"Home Heroes": Die Haushaltshelfer der Zukunft
Die silberne Scheibe macht sich an der Wohnzimmerwand nicht schlecht. Dass es sich dabei um einen Staubsauger handelt, ist erst zu bemerken, als sie aus ihrer Verankerung genommen und der Teleskoparm ausgezogen wird. Entworfen wurde das Gerät von Rostyslav Akselrud, der an der Fachhochschule Joanneum in Graz Industrial Design studiert. "Ein Gerät, das normalerweise in der Abstellkammer verschwindet, wird zu einer Raumskulptur", sagt Johannes Scheer, der an der Grazer Fachhochschule das Projekt betreute. Der Staubsauger werde durch Designqualitäten aufgewertet. Darüber hinaus werde mittels elektrostatischer Verfahren Feinstaub aus der Luft gefiltert.
Präsentiert wurde die Neuinterpretation des Staubsaugers vergangene Woche auf der Munich Creative Business Week. Dort zeigte der Hersteller Bosch Siemens Hausgeräte (BSH) im Rahmen der Ausstellung "Home Heroes" wie die Haushaltsgeräte von morgen aussehen könnten. Neben Studenten der Fachhochschule Joanneum erkundeten auch Studierende der Technischen Universität München (TUM), der Hochschule Coburg, der LMU München und der Middle East University of Technology (METU) in Ankara die Zukunft der Haushaltshelfer. Technologische Entwicklungen sowie veränderte Gewohnheiten und Platzverhältnisse waren dabei ebenso Thema, wie Nachhaltigkeit, Ernährung und Hygiene.
"Science Fiction wollten wir nicht"
"Wir haben uns gefragte, welche Themen uns in Zukunft beschäftigen werden", sagt Scherr. Die Technologien für die Lösungen sollten bereits vorhanden oder in Griffweite sein. so Fachhochschul-Lektor, die Geräte sollten in fünf bis zehn Jahren realisierbar sein: "Science Fiction wollten wir nicht."
Mit dem Thema Ernährung beschäftigte sich die FH-Studentin Luisa Plasczymonka. Ihr Projekt "rhiza" erfindet den Blumentopf neu - als Sechseck, aus dessen Innenseite Basilikum und Thymian sprießen.
Unter den Entwicklungen der Fachhochschule Joanneum findet sich auch ein Brotteigautomat, ein faltbarer Dampfgarer, ein Kompakt-Staubsager, der in seiner Form einem Fisch nachempfunden ist, sowie ein "Lärmschlucker", der Straßenlärm und Geräusche von Nachbarn neutralisiert.
"Sichtbarkeit, Haltbarkeit, Erreichbarkeit"
Studenten der TU München präsentierten wenige Meter weiter Lösungen für die Küche der Zukunft. Dabei stand der nachhaltige Umgang mit Lebensmitteln im Mittelpunkt. "Wichtig sind die Sichtbarkeit und die Erreichbarkeit der Lebensmittel", sagt ein Projektmitarbeiter der Hochschule. So soll verhindert werden, dass etwa Gemüse in der hinteren Ecke des Kühlschranks vergammelt und ungenießbar wird.
Das Kühlschrankkonzept "widefridge", verfügt über eine transluzente Front, die auch bei geschlossenen Türen den Blick auf gelagerte Lebensmittel freigibt. Das Projekt "frischhalten" will die Haltbarkeit von Lebensmitteln mit einem Unterdruck-Haltesystem erhöhen. Der "dining table", ein modulares System zur Verwahrung und Verarbeitung von Lebensmitteln, bietet flexible einsehbare Lagermodule, in denen Fleisch, Gemüse und Obst gut erreichbar und sichtbar, gemäß der eigenen Bedürfnisse aufbewahrt werden können.
Bewusster Umgang mit Lebensmitteln
Das Selbstschulungstool "check chonson" animiert zur spielerischen Überprüfung von Nahrungsmittel mittels Druckpad. Der Küchenhelfer "km 2012" soll es Kinder ermöglichen, an der Zubereitung von Essen mitzumachen und zu einem bewusstem Umgang mit Lebensmitteln beitragen. "Der beginnt bereits im Kindesalter", so das Projektteam.
Hinterfragt wurde auch die Küche selbst. Das Projekt "Eine Küche?" von Studenten der TU München dampft die Grundausstattung radikal ein. Studierende der Hochschule Coburg untersuchten, wie sich die Küche besser in die Wohnumgebung integrieren lässt. Die Feuerstelle "Takka" ermöglicht es etwa, Speisen auf vorgeheizten Steinen zu erwärmen oder zu braten. Auf dem mit Induktionsspulen bestückten Tisch "Kopa" kann die Kochzone frei gewählt werden.
"Für beide Seiten fruchtbar"
Kooperationen von Hochschulen mit Unternehmen, wie jene bei den "Home Heroes", seien für beide Seiten fruchtbar, sagt Gerhard Heufler, Leiter des Studiengangs Industrial Design an der FH Joanneum. "Wir bekommen von den Unternehmen Einblick in ihr Know-how und ihre Vorgangsweisen, umgekehrt bekommen sie Denkanstösse, die sie in ihrer Tagesarbeit überhaupt nicht machen könnten."
"Impulse geben"
Ob und wie die Projekte weiterverfolgt werden, sei schwer vorauszusagen, sagt Johannes Scheer, der an der FH das Projekt betreute. Bei "Home Heroes" sei es auch darum gegangen, Impulse zu geben. Gesucht wurden Lösungen für künftige Bedürfnisse: "Uns war wichtig Haushaltsgeräte nicht neu zu verpacken, sondern auch neue Anwendungsbeispiele zu finden."
Technologie spiele bei den Haushaltshelfern der Zukunft eine wichtige Rolle. Das Digitale wird selbstverständlich werden. Aber auch das Analoge werde wieder an Bedeutung gewinnen, so Scheer: "Der Mensch wird von physischen Produkten umgeben sein, mit denen er sich wohlfühlen wird und die für ihn einfach handhabbar sein sollen."