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Salat aus dem Hochhaus: Wie es um Vertical Farming steht

Bereits seit vielen Jahren kursiert der Begriff Vertical Farming, wenn es um nachhaltige Landwirtschaft in urbanen Ballungszentren geht. Im Mainstream ist das Konzept aber noch lange nicht angekommen. Es werde schon lange darüber geredet, allerdings wurde bislang noch wenig gebaut, erklärt Daniel Podmirseg vom der multidisziplinären Forschungseinrichtung Vertical Farm Institute (vfi) in Wien. Beim Austrian Innovation Forum am 11. Oktober wird er über seine Arbeit reden und darüber, warum man sich näher mit Vertical Farming beschäftigen sollte. 

„Eine der Hauptschwierigkeiten sind hohe Investitionskosten und wir haben viel zu wenig Prototypen“, so Podmirseg. Genau daran arbeite das vfi gerade. Ein weiterer Grund dafür, dass bislang auf dem Bereich wenig realisiert wurde, ist die fehlende Datengrundlage für den Bau und Betrieb einer vertikalen Farm.

„Forschung radikal intensiviert“

Laut Podmirseg ändert sich genau dieser Umstand nun. Das habe zum einen mit Grundlagenforschung in dem Bereich zu tun. „Die Forschung wird radikal intensiviert“, so der Forscher. „Das hat zum einen damit zu tun, dass uns die Landfläche ausgeht und dass wir enorm unter Bodenerosionen leiden." Seit 2009 gibt es außerdem immer mehr sogenannte „Plant Factories“. Besonders in Japan erlebt diese Technologie einen Boom. „Da gibt es eine ganz andere psychologische Akzeptanz dafür als in Europa, Stichwort Fukushima“, so Podmirseg.

Eines der größten Probleme der vertikalen Farmen ist der Energieverbrauch, wie Podmirseg erklärt. Das vfi nutzt diesem Zweck eine Simulationssoftware, mit der jener genau berechnet werden kann. Für eine Tomate brauche man 268 Kilowattstunden pro Quadratmeter, wenn man sie im geschlossenen Raum aufzieht. „Das ist irrsinnig viel“, so Podmirseg, das kann nicht die Antwort sein. Hier müsse noch viel passieren.

„Wir kommen nicht Drumherum“

Podmirseg zufolge führt künftig aber kein Weg an vertikalen Farmen vorbei: „Wir kommen nicht Drumherum, einen gewissen Prozentsatz der Lebensmittel dort anzubauen, wo sie konsumiert werden“. Das seien neben Hochhäusern auch andere ungenutzte Flächen in der Stadt, wie etwa Flachdächer oder Keller.

Unter anderem würde das im Krisenfall zur Versorgungssicherheit beitragen. Dazu kämen unmittelbar positive Auswirkungen auf die Menschen, die in der Umgebung leben. Als Beispiel nennt er hier die Vertical Farm in Jackson Wyoming, das sich auch zu einem Hotspot für die Anwohner entwickelt hat.

Österreich als Pionierland

Österreich ist laut Podmirseg ein Pionierland auf dem Gebiet. Hierzulande wurden die ersten vertikalen Farmen gebaut. Bereits in den 60er Jahren gab es etwa in Langenlois die ersten Prototypen, die von der Firma Ruthner gebaut wurden.  

Insgesamt 40 solcher Türme wurden mit Mitte der 80er weltweit gebaut, einer steht heute noch im Kurpark Oberlaa. „Um den kümmere ich mich jetzt sehr intensiv“, so der vfi-Gründer. Aktuell arbeitet das vfi daran, das Archiv der Firma Ruthner zu durchforsten und durchzuarbeiten. Die Firma Ruthner existiert seit Ende der 80er nicht mehr. „Seitdem liegen viele gute Ideen in irgendwelchen Schubladen“, erklärt Podmirseg.

Die Kostenfrage

Podmirseg hat auch gemeinsam mit der Wirtschaftsuniversität Wien an einem Business-Model für eine vertikale Farm gearbeitet. Dabei stellte sich heraus, dass die Produktion von Gemüse immer noch sehr teuer ist: „Wenn ich mich mit einem konventionellen Salatpreis aus dem Supermarkt messen muss, kann ich es vergessen“, so der Forscher.

Das Problem sei, dass im Lebensmittelhandel zu wenig Kostenwahrheit herrsche. Zusätzlich zu dem Preis, den man im Supermarkt bezahlt, bezahlen Konsumenten noch in Form ihrer Steuern, die wiederum als Investitionen in die Landwirtschaft fließen. Die wahren Kosten für Lebensmittel liegen weit höher. „Würden wir im Supermarkt Realpreise bezahlen, würde die Situation anders aussehen“.

Dieser Artikel ist im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Austrian Innovation Forum entstanden.

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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