop ist nicht möglich. Es wäre jedoch denkbar, dass Microsoft das Action Center bis zum finalen Release von Windows 8 noch zusätzlich überarbeitet.
Neue Einstellungen
Deutlich überabeitet hat Microsoft nun auch die Systemeinstellungen. Zwar ist die gewohnte Systemsteuerung nach wie vor im System zu finden, alternativ kann man zahlreiche Einstellungen nun auch in einer modernen, touchfreundlichen Oberfläche tätigen.
Im Unterschied zu Windows 8 wirken die neuen Einstellungen wesentlich intuitiver und vor allem umfangreicher. Außerdem ist eine sehr hilfreiche Volltext-Suche integriert, um auch wirklich jede Option und jeden Regler schnell zu finden. Die neuen Einstellungen sehen zwar ansprechend aus, versiertere Windows-Nutzer werden dennoch meistens den schnellen und bekannten weg über die gewohnte Systemsteuerung wählen.
Cortana
Eine der wichtigsten Neuerungen bei Windows 10 ist die Integration der Sprachsteuerung Cortana in das Desktop-Betriebssystem. Cortana dient unter Windows 10 nicht nur zur Spracherkennung, sondern gleichzeitig zur Volltext-Suche durch seine Einstellungen, Dateien und auch dem Internet. Die neue Funktion ist im Betriebssystem sehr prominent platziert und befindet sich direkt rechts neben dem Start-Button. Dort prangt der charakteristische Kreis und der Satz “Ask me anything”. Aktiviert man Cortana, fragt das System einerseits, ob es persönliche Dinge wie E-Mails in die Suche miteinbeziehen kann und andererseits, wie Cortana den Nutzer nennen soll.
In der aktuellen Vorabversion ist Cortana lediglich in Englisch verfügbar und kann nur dann aktiviert werden, wenn die Systemsprache sowie der Systemstandort auf Englisch bzw. die USA gestellt sind. Wie man es schon von anderen Assistenten wie etwa Google Now kennt, kann man Cortana per Sprachbefehl zuhören lassen. Nach “Hey Cortana” kann man sich entweder nach dem Wetter erkundigen oder auch danach fragen, wer die Superbowl gewinnt. Wahlweise kann man sich auch Notizen erstellen. Beeindruckend im Vergleich zu ähnlichen Features anderer Hersteller ist vor allem die Genauigkeit, mit der die Spracherkennung arbeitet. Microsoft hat hier ganze Arbeit geleistet, so, dass es wirklich Spaß macht, mit seinem Rechner zu reden.
Die Sprachsteuerung ist ein nettes Feature, das für die eine oder andere Spielerei gut ist. Wirklich beeindruckend hingegen, ist die Universalsuche, die ebenfalls über das Cortana-Feld getätigt werden kann. Dort kann man nicht nur Dateien und Apps, sondern auch eine Vielzahl an weiteren Informationen finden. So soll etwa in Zukunft auch die Browserhistorie in die Suche miteinbezogen werden.
Die neue Suche ist bereits in der Vorabversion ein Feature, das man in der Arbeit mit Windows beinahe ständig nutzt. Die Volltext-Suche funktioniert zuverlässig und ist bei einem vollwertigen Desktop-Betriebssystem noch eine Spur hilfreicher als bei mobilen Geräten wie Smartphones und Tablets.
Neue Apps
Mit dem neuen Windows-Build spendiert Microsoft seinem Betriebssystem auch einige neue Apps. Eine davon ist die neue Maps-App, die mit einigen sinnvollen Funktionen aufwarten kann. So ist es etwa nun möglich, Karten offline zu speichern, um sie auch ohne bestehende Internetverbindung aufrufen zu können. Auch Routen können so offline geplant werden.
Auch die Xbox-App ist neu. Dort sieht man etwa die Spieleaktivitäten seiner Kontakte und hat Zugriff auf seine gekauften Titel. In Zukunft soll es außerdem möglich sein, Games direkt von der Xbox-Konsole auf den PC zu streamen, in der aktuellen Version ist diese Funktion jedoch noch nicht freigeschaltet.
