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Neue Funkkarte für Wiener Öffis in Planung

85 Prozent der Menschen, die in Londons Underground unterwegs sind, verwenden zum Bezahlen die Oyster-Card. Mit der kontaktlosen Karte kann man auch in Bussen bezahlen oder in der National Rail in den Vororten von London. "Bisher wurden rund 50 Millionen Karten produziert, täglich werden etwa 20.000 neue Karten ausgegeben", erzählt Brian Dobson, der maßgeblich an der Entwicklung der Oyster-Card für London beteiligt war.

Wien liebäugelt mit der Funkkarte
Eine derartige kontaktlose Mobilitätskarte wäre auch "eine große Chance für Wien", heißt es aus dem Büro der Wiener Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou. Solch eine Lösung könnte Branchen-übergreifend eingesetzt werden, um Verkehrs-, Freizeit- und Kulturangebote  in Wien zu bündeln. "In anderen Städten sind solche Karten bereits im Einsatz und bringen einen massiven Modernisierungsschub für unsere Alltagsgewohnheiten. Sie bringen Komfort bei der Nutzung von Öffis, Carsharing, Leihrädern aber auch Kulturveranstaltungen oder Bädern. Je schneller in Wien eine solche Karte umgesetzt werden kann, desto besser."

Mit klugen "Contracting-Modellen" würden sich hohe Anfangsinvestitionen in Grenzen halten, heißt es weiters aus dem Büro von Vassilakou. "Auch in Österreich gibt es Firmen, die sowohl technisch als auch finanziell in der Lage wären, ein solches Contracting-Modell für die Wiener Mobilitätskarte auf die Beine zu stellen." Zuständig sei man dafür allerdings im Resort für Stadtentwicklung und Verkehr nicht. Einer grundsätzlichen Einführung einer derartigen Karte stehe man allerdings positiv gegenüber.

Das Original aus London
Die Entwicklung der britischen Karte dauerte Jahre. Bereits 1997 hat man damit begonnen. "Unser Ziel damals war es, die Menschenschlangen beim Ticketschalter zu reduzieren und Betrugsversuche zu reduzieren", sagt Dobson zur futurezone. "Ein neues Ticketing-System zu entwickeln war ein großes Projekt.

Wir haben mit Menschen, die sich Monatstickets gekauft haben, begonnen, um das System dann schrittweise auszubauen. Das hat über drei Jahre gedauert und zahlreiche Test erfordert. Wenn etwas von Millionen Menschen pro Tag genutzt wird, muss es auch funktionieren", erklärt Dobson. Seit 2003 existiert die Oyster-Card in verschiedenen Varianten. Neben einer personalisierten Version gibt es sie auch anonym als "Pay-as-you-go"-Variante oder als "Sieben-Tages-Travel-Card". An vielen Haltestellen befinden sich Automaten, an denen das Guthaben der Karte manuell aufgeladen werden kann.

Karte sucht sich Ticketpreis nach Wegstrecke aus
Während bei Busfahrten die Karte nur beim Einsteigen in Sekundenschnelle über ein kontaktloses Kartenlesegerät gezogen werden muss und ein fixer Betrag abgebucht wird, muss man bei Fahrten mit der Underground oder der National Rail die Karte beim Betreten als auch beim Verlassen ans Lesegerät halten. Dadurch kann der Fahrpreis anhand des Start- und Zielbahnhofes nach einem Zonenmodell ermittelt werden - der Maximalbetrag überschreitet dabei nicht den Preis einer Tageskarte. Beim Londoner Streckennetz ist die Entwicklung eines derartigen Projekts wahrlich eine Herausforderung - die funktioniert hat, denn sonst würde die Karte nicht von 85 Prozent der Menschen und acht Millionen Menschen pro Tag genutzt werden.

Andere Städte haben Karte schon adaptiert
"Das Konzept der Oyster-Card wurde bereits dutzende Male kopiert", sagt Dobson. Viele Verkehrsunternehmen weltweit haben sich daran orientiert. Das jüngste Projekt kommt beispielsweise aus Schottland und heißt Saltire Card. Mit Hongkongs Octopus-Card, die es ebenfalls bereits seit Jahren gibt und die bei der Bevölkerung eine noch größere Akzeptanz als die Oyster Card hat, gab es von Anfang an eine Kooperation mit London. "Wir haben uns gegenseitig zugehört und Ideen ausgetauscht. Das war für den Erfolg der Projekte sehr wichtig, dass die Transportunternehmen da zusammengarbeitet haben", sagt Dobson. "Es hängt stark vom Land und der Tatsache ab, ob Transportunternehmen auf geschlossene Systeme, also einen Zugang zu den öffentlichen Verkehrsmitteln mit Schranken, setzen", meint Dobson.

