Oberösterreichisches Start-up beschleunigt Entwicklung selbstfahrender Autos
Wenn automatisierte Systeme versagen, kann das tödlich sein, wie unlängst der Unfall eines selbstfahrenden Uber-Taxis zeigte. Bereits 2016 kam es zu einem tödlichen Unfall, bei dem ein Tesla, der per Autopilot gesteuert wurde, in einen Lastwagen krachte. Der Wagen hielt, wohl wegen der tiefstehenden Sonne, den querenden Lastwagenanhänger für ein Verkehrsschild, der Fahrassistent griff nicht ein, der Fahrer achtete nicht auf den Verkehr. Die Folge war ein fataler Zusammenstoß. Der Fahrer habe sich auf ein System verlassen, dass nicht sicher getestet wurde, sagt Michael Naderhirn.
Mit seinem Start-up Kontrol arbeitet der oberösterreichische Mechatronik-Experte an einer Methode, mit der die aufwendigen Testverfahren autonomer Systeme verkürzt werden sollen und mit dem auch nachgewiesen werden kann, dass Sicherheitsanforderungen eingehalten wurden. "Wir können den mathematischen Nachweis liefern, dass Systeme gemäß den vorgegebenen Regeln funktionieren", sagt Naderhirn.
Teure Tests
Die Entwicklung autonomer Systeme sei sehr teuer. Vor allem die Weiterentwicklung des Prototypen zur Serienreife sei sehr aufwendig, erzählt Naderhirn. 70 bis 80 Prozent der Entwicklungskosten würden in der Serienüberleitung anfallen. "Es wird wirklich getestet, viel Know-how aus der Vorentwicklung muss verworfen werden", meint der Experte: "Oft wird von Grund auf neu entwickelt, weil die Anforderung aufgrund der Sicherheitsanalyse eine spezifische Struktur bedingen."
Mit Naderhirns Algorithmus werden viele Schritte automatisiert. Im Gegensatz zum maschinellen Lernen, das datenbasiert arbeitet und auf Mittelwerten beruht, kann damit auch verifiziert werden, dass Funktionen gemäß ihrer Spezifikationen funktionieren. Die Methode testet aber nicht nur die einzelnen Funktionen, sondern auch ihre Wirkungen auf das Gesamtsystem. Die Entwicklungskosten könnten damit um 50 bis 70 Prozent reduziert werden, sagt Naderhirn.
Praxisnah
Mit seinem Start-up will er Entwicklerarbeitsplätze und Entwicklungsumgebungen für die Industrie anbieten. "Wir arbeiten mit Partnern in Projekten zusammen, in denen wir das schrittweise praxisnah entwickeln", erzählt Naderhirn. Erste Ergebnisse sollen noch heuer präsentiert werden.
Der Mechatronik-Experte, der in Linz über Robotik und Regelungstechnik dissertierte pendelt zwischen dem oberösterreichischem Waldhausen, wo auch sein Start-up seinen Firmensitz hat, und Los Angeles in Kalifornien. Die Entwicklung von Kontrol finanziert er gemeinsam mit Partnern aus Umsätzen aus laufenden Projekten. Auch Förderungen, etwa von der Förderbank austria wirtschaftsservice (aws), flossen in das Unternehmen. Investoren seien für sein Start-up erst interessant, wenn große Projekte mit Industriepartnern spruchreif seien, sagt Naderhirn. "Dann ist die Bewertung besser."
Langjährige Erfahrung
Im Bereich der Automatisierung verfügt der Oberösterreicher über langjährige Erfahrung. Für den Triebwerkhersteller MTU Aero Engines arbeitete er in München an Materialprüfanlagen, in Peru beschäftigte er sich mit der Automatisierung einer Fischmehlproduktion, auch über Gründungserfahrung verfügt Naderhirn. Mit einer früheren Firma arbeitete er an der Integration von Drohnen in den zivilen Luftraum.
Zwischen den USA und Europa gebe es große Unterschiede bei der Entwicklung autonomer Fahrzeuge, meint der Kontrol-Gründer. Deutsche Hersteller würden schrittweise vorgehen. "Sie führen ein System nach dem anderen ein, verkaufen dabei aber laufend." Firmen wie Google, Tesla oder Uber würden hingegen versuchen, möglichst schnell auf den höchsten Autonomiegrad zu kommen. "Was wir heute sehen, sind Tests", sagt Naderhirn. Auch gesetzliche Rahmenbedingungen müssten noch geschaffen werden. Das komme aber langsam "in Trab". Wann werden selbstfahrende Autos marktreif sein? Naderhirn: "Meine Einschätzung ist, dass es in drei bis fünf Jahren soweit sein wird."
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und aws (austria wirtschaftsservice).