Glasfaserkabel im „Strohhalm”-Design könnten das Internet schneller machen
Heutige Glasfaserkabel sind um ein Vielfaches schneller als ihre Vorgänger aus Kupfer, weil sie Informationen optisch und nicht elektrisch übertragen. Doch es geht noch schneller.
Das zeigt ein Forschungsteam der University of Southampton und Microsoft Azure Fiber mit hohlen Glasfaserkabeln. Ihre Entwicklung wurde Anfang der Woche in Nature Photonics veröffentlicht.
Kaum technologische Fortschritte in 40 Jahren
In den vergangenen 40 Jahren hätte sich die spektrale Bandbreite von siliziumbasierten Glasfasern kaum verbessert. Das neue „Strohhalm“-Design ändert dies nun – es überträgt Daten um 45 Prozent schneller und damit annähernd mit Lichtgeschwindigkeit. Auch der Signalverlust konnte in Testmessungen wesentlich verringert werden.
Die neuen Hohlfasern funktionieren auf einem breiten Spektrum von Wellenlängen. Herkömmliche dagegen sind nur im Infrarotbereich effizient. Das hat zur Folge, dass mehr Daten parallel übertragen werden können.
Statt eines herkömmlichen massiven Glaskerns setzt die neuartige Glasfaser auf einen Luftkern. Dieser ist von einer sorgfältig konstruierten gläsernen Mikrostruktur umgeben, die das Licht leitet.
Viele Röhren ineinander
Traditionelle Glasfasern werden hergestellt, indem ein Stück Glas geschmolzen und dann so lange gezogen wird, bis es die gewünschte Dicke erreicht hat. Die Produktion der neuartigen Glasfasern ist komplexer. Sie wird von dem Start-up Lumensity übernommen. Dieses war ein Spinoff der Southampton University und wurde 2022 von Microsoft übernommen.
➤ Mehr lesen: Neuer Rekord bei der Datenübertragung per Glasfaserkabel
5 Siliziumröhren, in denen jeweils wiederum 2 kleinere Röhren liegen, werden gestapelt. Außenherum kommt eine Mantelröhre. Zu Beginn hat diese einen Durchmesser von 20 Zentimetern, wird dann allerdings auf eine Stärke von nur 100 Mikrometern gezogen. Dabei werden die einzelnen Röhren unabhängig voneinander unter Druck gesetzt, damit ihre Struktur erhalten bleibt.
Weniger Verstärkungsstationen nötig
„Wir glauben wirklich, dass das bahnbrechend sein könnte“, meint Co-Autor Francesco Poletti gegenüber Nature. Derzeit verwendete Glasfaserkabel „verlieren“ alle 15 bis 20 Kilometer etwa die Hälfte des Lichts, das sie übertragen.
➤ Mehr lesen: 402 Tbit/s: Neuer Rekord bei Datenübertragung aufgestellt
An diesen Stellen sind Verstärkungsstationen nötig. „Wenn eine neue Technologie auf den Markt kommt, mit der man jedes zweite oder dritte Gebäude überspringen kann, bedeutet das eine erhebliche Kostenersparnis“, so der Forscher weiter.
Teure Herstellung
Die Herstellung der neuen Kabel ist aber noch sehr teuer, wie Michael Frosz vom Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts der deutschen Tagesschau erklärt: „Die neuen Fasern kosten 500 bis 1.000 Euro pro Meter, die bisherigen nur einige Cent pro Meter.“
➤ Mehr lesen: Weltraum-Quantencomputer aus Österreich bislang ohne Probleme
Expertinnen und Experten zeigen sich beeindruckt von der neuen Technologie: „Was man hier erreicht, ist so ziemlich die maximale Geschwindigkeit, die man sich in einem Kabel vorstellen kann“, sagt etwa Markus Schmidt vom Leibniz-Institut für Photonische Technologien gegenüber der Tagesschau. Tracy Northrup, Experimentalphysikerin an der Universität Innsbruck, betont gegenüber Nature, dass die Forschungsergebnisse sehr interessant für den Quantencomputerbereich seien.