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Wie im Fußballstadion: Benachbarte Sternhaufen bewegen sich als Welle

Vor wenigen Jahren entdeckten Forscher*innen von der Universität Wien gemeinsam mit Kolleg*innen aus Harvard eine zusammenhängende Kette an Gaswolken, die entlang des Spiralarms unserer Galaxie Sternhaufen bilden. Diese wird Radcliffe -Welle genannt. Der Wiener Astrophysiker João Alves erklärte nun gemeinsam mit Kolleg*innen aus Harvard und der LMU München, dass diese Sternhaufen nicht nur wie eine Welle aussehen, sondern sich auch so bewegen. Kürzlich veröffentlichten sie dazu einen Artikel im Fachmagazin Nature

Die Radcliffe-Welle ist eine 9.000 Jahre lange, zusammenhängende Kette aus Gaswolken, die entlang des Spiralarmes unserer Galaxie verläuft und 500 Lichtjahre von unserer Sonne entfernt ist. 

Wie eine Welle im Sportstadium

Die Forscher*innen erstellten damals auch eine 3D-Staubkarte aus der sie zwar die Existenz der Radcliffe-Welle belegen konnten, aber weiter nichts aus den Daten feststellen konnten. Auf die Sprünge halfen ihnen nun neue Daten aus der Gaia-Mission – damit konnten sie dem jungen Sternhaufen der Welle 3D-Bewegungen zuordnen. "So konnten wir schließlich zeigen, dass die gesamte Radcliffe-Welle tatsächlich wellenförmig ist und sich auch als Wanderwelle bewegt", erklärt Astrophysiker João Alves von der Universität Wien. Das Phänomen lässt sich mit einer Welle im Sportstadium vergleichen, wenn Menschen nebeneinander aufstehen und sich wieder hinsetzen, um auf diese Weise eine Welle zu erzeugen. Auch die Sternhaufen entlang der Radcliffe-Welle erzeugen ein solches oszillierendes Muster.

"Indem wir die Bewegung der jungen Sterne, die erst vor kurzem aus Gaswolken entlang der Radcliffe-Welle geboren wurden, untersucht haben, konnten wir die Bewegung des Gases, aus denen sie geboren wurden, verfolgen und zeigen, dass sich die Radcliffe-Welle tatsächlich wellt", erklärt Ralf Konietzka von der Universität Harvard.

"Das war die letzte offene Frage bezüglich des physikalischen Status der Radcliffe-Welle", erklärt Alves. "Es ist in der Tat eine physikalisch oszillierende titanische Gaswelle in der Nähe unserer Sonne. Die Radcliffe-Welle kann nun, da wir verstehen, wie sie physikalisch funktioniert, unser Labor im Weltall sein und uns so zu weiteren Erkenntnissen verhelfen." Eine erste Schlussfolgerung können die Forscher*innen daraus bereits ziehen: "Die Art der Oszillation der Welle deutet darauf hin, dass es keine signifikante Menge an dunkler Materie in unserer galaktischen Nachbarschaft gibt", sagt Alves. 

Wie ist die Welle entstanden?

Als nächstes wollen die Wissenschaftler*innen klären, was zur Entstehung der Radcliffe-Welle geführt hat oder warum sie sich auf eine bestimmte Art und Weise wellt. Auch die Oszillation ist ein Rätsel – so fragen sich die Forscher*innen etwa, wie viele solcher Wellen es in unserer Milchstraße gibt bzw. in anderen Galaxien. 

Die Erkenntnisse der Forscher*innen deuten außerdem darauf hin, dass die Welle eine Art Rückgrat in unserer Galaxie darstellt, denn sie macht fast die Hälfte der Länge und ein Fünftel der Breite des lokalen Spiralarms aus. Deshalb fragen sie sich nun auch, ob die Wellenbewegungen bedeuten könnten, dass die Spiralarme von Galaxien im Allgemeinen oszillieren. "Das würde unser Verständnis von Galaxien auf spannende Art vertiefen, denn dann wären sie noch dynamischer als bisher angenommen", so Alves. All das wird Inhalt weiterer Studien sein, "die gute Zusammenarbeit zwischen der Universität Wien und der Universität Harvard in diesem Bereich wird noch einige spannende Ergebnisse bringen", sagt Alves.

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