Chinesischer Satellit wirft anderen Satelliten aus der Umlaufbahn
Am 22. Jänner verschwand der chinesische Satellit Shijian-21 oder SJ-21 aus seiner regulären Position im Orbit. Später wurde er dabei beobachtet, wie er neben einem anderen Satelliten auftauchte und diesen aus seiner geosynchronen Umlaufbahn warf.
Bei dem anderen Satelliten handelte es sich um einen ausgemusterten Satelliten des chinesischen Navigationssystem Beidou. SJ-21 hat ihn in einen einige Hundert Kilometer entferneten Friedhofsorbit befördert. Solche Friedhofsumlaufbahnen sind für Satelliten am Ende ihrer Lebensdauer vorgesehen und sollen dabei helfen Kollissionen im All zu vermeiden.
Das Manöver wurde von Teleskopen des Weltraumunternehmens Exoanalytic beobachtet: SJ-21 scheine dabei als eine Art "Weltraumschlepper" fungiert zu haben, sagt Brien Flewelling von Exoananalytic.
Die Aktion des chinesischen Satelliten lässt bei Weltraumbeobachtern die Alarmglocken schrillen, berichtet The Drive. Sie würde mehr Fragen als Antworten aufwerfen, sagt Todd Harrisson, Leiter des Aerospace Project des Center for Strategic & International Studies (CSIS). Denn was China mit der Technologie, die im konkreten Fall zur Beseitung von Weltraumschrott eingesetzt wurde, noch plane, sei völlig offen.
SJ-21, der im vergangenen Oktober in den Orbit befördert wurde, sorgte bereits davor für Aufsehen. Einen Monat nach seinem Start wurde ein unbekanntes Objekt in der Umlaufbahn neben dem chinesischen Satelliten beobachtet. Dabei könnte es sich um ein Experiment gehandelt haben, bei dem die Fähigkeit des Satelliten getestet wurde, andere Satelliten zu manipulieren, heißt es in dem Bericht von The Drive.
Das China Aerospace Studies Institute (CASI) der US Air Force vermutet, dass der Satellit, neben seiner Aufgabe Weltraumschrott zu beseitigen, auch für militärische Anwendungen vorgesehen sein könnte. Wenn SJ-21 ausgemusterte Satelliten aus der Umlaufbahn entfernen könne, hindere ihn wahrscheinlich wenig daran, dies auch mit funktionsfähigen Satelliten zu tun. Ähnliche Befürchtungen äußerte auch bereits die US Space Force.
Vielzahl von Angriffen möglich
Laut einem hochrangigen General der US-Weltraumstreitkräfte würden beinahe täglich Angriffe gegen US-Satelliten durchgeführt. Dahinter stehe nicht nur China, sondern auch Russland, sagte David Thompson im Dezember. Jeder Satellit, der in der Lage sei, in unmittelbarer Nähe zu einem anderen Satelliten zu manövrieren, könnte eine Vielzahl von Angriffen auf ihn ausführen, seine Übertragungen stören, Sensoren blenden oder ihn zerstören, heißt es.
Auch die USA arbeiten an ähnlichen Systemen. Das Rüstungsunternehmen Northrop Grumman baut derzeit einen Satelliten, der mit einem vom Forschungslabor DARPA des US-Verteidigungsministeriums entwickelten Greifarm ausgestattet ist und 2024 ins All starten soll. Offiziell soll er für den Standortwechsel und Reparaturen von Satelliten zum Einsatz kommen. In China oder Russland dürfte er zu ähnlichen Befürchtungen führen, wie jene, die nun der chinesische Satellit SJ-21 in den USA hervorruft.