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"Das kann für Tesla noch ein böses Ende nehmen"

Elon Musks Ankündigung, Tesla um den Aktienpreis von 420 Dollar zurückkaufen zu wollen, sorgt weiterhin für Aufregung. Auch der nachgeschickte Blogbeitrag, in dem der Tesla-CEO seinen lapidaren Tweet erklärte, lässt mehr Fragen offen, als er beantwortet. Finanzanalysten bezweifeln, dass Musk das dafür notwendige Geld schon beisammen hat. Stellt sich die Aussage als Luftblase heraus, könnte Musk eine bewusste Kursmanipulation vorgeworfen werden. Die US-Börsenaufsicht SEC prüft bereits.

80 Milliarden Dollar gesucht

"Es überrascht mich schon, dass Musk diese Überlegung so schnell hinausposaunte. Über 80 Milliarden Dollar aufzubringen ist keine Kleinigkeit. Und wenn die Summe wie von ihm behauptet eben nicht steht, dann kann er von Aktionären wegen Kursbeeinflussung aufgrund einer Falschmeldung verklagt werden", sagt Chefanalyst Peter Brezinschek von der Raiffeisen Bank International (RBI) zur futurezone.

Angesichts der anhaltenden Verluste und Produktionsprobleme des Konzerns sei es fraglich, ob Musk das Geld tatsächlich aufstellen könne. Für Tesla komme zudem erschwerend dazu, dass es sein früheres Alleinstellungsmerkmal zu verlieren drohe. "Die etablierten Autohersteller haben im Bereich E-Mobilität bereits nachgezogen und verfügen zudem über viel mehr Geldreserven, Investitionsvolumina und Produktionskapazitäten. Tesla wird es sehr schwer haben, langfristig eine Dominanz in der Branche aufzubauen", ist Brezinschek überzeugt.

Die Strahlkraft des Tesla-CEO, der es bisher schaffte, seine Anhängerschaft, aber auch Anleger bei Laune zu halten, wertet der RBI-Analyst als nicht unproblematisch: "Musk kann noch so ein guter Verkäufer oder Visionär sein. Wenn er es nicht schafft, die Vision in Produkte und in eine entsprechende Produktion umzusetzen, kann das für Tesla noch ein wirklich böses Ende nehmen. Weil irgendwann geht der Firma das Geld aus bzw. sind die Enttäuschungen bei Anlegern so groß, dass sie Tesla den Rücken kehren werden."

Größter "Leveraged Buy-out" der Geschichte

Auch Monika Rosen, die Chefanalystin der Bank Austria, zeigt sich über die Ankündigung Musks überrascht. "Wenn man tatsächlich vom vorgeschlagenen Kurs von 420 Dollar ausgeht, wäre das der größte fremdfinanzierte Rückkauf der Geschichte. So viel Fremdkapital aufzustellen, ist eine große Herausforderung, zumal der Konzern immer noch keine Gewinne schreibt und viele Anleger weiterhin auf sinkende Kurse setzen", sagt Rosen auf futurezone-Nachfrage.

Dass Tesla-Chef Musk die teilweise kritischen Fragen von Analysten, Anlegern und Journalisten nervt und er lieber ohne den Druck der vierteljährlich publizierten Firmenergebnisse operieren würde, ist kein Geheimnis. Auch in dem am Dienstag veröffentlichten Blogbeitrag hat Musk dies einmal mehr unterstrichen. Das Unternehmen von der Börse zu nehmen, würde sich für Tesla aber ebenfalls als zweischneidiges Schwert entpuppen, sind sich Analysten sicher.

"Natürlich schafft sich ein Unternehmen einen gewissen Freiraum, wenn es nicht Quartal für Quartal in der Öffentlichkeit Rechenschaft über seine Geschäftsentwicklung ablegen muss. Wenn der Aktienmarkt und somit die breite Anlegerschaft wegfällt, sind allerdings auch die Finanzierungsmöglichkeiten eingeschränkt. Gerade für Tesla war diese Finanzierungsquelle bisher aber sehr wichtig", erklärt Rosen.

Nagelprobe für Elon Musk

Bei der Bewertung von Elon Musk als CEO und dessen Auswirkungen auf Tesas Geschäftserfolg zeigt sich die Analystin vorsichtig. "Musk ist eine Persönlichkeit mit viel Charisma, was für Anleger entsprechende Vor- und Nachteile mit sich bringt. Einerseits sorgt er für viel öffentliche Aufmerksamkeit, die dem Unternehmen und der Marke zugute kommen. Gleichzeitig sorgt das auch für mehr Volatilität beim Aktienkurs", sagt Rosen.

Auch RBI-Analyst Brezinschek will sich noch kein endgültiges Urteil anmaßen, inwiefern Musk als genialer oder gescheiterter CEO in die Geschichte von Tesla eingehen wird: "Die Nagelprobe sind die nächsten vier Quartale. Wenn er es jetzt den Turnaround schafft, die Produktionskapazitäten hochfahren und in die schwarzen Zahlen kommen kann, hat er das Versprochene mit zwei Jahren Verzögerung eingelöst. Wenn nicht, wird die Enttäuschung nicht nur bei Anlegern riesengroß sein."

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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