Christoph Jeschke, Geschäftsführer von AustrianStartups, zieht sich zurück.
Christoph Jeschke, Geschäftsführer von AustrianStartups, zieht sich zurück.
© Daniel Auer Photography/ TEDxVienna

Interview

AustrianStartups: “Der größte Fehler ist, nicht zu beginnen”

Ende August fiel der offizielle Startschuss des Vereins AustrianStartups. Dieser versteht sich als neues Sprachrohr und verbindendes Glied in Österreichs Start-up-Szene. Im Interview mit der futurezone spricht Geschäftsführer Christoph Jeschke über die Ziele, die sich der Verein gesetzt hat, Probleme, die es zu bewältigen gilt, und was man sich in der Gründerszene von der Politik wünscht.

futurezone: Wie würden Sie Ihren Verein in wenigen Worten definieren, was darf man sich unter AustrianStartups vorstellen?
Christoph Jeschke: AustrianStartups ist eine neutrale Plattform. Ein Verein, der sich zum Ziel gesetzt hat, die Start-up-Szene in Österreich mit verschiedenen Hilfestellungen zu unterstützen.

Was kann der Verein für die heimische Start-up-Szene leisten, was es bislang in der Form noch nicht gab?
Der Name ist ein bisschen auch Programm. Es braucht in Österreich etwas, das versucht, die ganze Szene zusammenzubringen. Es geht um die Vernetzung von den Stakeholdern, die überall im Land unterwegs sind, und die Vernetzung unterschiedlicher Hubs und Coworking-Spaces. Da gibt es derzeit verteilt über das Land “einzelne Inseln”. Wir wollen eine Vernetzung von Personen - es ist wichtig, dass die Leute auch mal aus ihren Garagen, Kellern und Zimmern hinaus kommen, um auch die Offenheit zu bekommen, vielleicht über ihre allgemeinen Erfahrungen und auch Fehler zu sprechen, dass auch das Scheitern kommuniziert wird.

Und wir wollen eine Vernetzung von Information. Wir haben das Aggregation von Information genannt. Das beginnt beim Eventkalender und geht bis zu einer Datenbank nach dem Vorbild von Crunchbase. Die soll in den nächsten Monaten aufgebaut werden. Das ist vor allem für Research und die Investorenseite interessant. Gleichzeitig geht es um Außenwirksamkeit, damit die Szene auch aus dem Ausland wahrgenommen wird. Grundsätzlich gilt: AustrianStartups ist für alle da.

Das heißt, der Fokus wird auch stärker auf Gesamtösterreich, nicht nur Wien, gelegt?
Wir haben im Vorfeld im Frühjar dieses Jahr eine Österreich-Tour gemacht und geschaut, wer könnte lokaler Ansprechpartner sein. Und es ist uns klarer geworden, wie wichtig die Bundesländer sind und wie notwendig es ist, dort zu unterstützen.

Gibt es bestimmte Kriterien, die ein Start-up erfüllen muss, um Mitglied bei dem Verein zu werden?
Mitglied kann eigentlich jeder werden, der damit sympathisiert. Die Mitgliedschaft ist gratis, der Verein finanziert sich durch Sponsorgelder. Derzeit haben wir bereits an die 160 bis 170 Mitglieder. Wir sind keine Interessensvertretung, wir möchten als Sprachrohr fungieren.

AustrianStartups hat aber ein Arbeitspapier verfasst, das sich an die Politik richtet und “Visionen für die Österreichische Startup Szene” nennt. Was steht da drinnen?
Wir etablieren uns jetzt als ein Gegenüber zu den politischen Kräften und die sind auch sehr dankbar, dass sie jetzt jemanden haben, der ihr Ansprechpartner ist. Daher haben wir eben diese Umfrage innerhalb der Szene gestartet, die Ergebnisse wurden zu einem Katalog zusammengefasst. Wir waren über die vergangenen Monate auch im Gespräch mit den Parteien und aus diesem ganzen Prozess setzt sich das endgültige Arbeitspapier zusammen.

Dabei geht es grob gesagt um die offensichtlichen Themen: Bildung, möglichst früh damit zu beginnen. Stichwort: IT-Fachkräftemangel. Ein andere Punkt ist es, die Gründung an sich zu erleichtern oder man könnte sagen, zu aktualisieren. Weiters wollen wir, dass heimisches bzw. europäisches Kapital mehr zur Verfügung steht. Es bräuchte beispielsweise steuerliche Erleichterungen, aber auch auf Förderseite gibt es einige Punkte. Letztlich bräuchte es dann auch auf politischer Seite endlich jemanden, der die Verantwortung für das Thema Unternehmertum und Innovation übernimmt. Insgesamt betrachtet würden unsere Forderungen nicht viel Geld kosten, es geht hier in eine Richtung, in die auch andere vor uns schon gezeigt haben.