Wien: "Arbeiten an Entwicklung einer Mobilitätskarte"
Obwohl es in Wien ein solch "offenes System" ohne physische Zutrittsbarrieren gibt, denken die Wiener Linien und die Stadt Wien derzeit über die Einführung einer kontaktlosen "Mobilitätskarte" nach dem Londoner Vorbild nach. "Wir arbeiten an der Entwicklung einer Mobilitätskarte", bestätigen die Wiener Linien eine Anfrage der futurezone. Man sei derzeit mit unterschiedlichen Projektpartnern in Gesprächen, heißt es. Diese seien allerdings noch "am Anfang". Fest geht aber bereits jetzt: Die Mobilitätskarte soll in Wien neben den Öffis auch bei Citybike-Stationen oder Leihautos zum Einsatz kommen.

NFC-Kreditkarte funktioniert Ende 2012 bei Bussen
Ein Grund für die Überlegungen könnte sein, dass sich die "Kontaktlos"-Technologie seit der Einführung der Oyster-Card  weiterentwickelt hat. Mittlerweile setzen Kreditkartenfirmen wie MasterCard oder Visa bei ihren Karten auf die Integration eines NFC-Chips. Auch viele Mobiltlefone haben NFC-Chips integriert, eigentlich bieten alle marktrelevanten Hersteller außer Apple entsprechende Geräte an.

Auch die Möglichkeit künftig mit einer NFC-fähigen Visa- oder MasterCard-Kreditkarte kontaktlos Bustickets zu lösen, ist nicht mehr in allzu weiter Ferne. "Bis zum Ende des Jahres wird Tap & Pay mit der Kreditkarte in mehr als 8000 Londoner Bussen eingeführt", erzählt Dobson. Eigentlich hätte dies bereits zu den Olympischen Spielen im Sommer möglich sein sollen, man wollte jedoch nicht riskieren, dass es in dieser heiklen Zeit durch eine überhastete Umstellung zu Verzögerungen beim Transport kommt, lautet die offizielle Begründung für die Verzögerung.

Bei NFC-Smartphones gestaltet sich die Einführung im Londoner Transportsystem nicht so einfach. Zwar gab es bereits im November 2007 zusammen mit O2 und der Barclaycard einen ersten Pilotversuch, der damals noch mit dem Nokia 6131, einem der ersten NFC-fähigen Handys, durchgeführt wurde. Bei dem Piloten lag die Kundenakzeptanz bei 92 Prozent und Dobson schwärmt: "Ich kann heute noch mit meinem Nokia-Modell zahlen." Dennoch ist man von einer Einführung auch fünf Jahre später noch weit entfernt.

SIM-Karte kommuniziert nicht schnell genug mit Terminal
Laut Shashi Verma, Leiter der Abteilung für Kundenerfahrung bei Transport of London, ist die Technologie noch nicht bereit. Nach 2007 wurden in diversen Gremien neue Standards definiert. Seither sei es nicht mehr möglich, die Leute mit NFC-Smartphones schnell genug durch die Schranken zu lotsen. Statt 25 Leute könnten nur noch 15 innerhalb von einer Minute abgefertigt werden, erklärt Dobson. Schuld daran soll die NFC-SIM-Karte sein. Diese sei seit der Umstellung der Standards einfach nicht mehr schnell genug, heißt es. Die Grenze von 500 Millisekunden werde damit nicht erreicht.

Verma ortet noch ein weiteres Problem, warum es zu früh ist, um mit NFC-Smartphones die Oyster Card zu ersetzen. Neben der fehlenden Schnelligkeit der SIM-Karten, die mit den Lesegeräten beim Londoner Transportsystem kommunizieren müssen, seien auch die notwendigen Schritte, die die Kunden vor dem kontaktlosen Bezahlen mit dem Smartphone durchführen müssen, noch viel zu kompliziert. "Wenn man zwölf Schritte auf seinem Handy durchführen muss, um die Möglichkeit zu nutzen, ist das ein Rohrkrepierer", sagt Verma gegenüber der "NFC Times". Erst wenn der Vorgang so einfach sei wie das Runterladen einer App über den App Store, dann sei die Technologie reif dafür, so Verma.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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