Die neue Mondrakete der NASA ist überholt und überteuert
Die Mondlandung ist auch über 50 Jahre später noch immer die große Errungenschaft der amerikanischen Raumfahrt. Mit Artemis, dem Nachfolger des legendären Apollo-Programms, will die NASA daran anknüpfen und Menschen wieder auf den Mond bringen.
Um erneut Geschichte zu schreiben, ist eine neue Generation von Raketen notwendig. Das Herzstück ist das Space Launch System (SLS).
Nach vielen Verzögerungen rollte die neue Rakete vor wenigen Tagen auf die Startrampe des Kennedy Space Center in Florida (futurezone berichtete). Erstmals abheben soll sie Ende Mai. Der Testflug wird unbemannt sein und die oben aufsitzende Orion-Raumkapsel in einen Orbit um den Mond bringen.
Entwickelt wird die Rakete seit 2011. Erstmals sollte sie eigentlich 2016 starten, bisher blieb sie aber am Boden. Bis 2021 wurden 21,2 Milliarden US-Dollar dafür ausgegeben. Rechnet man mit dem „NASA New Start Inflationsindex“ entspricht das 23 Milliarden Dollar. Bis 2025 werden die Gesamtkosten laut NASA auf 93 Milliarden Dollar klettern.
4,1 Milliarden Dollar pro Start
Die Starts selbst sollen außerdem enorme Summen kosten. Offiziell setzt die NASA pro Launch 4,1 Milliarden Dollar an. Zum Vergleich: Laut SpaceX-Chef Elon Musk kostet ein Start der ähnlichen Rakete Falcon Heavy 150 Millionen Dollar. Die Delta IV Heavy der United Launch Alliance (ULA) kostet 400 Millionen Dollar.
Besonders in der Kritik steht, dass SLS nur für einen Zweck gedacht ist: die Artemis-Missionen. Während andere Raketen Geld in die Kassen spülen, indem sie bezahlte Nutzlast wie Satelliten für Kunden ins All bringen, ist für die SLS keine kommerzielle Nutzung geplant.
Kritik an Boeing
Anfang März äußerte sich der NASA-Generalinspekteur Paul Martin zu den horrenden Kosten. Seine Aufgabe ist es, die Tätigkeiten der NASA zu kontrollieren und der kam er mit harscher Kritik nach. Er berichtete dem US-Parlament, dieses Launch-Budget sei „nicht aufrechtzuerhalten“.
Die Entwicklungsleistung der NASA und der Partnerfirmen sei miserabel, insbesondere Boeing fiel mit schlechter Planung und Ausführung negativ auf. An dieser Stelle gilt zu Bedenken, dass SLS die bereits entwickelten Bauteile des Space Shuttles verwendet, deren Technik aus den 1980er Jahren stammt.
Konkurrent Starship
Gleichzeitig arbeitet SpaceX am riesigen Starship, das SLS mit einer mehr als doppelt so großen Nutzlast (100 Tonnen) in den Schatten stellen soll. SLS soll in der finalen Bauphase "Block 2" mit einer Nutzlast (bemannt) von 43 Tonnen zum Mondorbit fliegen.
Damit wäre SLS nicht nur technisch überholt, sondern auch nicht mehr als stärkste Rakete der Welt symbolträchtig. Anders als beim SLS sollen Teile des Starship wiederverwertbar sein, was die Startkosten langfristig reduziert.
Elon Musk glaubt, dass innerhalb von 3 Jahren nur 10 Millionen Dollar pro Start anfallen sollen – eine sehr optimistische Schätzung. Doch auch wenn es das Zehnfache kosten würde, wäre es günstiger als SLS.
Verwunderlich ist daher, dass die NASA nicht enger mit SpaceX zusammenarbeitet, wie es bereits beim Transport von Astronaut*innen zur ISS geschieht. Zumal die NASA ohnehin Starts mit Starship für die Artemis-Mission plant – und sich mit 2,9 Milliarden Dollar an den Entwicklungskosten beteiligt.
Die gute alte Zeit
Das führt unweigerlich zu der Frage, warum die NASA dieses Projekt durchsetzen will. Ein Grund zeigt sich auf der Rakete selbst. Statt ein modernes Design sieht man das „Wurm“-Logo der 1970er (futurezone berichtete). Es erinnert an die glorreiche Zeit amerikanischer Raumfahrt und macht SLS zu einem teuren Prestige-Symbol. Die Entwicklung jetzt einzustellen, wäre nach den bisher investierten Milliarden schwer vertretbar.
Zudem sind alle Partner – Boeing, ULA, Northrop Grumman, Aerojet Rocketdyne – in den USA ansässig. Die Gelder fließen in die heimische Industrie, was großen Zuspruch im Kongress erhält, der die Budgets freigibt.
Häufiger als einmal pro Jahr kann SLS ohnehin nicht starten, weshalb man wohl versuchen wird, die Gelder weiterhin zugunsten der amerikanischen Firmen zu verteilen. Ob man langfristig gänzlich ohne kommerzielle Flüge auskommen wird, ist aber fraglich.