Science

Elefant und Möwe inspirieren Konstrukteure

Bionik spielt in verschiedensten Industriebereichen wie Maschinenbau, Automatisierungstechnik bis hin zur Biomedizin, Automobil-Konstruktion und der Architektur eine wichtige Rolle. In puncto Energie- und Ressourceneffizienz, aber auch im funktionellen Design ist die Natur oft unschlagbar. Diesen Umstand macht sich auch das deutsche Automatisierungsunternehmen Festo zunutze, das für seinen bionischen Greifarm erst kürzlich mit dem Deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet wurde.

Elefantenrüssel als Vorbild
Der besagte Handling-Assistent ist einem Elefantenrüssel nachempfunden und soll von der Bewegungssteuerung bisher unerreichte Möglichkeiten bieten. Bei der Flexibilität orientierten sich die Festo-Entwickler an den Zigtausenden einzelnen Muskelfasern, die ein Elefantenrüssel aufweist. Um die gefahrlose Interaktion zwischen Mensch und Maschine zu ermöglichen, ist der Greifarm zudem aus leichtem Kunststoff gefertigt und wird über Druckluft betrieben.

Aber nicht nur der Elefant diente bei dem Assistenten als Vorbild. Für den mit drei adaptiven „Fingern“ ausgestatteten Greifer, der selbst Lebensmittel wie Eier, Orangen und Äpfel ohne Beschädigung aufheben kann, wurde die Struktur einer Fischflosse imitiert. Die als Fin Ray Effect patentierte Technologie garantiert besondere Flexibilität und Nachgiebigkeit des Greifers und wurde vom Kooperationspartner EvoLogics entwickelt, der ebenfalls auf dem Kongress in Berlin vertreten ist.

„Im Rahmen unserer Forschungsinitiative Bionic Learning Network loten wir seit Jahren mit Projektpartnern aus, was wir von der Natur lernen und technologisch umsetzen können“, sagt Festo-Technologiesprecher Paul Kho im Gespräch mit der futurezone. „In den Prototypen manifestieren sich unsere Visionen, aus denen wiederum interessante Funktionen und Designansätze für verschiedene Produkte und Fertigungsprozesse abgeleitet werden können“, erklärt Kho.

Manta-Roboter und Delfin-Modem
Das ebenfalls in Deutschland angesiedelte Bionik-Unternehmen EvoLogics macht derzeit vor allem durch Unterwasser-Prototypen von sich reden. So hat EvoLogics auf Basis des Fin Ray Effects einen Unterwasserroboter entwickelt, der einem Manta-Rochen nachempfunden ist. Bei der Technologie handelt es sich um ein biomechanisches Prinzip, das bei Fischflossen für die elastische Verformung entgegen der Druckrichtung sorgt. Dieses Prinzip soll eine bessere Manövrierbarkeit und Schutz bei versehentlichen Kollisionen in der Unterwasserwelt garantieren.

Die Kommunikation der Delfine diente EvoLogics beim Design eines neuartigen Unterwassermodems als Vorbild. Um Messsonden und mobile Roboter unter Wasser sicher navigieren zu können, werden Schallwellen als Signalträger eingesetzt. Um Signalstörungen zu eliminieren, wurde der Frequenzverlauf der Delfinkommunikation analysiert, die den Tieren das Abstimmen von komplexen Jagdstrategien über Kilometer hinweg ermöglicht. Dabei fanden die Forscher heraus, dass ein breitbandiges Frequenzspektrum für die Kompensation von Signal-Störungen und Unterwasserlärm eingesetzt werden kann.

Auch Pflanzenwelt als Ideengeber
Aber nicht nur die Tierwelt dient den findigen Konstrukteuren als Ideengeber. Die Universitäten Freiburg, Berlin und Aachen untersuchen derzeit die Schalenstruktur von Kokusnuss, Macadamia-Nuss sowie der Zitrusfrucht Pomelo, um Erkenntnisse für die Konstruktion von sichereren Motorradhelmen und schusssicheren Westen zu gewinnen. Denn alle drei pflanzlichen Vorbilder verfügen über resistente Schalen, die extrem stoßdämpfend sind und damit das wertvolle Fruchtfleisch im Inneren schützen.

Bei Festo will man sich indes ebenfalls nicht auf den Lorbeeren ausruhen. So wurde mit dem SmartBird gerade ein ultraleichtes Flugobjekt entwickelt, das von einer Silbermöwe inspiriert wurde. Das Besondere an dem aerodynamischen Modell ist, dass der Prototyp nur durch Flügelschlag von selbst starten, fliegen und landen kann. Ein zusätzlicher Antrieb ist nicht nötig. Der SmartBird wird der Öffentlichkeit erstmals auf der diesjährigen Hannover Messe vorgestellt.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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