Termitenhügel als Vorbild für energiesparende Klimatisierung
Die besondere Art der Belüftung von Termitenhügeln könnte in Gebäuden für eine energiesparende Klimatisierung sorgen. Das schließen David Andréen von der Lund University in Lund (Schweden) und Rupert Soar von der Nottingham Trent University in Nottingham (Großbritannien) aus Versuchen mit dem Ausgangskomplex eines Termitenhügels. Die Bauweise der Tunnel sorgt für Turbulenzen der Luft, die von leichtem Wind in die Öffnungen geblasen wird.
Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftaustausch
Die beiden Forscher haben ihre Erkenntnisse in der Fachzeitschrift "Frontiers in Materials" veröffentlicht. "Wenn Sie ein Gebäude belüften, möchten Sie das empfindliche Gleichgewicht von Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Inneren aufrechterhalten, ohne die Bewegung verbrauchter Luft nach außen und frischer Luft nach innen zu behindern - die meisten Klimaanlagen haben damit zu kämpfen", erklärte Soar. Bei der Termitenart Macrotermes michaelseni in Namibia fanden die Forscher an der steilen Spitze des Hügels einen Ausgangskomplex, der während der Regenzeit (November bis April) hauptsächlich die Nordseite des Hügels durchdringt.
Es ist bereits vermutet worden, dass der Ausgangskomplex unter anderem dazu dient, überschüssige Feuchtigkeit aus dem Hügel zu transportieren. Wie dies genau funktioniert, war jedoch unklar. Einen Teil eines Ausgangskomplexes, der 2005 einem Termitenhügel in Namibia entnommen worden war, scannten die Wissenschafter dreidimensional ein und reproduzierten ihn mittels eines 3D-Druckers. An diesem Replikat führten sie Versuche durch, etwa mit pulsierenden Luftbewegungen, die sie mit Lautsprechern erzeugten. Dabei stellten sie fest, dass eine Pulsfrequenz von 30 bis 40 Hertz zu der größten Luftbewegung führte.
Kleine Öffnungen
Eine Kolonie von Macrotermes michaelseni kann mehr als eine Million Termiten umfassen. Dennoch sind die außen gelegenen Tunnel des Ausgangskomplexes mit einem Durchmesser von drei bis fünf Millimetern recht klein. Erst zum Inneren hin erweitern sich die Tunnel auf Durchmesser von 15 bis 25 Millimetern. Ihren 3D-Versuchen mit Luft und 2D-Versuchen mit Wasser entnahmen Andréen und Soar, dass die netzartigen Strukturen der Tunnel für Turbulenzen sorgen, die die Luft (oder das Wasser) recht schnell ins Innere eindringen lassen. Die Höchstmenge bewegter Luft betrug dabei, auf den Quadratmeter gerechnet, 1,8 Liter pro Sekunde.
Die Turbulenzen bewirken nicht nur ein tiefes Eindringen der Luft, wenn sie lediglich einige Millimeter in die Öffnungen geblasen wird. Die verwirbelte Luft kommt auch immer wieder mit der Tunnelwand in Kontakt, an der Pollen und andere Schwebstoffe der Luft teilweise abgeschieden werden. Es entsteht also auch eine Filterfunktion. Die turbulente Luft sorgt zudem dafür, dass sich an den Tunnelwänden kein Feuchtigkeitsfilm halten kann, der zur Schimmelbildung und ähnlich ungünstigen Verhältnissen führen könnte.
3D-Druck von Gebäudewänden
"Wir stellen uns vor, dass Gebäudewände, die mit neuen Technologien wie Pulverbettdruckern hergestellt werden, in Zukunft Netzwerke enthalten werden, die dem Ausgangskomplex ähneln", sagte Andréen. Die Netzwerke könnten es ermöglichen, Luft durch eingebettete Sensoren und Aktoren zu bewegen, die nur winzige Mengen Energie benötigen. Auf diese Weise könnte künftig die Gebäudehülle selbst oder sogar das komplette Innere eines Gebäudes energiesparend klimatisiert werden.