Schwarze Löcher könnten durchsichtige Sterne sein
Der erste tatsächliche Foto eines Schwarzen Loches war die astronomische Sensation des Jahres 2019. Der Schnappschuss, der einen dunklen Fleck mit einem leuchtenden Ring zeigte, bestätigte viele Theorien und Beobachtungen der Astrophysik. Einige Forscher wollten nun auf Nummer sicher gehen und überprüfen, ob es sich bei dem vermeintlichen Schwarzen Loch tatsächlich um das besagte Phänomen oder um ein ähnlich mysteriöses Objekt handeln könnte: ein durchsichtiger Bosonenstern.
Hypothetisches Phänomen
Derartige Sterne, die bisher aber noch nicht nachgewiesen werden konnten, können der Theorie zufolge wie Schwarze Löcher eine millionenfache Sonnenmasse und eine enorme Dichte erreichen. Anders als herkömmliche Sterne bestehen sie aber nicht aus Fermionen-Teilchen, sondern aus Bosonen, zu denen auch das Higgs-Teilchen zählt. Diese Art von Teilchen werden auch immer wieder mit hypothetischer Dunkler Materie in Verbindung gebracht, deren Existenz ebenfalls noch nicht zweifelsfrei nachgewiesen ist - eben weil sie nicht sichtbar ist.
In einer Simulation wollte ein Team rund um den Astrophysiker Hector Olivares von der Radboud Universität in den Niederlanden herausfinden, wie ein Bosonenstern durch unsere Teleskope aussehen würde und ob es sich beim Schwarzen Loch M87 auch um dieses alternative Phänomen handeln könnte. Denn wie bei einem Schwarzen Loch könnten Bosonensterne von einem rotierenden Plasmaring umgeben sein. Sie selbst sind unsichtbar, weil sie über keine Oberfläche verfügen, die etwa Photonen auf ihrem Weg stoppen könnte.
Schatten vs Schatten
Das Simulationsexperiment endete mit einem wenig überraschenden Fazit. Das fotografierte Schwarze Loch kann demnach nicht ein Bosonenstern sein, da der Schatten eines derartigen Sterns viel kleiner sein müsste als der Schatten eines Schwarzen Loches mit einer ähnlichen Masse. Die Erkenntnis ist den Wissenschaftlern zufolge aber kein Beweis, dass das Weltall nicht doch voll von derartigen Bosonensternen sein könnte. Vielmehr wollen die Forscher ihre Berechnungen nutzen, um andere entdeckte Schwarze Löcher zu untersuchen und so herauszufinden, ob sich unter diesen nicht ein Nachweis für einen Bosonenstern finden lässt.
"Das Wachstum supermassiver Schwarzer Löcher wird noch nicht gut verstanden. Sollte sich tatsächlich herausstellen, dass zumindest einige der Kandidaten in Wahrheit Bosonensterne sind, müssten wir diverse Entstehungsmechanismen komplett überdenken", erklärt Olivares. Ein derartiger Beweis würde auch nicht zwangsläufig bedeuten, dass supermassive Schwarze Löcher generell nicht existieren. Da die Bandbreite dieser Phänomene so groß sei, bleibe mehr als genug Platz, dass sich neben den Schwarzen Löcher auch derartige Sterne im All befinden, ist Olivares überzeugt.