Sensoren auf Bäumen erkennen Waldbrände frühzeitig
Waldbrände sind ein enormes Problem für den Kampf gegen den Klimawandel. Pflanzen saugen üblicherweise viel Kohlendioxid aus der Luft und geben nur wenig ab. Deshalb spricht man von Wäldern als Kohlenstoffsenken. Durch den Klimawandel nehmen jedoch Trockenperioden zu, die Waldbrandgefahr steigt. Weil es immer öfter brennt, gelangt mehr CO2 in die Luft, der Treibhauseffekt wird stärker - ein Teufelskreis.
Methoden zur früheren Erkennung der Brände sind gefragt. "Je früher man Bescheid weiß, desto rascher kann man eingreifen und desto weniger kann sich ein Brand ausbreiten", erklärt Experte Harald Vacik vom Institut für Waldbau an der Universität für Bodenkultur das Prinzip der "goldenen Stunde".
Funkendes Blatt
Das deutsche Start-up Dryad hat eine Lösung namens Silvanet parat. Kleine, blattförmige, solarbetriebene Sensoren werden in 3 Meter Höhe auf Bäumen angebracht. Durch energiesparsame Kommunikation im Stile des "Internet der Dinge" (IoT) über den Funkstandard LoRaWAN bilden sie ein Netzwerk und melden Brände sofort. "Unser Sensor ist eine elektronische Nase, die Waldbrände förmlich riecht", sagt Dryad-CEO Carsten Brinkschulte zur futurezone.
Der Sensor misst die Konzentration von CO2, Kohlenmonoxid und anderen Gasen in der Luft und schlägt Alarm, wenn das Gemisch einem Brand entspricht. Jeder Sensor ist mit einem Mesh Gateway im Wald vernetzt. Diese etwas größeren, ebenfalls solarbetriebenen Module sind in Abständen von ungefähr 3 Kilometer montiert. Sie reichen die Botschaft weiter bis zu einem Border Gateway, das Mobilfunk- und Satellitenverbindung hat. Der Betreiber des Sensornetzwerks, z.B. ein Forstbetrieb, sieht auf einer Online-Plattform sofort, wo es brennt.
Kein Telefon für Bären
Damit ist eine engmaschige Überwachung möglich, vor allem an Stellen, wo Menschen unterwegs sind. Denn dort beginnen Waldbrände am weitaus häufigsten. Der Vorteil der Entwicklung von Dryad ist die Unabhängigkeit von Mobilfunkinfrastruktur, wie sie ansonsten für viele IoT-Anwendungen notwendig ist. Brinkschulte: "Telekomfirmen haben kein Interesse daran, ihre Technik im Wald zu installieren und ein paar Bären das Telefonieren zu ermöglichen."
Das Sensornetzwerk im Wald sei außerdem fähig, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck und andere Parameter zu messen, die für die Forstwirtschaft besonders interessant sind. Dank eingebauter Kondensatoren (Batterien würden, wenn sie verbrennen, zuviel Chemikalien freisetzen und halten weniger lange) arbeitet das Sensornetzwerk auch nachts.
Optische Sensoren
Silvanet sei laut Brinkschulte eine relativ günstige Erweiterung der Palette von Technologien zur Waldbrandfrüherkennung. Eine andere Methode umfasst z.B. Kameras, die sich an hohen Masten drehen und mit intelligenter Bilderkennungs-Software nach Rauch suchen.
Solch ein System wird etwa in Kalifornien oder in den großen Kiefernwäldern im deutschen Brandenburg eingesetzt, erzählt Vacik: "Früher gab es dort Wachtürme, wo ein Mensch mit seinem Wurstsemmerl drin gesessen ist und den ganzen Tag hinaus geschaut hat."
Auch Erdbeobachtungssatelliten werden zur Waldbranderkennung eingesetzt. Brände müssen jedoch bereits größer sein, damit sie aus großer Höhe entdeckt werden.
Zwei Monate extreme Gefahr
Das Interesse an Sensoren zur Waldbrandfrüherkennung sei groß, berichtet Brinkschulte. "Wir haben derzeit mehr Anfragen, als wir mit unseren 16 Mitarbeitern bewältigen können." Das 2020 gegründete Start-up will nun rasch expandieren und sucht deshalb Wachstumsfinanzierung.
Durch die Temperaturveränderungen auf der Erde wird die Waldbrandgefahr in den kommenden Jahrzehnten massiv steigen, meint Harald Vacik. "Wenn der globale Temperaturanstieg auf dem aktuellen Pfad bleibt, wird es im Jahr 2100 in Österreich fast 2 Monate lang extreme Waldbrandgefahr geben." Derzeit seien es durchschnittlich 10 Tage pro Jahr.