Tandem-Solarzellen knacken die wichtige 30-Prozent-Marke
Der Wirkungsgrad einer Solarzelle verrät, wie effizient diese arbeitet. Vereinfacht gesagt gibt der Prozentsatz an, wie viel der einstrahlenden Lichtenergie zu elektrischer Energie umgewandelt werden kann. Je höher der Wirkungsgrad, desto mehr Strom wird produziert.
Heute gängige Solarzellen nutzen Silizium als Basismaterial. Die modernsten in Massenproduktion haben Wirkungsgrade von etwa 24,5 Prozent. Das theoretische Maximum liegt, aufgrund der Gesetze der Physik, bei 29 Prozent. Daher gilt es als wichtiger Durchbruch, diesen Wert mit Photovoltaik zu übertreffen.
Jetzt ist es gleich 2 Forschungsteams diese Woche gelungen, die symbolische 30-Prozent-Marke zu überschreiten – mit Tandem-Solarzellen.
Perowskit absorbiert blaues Licht
Diese nutzen statt nur Silizium ein zweites Material. Die meisten Forschungsprojekte setzen dafür auf das Mineral Perowskit. Der Trick dabei ist, dass Silizium primär den Rotanteil im Sonnenlicht absorbiert. Perowskit hingegen absorbiert den Blauanteil.
Damit wurde die 30-Prozent-Marke in den vergangenen Jahren bereits geknackt. Jetzt häufen sich die Berichte dazu – was einen positiven Trend bei der Entwicklung erkennen lässt.
Allein diese Woche erschienen 2 neue Studien dazu. Ein Team am Helmholtz-Zentrum Berlin hat 32,5 Prozent Wirkungsgrad erzielt. Am Schweizer EPFL wurden 31,25 Prozent erreicht. Zählt man die Indoor-Perowskit-Zelle der thailändischen Mahidol-Universität dazu, sind es sogar 3. Die erreicht einen Spitzenwert von 30,7 Prozent.
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Das Jahr der Perowskit
Im Juni verkündete das chinesische Unternehmen LONGi sogar 33,5 Prozent Wirkungsgrad bei seiner Forschung. Auch dieser Wert wurde eigentlich schon geschlagen, ebenfalls im Juni. In einem anderen Projekt am Helmholtz-Zentrum wurden 33,7 Prozent erreicht – die Ergebnisse wurden aber noch nicht als Studie veröffentlicht.
Einige Forschende riefen 2023 deshalb schon zum Jahr der Perowskit aus. Sie rechnen mit weiteren Rekorden.
Auf die Größe kommt es an
Rekorde alleine reichen aber nicht. Die Wirkungsgrade über 30 Prozent wurden bisher mit Solarzellen im Format 1 x 1cm erreicht. Das ist zu klein für die Massenfertigung. Die experimentellen Tandem-Solarzellen müssen deshalb auf die Größe 15 x 15cm gebracht werden.
Im Mai schaffte es immerhin der britische Hersteller Oxford PV eine kommerzielle Tandem-Solarzelle im Format 15 x 15cm mit einem Wirkungsgrad von 28,6 Prozent herzustellen. Das Besondere dabei ist, dass diese Tandem-Solarzellen in den selben Fertigungsanlagen wie kommerzielle Solarzellen hergestellt werden kann – das senkt die Produktionskosten.
Haltbarkeit ist noch zu gering
Der höhere Preis ist nicht das einzige Problem der aufstrebenden Technologie. Silizium-Solarzellen behalten nach 25 Jahren 80 bis 90 Prozent ihrer Ursprungsleistung bei. Nach dem derzeitigen Wissensstand ist das mit Tandem-Solarzellen nicht möglich, da Perowskit-Kristalle instabil sind.
Bei den aktuellen Forschungen des deutschen und Schweizer Teams haben im Grunde beide mit unterschiedlichen Methoden, aber derselben Idee, gearbeitet. Die Perowskit-Schicht wurde mit organischen Molekülen überzogen, die kleine Defekte der Perowskit-Kristalle ausgleichen.
An der Langzeithaltbarkeit hapert es aber bei beiden. Bei einer Gruppe fiel schon nach 66 Stunden Sonnenlicht die Leistung auf unter 80 Prozent. Bei der anderen waren es immerhin 347 Stunden.
Wirkungsgrad von 35 Prozent erwartet
Es gibt bereits andere Forschungen, die die Lebensdauer von Perowskit-Solarzellen erhöhen, die aber eben nicht die hohen Wirkungsgrade erreichen. Es liegt also an den Forschenden und Herstellern, die Methoden zusammenzuführen, um serienreife Produkte zu erreichen.
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Sollte das gelingen, gehen Photovoltaik-Expert*innen davon aus, dass mehr als 35 Prozent Wirkungsgrad mit kommerziellen Tandem-Solarzellen erreicht werden kann. Die Preise werden zu Beginn deutlich höher als die normaler Solarzellen sein. Aufgrund des höheren Wirkungsgrad und der steigenden Strompreise würden sich die Tandem-Solarzellen aber schneller amortisieren – so die Einschätzungen der Expert*innen.