Der neue Browser und mögliche Internet-Explorer-Nachfolger Spartan ist in der aktuellen Preview übrigens noch nicht integriert. Lediglich die neue Rendering Engine lässt sich im Internet Explorer aktivieren. Dazu muss man via “about:flags” in die erweiterten Einstellungen wechseln und dann “Experimental Web Platform Features” aktivieren, wie Microsoft-Manager David Storey via Twitter erklärt hat.
Neue Kleinigkeiten
Microsoft hat der neuen Windows-10-Version auch einige Neuerungen spendiert, die vielleicht nicht auf den ersten Blick auffallen. So haben einige Icons im Explorer einen Neuanstrich bekommen. Auch die Task-Leiste ist etwas geschrumpft und lässt sich per entsprechender Option noch zusätzlich verkleinern, was besonders bei kleinen Bildschirmen für mehr Platz sorgt. Auch das Multitasking wurde verbessert. Wenn man nun ein Fenster an die rechte Bildschirmseite zieht, wird es nicht nur automatisch auf der Hälfte des Monitors maximiert, sondern man bekommt auf der eine Übersicht mit den anderen offenen Fenstern, um eines wahlweise auf der linken Bildschirmhälfte aufzumachen.
Außerdem gibt es eine neue Uhr und einen übersichtlicheren Kalender sowie einen neuen Anmeldebildschirm. Diese Neuerungen sind jedoch nicht standardmäßig aktiv, sondern müssen erst über den Registrierungseditor freigeschalten werden. Wie genau man das macht, hat etwa Neowin erklärt.
Die neue Optik ist zwar zum größten Teil Geschmackssache, insgesamt geben sie Windows 10 aber ein Stück mehr Charakter und mehr das Gefühl von frischem Wind in dem knapp 30 Jahre alten Betriebssystem.
Fazit
Auch mit der zweiten Technical Preview von Windows 10 weiß Microsoft zu überzeugen. Die Neuerungen tragen positiv zum Windows-Erlebnis bei. Besonders das neue Startmenü ist optisch sowie funktional gelungen und auch das Notification Center dürfte in der fertigen Version eine hilfreiche Ergänzung im Alltag sein. Auch das Konzept mit den Apps und Windows könnte mit Windows 10 endlich aufgehen. Dadurch, dass man nicht mehr gezwungen ist, die Modern Apps im Vollbild zu verwenden, neigt man auch am Desktop dazu, sie zu nutzen. Insgesamt zeigt die neue Version abermals, dass Microsoft auf dem richtigen Weg ist. Das Zusammenwachsen von Touch und Desktop scheint endlich zu funktionieren und die Bemühungen tragen Früchte. Windows 10 könnte Microsofts Glanzstück und somit tatsächlich das bisher beste Windows werden.
Zeitweise macht sich bei den neuen Funktionen aber auch bemerkbar, was Microsoft in den vergangenen Jahren verschlafen hat. Gerade bei Funktionen wie Benachrichtigungen oder bei den Apps muss der Konzern jetzt das aufholen, was bei Smartphone- und Tablet-Betriebssystemen schon lange gang und gäbe ist.
Wann Windows 10 genau fertig sein wird, will Microsoft derzeit noch nicht sagen, jedoch gilt es als gesichert, dass es frühestens im Spätsommer so weit sein soll. Wer derzeit Windows 7 oder 8 verwendet, wird das Upgrade auf Windows 10 auf diesen Geräten im ersten Jahr kostenlos erhalten, wie Microsoft im Rahmen der Präsentation gesagt hat. Was Windows nach Ablauf dieser Frist kosten wird, ist hingegen noch unklar.
Selbst ausprobieren
Wer Windows 10 selbst testen möchte, kann sich die entsprechende ISO-Datei in der gewünschten Sprache direkt bei Microsoft herunterladen. Anschließend kann man mithilfe von Microsofts USB-Tool einen USB-Stick (mindestens vier GB) bootfähig machen und das System so installieren.
Da es sich noch um eine frühe Vorabversion handelt und noch Fehler auftreten können, die eventuell auch zu Datenverlust führen können, ist es nicht ratsam, Windows 10 auf seinem Hauptrechner zu installieren. Möglich wäre etwa, es als virtuelle Maschine per VMWare zu installieren, oder als Dual-Boot auf seinem Rechner.