Experten von NASA und ESA überlegen, wie spät es auf dem Mond ist
Die NASA arbeitet an einer Mondbasis, in der in naher Zukunft Menschen leben sollen. Eine von vielen offenen Fragen ist dabei, nach welcher Uhrzeit man sich dort richten soll. Noch gibt es nämlich keine offizielle Mondzeit. Doch sobald Menschen dort dauerhaft leben und arbeiten sollen, ist es nötig, diese Zeit festzulegen.
Wissenschaftler*innen weltweit diskutieren deshalb über mögliche Optionen, berichtet das Fachmagazin nature. Internationale Forscher*innen trafen sich demnach zum Austausch über Lösungen zu dem Thema im November in den Niederlanden. Sie müssen sich in den kommenden Jahren einig werden, um ein Zeit-Chaos auf dem Mond zu verhindern.
Alternative zur koordinierten Weltzeit gesucht
Bislang war es so, dass Mond-Expeditionen sich an der koordinierten Weltzeit UTC orientieren, sich aber untereinander nicht synchronisieren. Bei einer bisher überschaubaren Anzahl an Raumschiffen und Missionen auf und um den Mond stellte das kein größeres Problem dar. Die UTC wird auch auf der ISS genutzt.
Mit der geplanten Errichtung von permanenten Basen auf dem Erdtrabanten, die zu einem signifikanten Anstieg von Menschen und Fahrzeugen dort führen wird, braucht es aber einen neuen Ansatz. Jörg Hahn, Experte der Europäischen Raumfahrtagentur ESA, sehen deshalb die Notwendigkeit einer gemeinsamen Mondzeit, um Kooperation und Kommunikation möglich zu machen: „All das muss auf eine Art Zeitbezug zurückgeführt werden, sonst herrscht Chaos und die Dinge passen nicht zusammen“, so Hahn zu nature
Satellitennavigation
Besonders wichtig sei dies, um Positionen auf dem Mond mithilfe eines globales Navigationssatellitensystem (GNSS) bestimmen zu können. Die ESA arbeitet etwa mit dem Projekt Moonlight an einer entsprechenden Satellitenkonstellation.
Die Koordinaten einer Person oder eines Fahrzeugs werden mit den Satelliten bestimmt. Die Zeit, die die Signale von jedem der Satelliten zu der besagten Stelle brauchen, ergibt dabei die Position. Grundvoraussetzung dafür ist eine universell gültige Zeit.
Zeit vergeht schneller
Auf dem Mond ticken die Uhren der Relativitätstheorie zufolge etwas schneller. Weil der Mond ein schwächeres Gravitationsfeld als die Erde hat, schätzt die NASA-Wissenschaftlerin Cheryl Gramling, dass die Zeit dort pro 24 Stunden 56 Mikrosekunden - also 56 Millionstel einer Sekunde - schneller läuft. Und auch diese winzige Verschiebung kann einen großen Unterschied machen, wenn es um Ortsbestimmungen und Kommunikation geht.
Atomuhren auf dem Mond
Auf dieser Basis gibt es mehrere Möglichkeiten, die neue Mondzeit zu bestimmen: Die von mehreren Atomuhren auf dem Himmelskörper gemessene Zeit könnte in regelmäßigen Abständen an die koordinierte Weltzeit angepasst werden, sodass Erde und Mond synchronisiert sind.
Möglich wäre aber auch, die minimal schneller laufende Zeit auf dem Mond eigenständig fortlaufen zu lassen und den wachsenden Unterschied zur koordinierten Weltzeit darzustellen. Hierbei stellt sich auch die Frage, wo diese Uhren aufgestellt würden. Je nach Höhenlage laufen sie dort wie auf der Erde schneller oder langsamer. "Die Uhren könnten im Mondorbit oder auf der Oberfläche sein", sagt Hahn. Das diskutiere man derzeit mit den NASA-Kolleg*innen.
Zeitzonen und Schlafrhythmus
Unabhängige Zeiten könnten laut nature vor allem mit Blick auf die zukünftige Besiedelung weiterer Himmelskörper, bei denen eine zeitliche Synchronisierung mit der Erde logistisch schwieriger wäre, Sinn machen. Eine weitere Frage, die sich stellt, ist jene, ob Mondregionen wie auf der Erde in unterschiedliche Zeitzonen eingeteilt werden sollen.
In jedem Fall ist es aber wahrscheinlich, dass das 24-Stunden-System der Erde auch für Menschen im All bedeutend bleibt, Grund ist unter anderem der natürliche Schlafrhythmus - auf dem Mond nämlich dauert es von Mittag bis Mittag im Schnitt 29,5 Tage.