Ist es aus Ihrer Sicht in Österreich viel schwieriger ein Start-up zu gründen als anderswo, gibt es da grundsätzlich Vergleichsmöglichkeiten?
Berlin zum Beispiel ist sicher anders. Das Gründen dort ist einfacher, weil die Bedingungen anders sind. Das Gründungsumfeld ist günstiger. Dann gibt es auch andere Beispiele, etwa wo markante Akzente seitens der Politik gesetzt wurden für steuerliche Erleichterungen. Irland beispielsweise. Das ist in Österreich noch nicht so. Berlin hat dann auch noch eine starke Kreativkultur, das hat Wien jetzt zum Beispiel nicht. Es gibt hier sicher auch eine kreative Szene, aber die ist einfach noch nicht so gewachsen wie etwa in Berlin.

Hinzu kommt, dass es in Österreich eine Kultur des Scheiterns nicht wirklich gibt. Auch die Förderungen sind nicht so gezielt, dass eine Kultur zum Unternehmertum entstehen kann. Und nicht zuletzt kennen wir auch Studien, die besagen, dass der Wille zu Gründen, eigentlich in der Schule oder in der Universität beseitigt wird - das selbstständig denken und arbeiten wollen wird vernichtet.

Gehen viele Gründer deshalb ins Ausland?
Die die weggehen, tun das oft aus finanziellen Gründen, weil für die zweite oder dritte Finanzierungsrunde hier das Kapital fehlt. Man wird in Österreich auch nicht so wirklich geschätzt dafür, was man macht. Was zu beobachten ist, dass viele aus den Bundesländern nach Wien gehen. Und von den erfolgreichen, größeren gehen doch einige dann auch ins Ausland. Das eigentliche Problem aber ist, dass viele nicht die Möglichkeit sehen, selbstständig überhaupt eine Idee zu verfolgen und ein Unternehmen zu gründen.

Könnten Sie konkrete Punkte nennen, an denen Start-ups, die den Schritt zur Gründung gewagt in Österreich haben, dann häufig scheitern?
Es wäre super, wenn es Studien dazu gebe. Ich könnte mir nämlich vorstellen, dass das größte Punkt ist, dass Leute schon vorher sagen: Ich beginne gar nicht. Davon abgesehen gibts natürlich klassische Hindernisse, etwa wenn Unternehmen dann nach zwei, drei Jahren bestimmte Dinge wie Versicherungsbeiträge zurückzahlen müssen. Viele geraten da ganz einfach in finanzielle Not. Viele scheitern vielleicht auch nach den ersten paar Monaten, wenn sie sehen, dass aus ihrer Idee kein Geschäftsmodell werden kann. Prinzipiell ist das Scheitern nicht als etwas Schlechtes zu sehen. Sie müssen sich dann eben etwas anderes suchen, da bleibt dann immer die Frage: Was?

Was sind aus Ihrer Sicht in Österreich zurzeit die spannendsten Entwicklungen in der Start-up-Szene, immerhin hat sich über die vergangenen paar Jahre doch einiges bewegt?
Ein wichtiger Impulsgeber ist auf jeden Fall das Pioneers Festival, das jetzt auch wieder ins Haus steht. Was man andererseits ganz allgemein beobachten kann, ist eine gewisse Vernetzung, die vermehrt stattfindet. Mein Eindruck ist, dass die Community stärker zusammenrückt, das wollen wir ja auch ein Stück weit unterstützen. Es gibt immer mehr lokale Initiativen. Und spannend wird sicher auch die Start-up-Show die demnächst auf Puls 4 startet.

Ist es schwierig, überhaupt einmal in diese Szene hineinzukommen?
Ich würde nicht sagen, dass es schwer ist. Prinzipiell ist eine Offenheit da. Ich würde aber sagen, wenn jemand neu hinzukommt, muss es immer in irgendeiner Art über eine Connection gehen. Das soll nicht heißen, dass man jemanden ohne Verbindung nichts fragen darf, aber es dauert eine Zeit lang, um richtig hineinzukommen. Vieles läuft über Face-to-Face oder persönliche Connections. Wenn man sozusagen menschlich unterwegs ist, findet man schnell die Hilfestellungen, die man braucht. Vor AustrianStartups gab es eben noch keine erste Anlaufstelle, wo man sich hinwenden konnte. Natürlich kommen aber manchmal auch Leute, die einfach die Leistung, die man ihnen bringen kann, überschätzen. Aber jedenfalls gilt: Die Szene muss offen sein für neue Leute.

Wenn Sie Gründern einen grundlegenden Rat mitgeben könnten, was wäre das?
Der größte Fehler den man machen kann, ist erst gar nicht zu beginnen. Davon abgesehen sollte man natürlich grundsätzlich viel mit Leuten reden, sich Ratschläge holen, bereit und offen sein für Kritik. Man sollte die Möglichkeiten nutzen, die sich einem bieten. Dass man sagt, es ist schwierig in Österreich zu gründen - ja, es ist schwieriger, woanders ist es sicher leichter. Aber wenn man will, kann mans auch machen.

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Claudia Zettel

ClaudiaZettel

futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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