Geheimer Bericht: Die meisten Mini-Atomreaktoren werden scheitern
Frankreich will in Atomkraft investieren, und das nicht zu knapp. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron rief dafür 2021 die Strategie France 2030 aus, im Zuge deren auch Kernkraft-Start-ups gefördert wurden.
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Diese Start-ups setzen auf sogenannte Small Modular Reactors (SMR), also kleine modulare Reaktoren. Als SMR gelten Atomreaktoren mit einer Leistung von maximal 700 Megawatt. Das entspricht etwa dem Block 1 des Heizkraftwerks Simmering - dem insgesamt größten Kraftwerks Österreichs, das unter Volllast ca. 50 Prozent des Wiener Strombedarfs decken kann. Die 3 Blöcke des Kraftwerks liefern zusammen mehr als 1.100 Megawatt elektrische Leistung.
Die Mini-Atomreaktoren sollen sicherer sein als ihre großen Versionen und schneller gebaut werden können. Ein Verkaufsargument ist auch der relativ günstige Anschaffungspreis: Die Reaktorteile sollen in Fabriken in großen Stückzahlen produziert und am Standort nur noch zusammengesetzt werden.
Eine Milliarde Euro für Atom-Start-ups
Eine Milliarde Euro wollte Frankreich in verschiedene Start-ups stecken, die versprechen, die Technologie voranzutreiben. Millionen wurden bereits ausgeschüttet, um den Unternehmen in der Anfangsphase der Technologie unter die Arme zu greifen. Erst dann wurden Kandidaten von Experten geprüft, um zu ermitteln, welche von ihnen das größte Potenzial beherbergten.
Doch die Prüfung endete mit einem vernichtenden Ergebnis, schreibt das französische Medium Le Point. Unter den insgesamt 12 Start-ups, die gefördert wurden, haben die meisten, laut den Gutachtern, keinerlei Zukunft. Der Reaktor eines Start-ups sollte etwa mit Plutonium betrieben werden - einem Element, das natürlich nicht vorkommt.
Laut dem Businessplan wären für den Betrieb mehrere Tausend Tonnen des Brennstoffs nötig. Weltweit werden allerdings nur etwa 1.000 Tonnen pro Jahr hergestellt. Frankreich steuert hier mit der Wiederaufbereitungsanlage La Hague etwa 10 Tonnen Plutonium pro Jahr bei. "Es ist erstaunlich, dass kein Investor und keine Person bei der staatlichen Investitionsagentur dieses Problem erkannt hat", schreiben die Gutachter.
Nur 2 Start-ups in der engeren Auswahl
Laut dem geheimen Bericht erfüllen nur 2 bis 4 Start-ups die Anforderungen, überhaupt weitere Förderungen zu erhalten. Von den restlichen Kandidaten hätte kein Start-up die geringste Chance, in naher oder ferner Zukunft wirtschaftlich zu arbeiten.
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2 Start-ups wurden als am vielversprechendsten hervorgehoben. Ein Unternehmen namens Jimmy Energy, das an einem Hochtemperatur-Mikroreaktor arbeitet und bereits auf eine geprüfte Technologie setzt. Das Unternehmen will seine Mikroreaktoren bis 2026 auf den Markt bringen. Jimmy Energys Konzept produziert allerdings keinen Strom, sondern lediglich Wärme für Industriekunden.
Das zweite Start-up, Calogena, verfolgt ein ähnliches Konzept wie Jimmy Energy. Ihr Reaktor produziert ebenfalls nur Wärme, allerdings für städtische Fernwärmenetze. Das Unternehmen gehört zur französischen Groupe Gorgé, die auch in den Bereichen Robotik und 3D-Druck tätig ist. Es beschäftigt insgesamt 2.000 Mitarbeiter in 6 Ländern.
Wie weitermachen?
Die Frage, die sich für die französische Regierung nun stellt: Ist man mit der Förderung von Atom-Start-ups auf dem richtigen Weg? Oder ist so eine Förderung lediglich rausgeschmissenes Geld? Bis 10. Dezember soll entschieden werden, wie es mit der finanziellen Unterstützung weitergeht.