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Vom Hotelschlüssel zur Videopostkarte mit NFC

Immer häufiger wird die Nahfunk-Technologie NFC automatisch mit der Möglichkeit des mobilen Bezahlens, sei es per kontaktloser Kreditkarte oder Smartphone, in Verbindung gebracht. Doch auch abseits der Möglichkeit des Micropayments - und diversen zukunftsträchtigen E-Health-Lösungen - gibt es spannende Einsatz-Szenarien, die sich die NFC-Technologie zunutze machen.

Neben einer klassischen Zugangskontrolle (mit Überwachungspotenzial) wurde beispielsweise in einem Hotel in Schweden das Smartphone als Schlüssel erprobt. Statt einer Keycard gibt es den Schlüssel direkt auf das NFC-Handy. Getestet wurde das in Schweden mit Samsung-Phones. „80 Prozent der Befragten haben das Handy als Schlüssel als sehr praktisch empfunden", erzählte Richard Aufreiter, Produkt-Manager bei HID Global.

Soziales Netzwerk setzt auf QR-Codes und NFC-Tags
Doch Experimente und Pilotversuche gibt es derzeit in ganz Europa. In Finnland versucht ein kleines Start-up namens 6starz mit einem ortsbezogenen sozialen Netzwerk, ähnlich wie Foursquare, Fuß zu fassen. Neben der klassischen Möglichkeit des „Eincheckens" in Restaurants bekommt man bei der mobilen App von 6starz als Kunde ähnlich wie bei Foursquare spezielle Angebote, wenn man die NFC-Tags oder QR-Codes in der Location abruft. Restaurant-Besitzer können diese selbstständig verwalten und sollen beispielsweise auch die Möglichkeit bekommen, Besucherstatistiken abzurufen. Damit lässt sich dann als Besitzer  feststellen, wann das Restaurant am häufigsten aufgesucht wird. Als Kunde wird das freiwillige Herausrücken dieser Daten mit einem Rabatt vergütet.

Der Versuch läuft derzeit in der Stadt Oulu in Finnland. Ende September soll die erste Testphase, an der insgesamt neun Restaurants teilnehmen, abgeschlossen sein. Bereits jetzt gibt es ein erstes Resümee: Derzeit mangle es noch an Endgeräten im Niedrigpreissegment, auch sei NFC noch zu wenig bekannt. Genau dies wolle 6starz aber ändern, ließ der Gründer des Start-ups, Mikko Kerttula, wissen. Die potenzielle Gefahr, dass NFC-Tags manipuliert werden, bestehe zwar, sei derzeit in Europa aber äußerst gering.

Chinesisch Lernen und ins Innere hineinschauen
Auch in Deutschland wird an NFC-Projekten abseits des mobilen Bezahlens geforscht. Die Universität in Augsburg widmet sich der NFC-Technologie seit zwei Jahren und hat am NFC-Kongress in Hagenberg gleich mehrere Ideen präsentiert. Mit „Insight" gibt es beispielsweise ein Projekt, bei dem man NFC-Tags dazu verwendet, um in Räume hineinblicken zu können. Das funktioniert, in dem man sein Smartphone an einen NFC-Tag hält – dann öffnet sich eine Anwendung, über die man den Raum von innen besichtigen kann.

Beim Erlernen von Sprachen kann man sich ebenfalls der NFC-Technologie bedienen, wie ein weiteres Projekt der Uni Augsburg zeigt. Im Projekt „Lingualark" kann man die chinesische Sprache anhand von Karten und dem Smartphone erlernen. Die klassischen Lernkarten zeigen dabei die chinesischen Symbole, doch in den Karten steckt auch ein NFC-Tag. Wenn man sein Smartphone zur Karte hält, geht eine App auf und man kann sich beispielsweise die Aussprache des Worts anhören.

Videobotschaft auf der Postkarte integrieren
Die beiden Professoren Nik Klever und Ludwig John, die die Projektgruppe in Augsburg leiten, stellten in Hagenberg noch ein weiteres Anwendungsszenario vor: „Paperbits". Das ist eine Postkarte mit integrierter Videofunktion. Das heißt, man verschickt eine Postkarte aus dem Urlaub ganz normal per Post. Doch die Karte beinhaltet noch etwas Besonderes: Man kann darauf mittels NFC-Funktionalität eine Videobotschaft integrieren. Diese Videobotschaft nimmt man auf seinem Smartphone auf, öffnet die App „Paperbits" und schickt den Video-Link anschließend per NFC direkt auf die Postkarte. Der Empfänger kann das Video dann aufrufen, sobald die Postkarte angekommen ist.

„Unsere Studenten haben eine Karte aus Taiwan verschickt. Diese hängt auch Monate später noch bei uns an der Wand und wir schauen uns das Video regelmäßig an", erzählte Klever. Die Android-App von „Paperbits" wurde am 10. Juli im Play Store veröffentlicht. Als nächsten Schritt wolle man mit potentiellen Partnern sprechen, um die NFC-Postkarten zu vermarkten. Eine Alternative sei auch die Entwicklung einer NFC-Briefmarke.

Die fehlende Milch im Kühlschrank ersetzen
Somit gibt es auch abseits der klassischen Micropayment-Funktion zahlreiche Einsatzszenarien für NFC. Ein futurezone.at-Leser erzählte beispielsweise am Kongress, dass er demnächst seine ganz persönliche NFC-Anwendung programmieren werde: „Ich werde mir einen NFC-Tag auf den Kühlschrank hängen. Wenn die Milch aus ist, halte ich mein Handy zum NFC-Tag hin und dann wird das in meinem Task-Manager vermerkt. Wenn ich unterwegs bin, werde ich dann automatisch daran erinnert, neue Milch zu kaufen." Ein durchaus praktisches Szenario, wie wir meinen.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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