© PlugandPlayTechCenter Sunnyvale/Gerald Reischl

Start-up

Die Österreich-Brücke ins Silicon Valley

Saeed Amidi ist einer dieser Manager, der nach wenigen Minuten Erzählen den Eindruck vermittelt, diesen „goldenen Riecher“ zu haben. Der gebürtige Iraner hat - anstelle das Teppichgeschäft seines Vaters zu übernehmen - im kalifornischen Sunnyvale ein leer stehendes Prozessor-Werk von Philips gemietet, um jungen IT-Unternehmen Büros zur Verfügung zu stellen. „Anfangs wollte ich es Technology Bazar nennen“, sagt Gründer Saeed Amidi, „ich hab mich dann doch für Plug&Play TechCenter entschieden.“ Ein internationaler Treffpunkt von Start-ups aus der ganzen Welt, die in die Regeln des Silicon Valley eingeführt werden. Bis zu 3000 Start-ups bewerben sich pro Jahr, maximal 200 werden ausgewählt.

Die Startup-Förderung
Das Plug&PlayTechCenter in Sunnyvale war das erste von mittlerweile drei im Silicon Valley (mittlerweile gibt es auch in Palo Alto und Redwood Niederlassungen). Im Erdgeschoß links findet sich, gleich wenn man den Eingangsbereich mit den dutzenden Logo-Tafeln bekannter und weniger bekannter IT-Firmen an der Wand betritt, den großen internationalen Raum, von dessen Decke Flaggen verschiedener Nationen herunter hängen. Eine markiert den etwa vier mal vier Meter großen Bereich, der für Österreich reserviert ist. Das AußenwirtschaftsCenter in Los Angeles hat vor einigen Jahren eine „Go Silicon Valley Technologieinitiative“ gestartet, „seit 2010 sind wir Partner des Plug & PlayTechCenters“, sagt Rudolf Thaler, Außenhandelsdelegierter in Los Angeles. „Pro Jahr werden 20 Start-ups aus Österreich ins Plug &Play-Center geschickt.“ Die Auswahl erfolgt nach strengen Regeln: Eine US-Jury reist einmal pro Jahr nach Österreich und wählt aus den Bewerbern jene 20 aus, die sich für das Ticket ins Silicon Valley qualifizieren. Die Start-ups müssen der Jury ihr Projekt, ihre Idee vorstellen und sie überzeugen. Für heuer hatten sich insgesamt 50 heimische Start-ups beworben, derzeit belegen Bluesource, Nous, Stratodesk, Tunesbag und Ulmon den Silicon-Valley-Kurs.

Im Dreimonatsrhythmus kommen die österreichischen Start-ups nach Sunnyvale, wo sie mit Venture Capital-Firmen, Geschäftspartnern, Experten vernetzt werden. Anfangs erhalten sie eine Einführung, wie das Valley tickt, dazwischen gibt es viele Schulungen, auch Kontakte zu Venture Capitalists werden hergestellt. „Technologien und Business Plan werden im Valley einem Härtetest unterworfen“, so Thaler. „In diesen drei Monaten werden sie auf einen möglichen US-Markteinstieg vorbereitet.“ Ein wesentlicher Punkt ist der Pitch, man wird in die Geheimnisse des perfekten Verkaufsgesprächs eingeführt, bzw. erfährt, wie man sich als Unternehmer zu verkaufen hat. Beim abschließenden Pitch werden Venture Capitalists eingeladen, jedes Start-up hat exakt zwei Minuten Zeit, seine Idee zu präsentieren. Sind die 120 Sekunden abgelaufen, wird das Mikrofon abgedreht.

Innovative Ideen gesucht
„Wir suchen die innovativsten Ideen aus der ganzen Welt, vor allem aus den USA, Österreich, Belgien, Spanien, Brasilien, Chile“, sagt Amidi im futurezone-Interview. „Man kann eine großartige Firma in Wien gründen, in Barcelona oder in Rio, aber wer eine globale Firma werden will, muss mit dem Silicon Valley verbunden sein. Sie müssen nicht ins Valley übersiedeln, aber sie sollen einen Zugang ins Valley haben.“ Firmen hätten hier einen Wettbewerbs-Vorteil, weil es ein besseres Eco-System an Unternehmen, Geldgebern, Managern gäbe. „Hier gibt es viele Manager, die dieses schnelle Wachstum miterlebt haben.“ Facebook, Google, Paypal, wollen 100 Prozent pro Monat, pro Jahr wachsen, und das kann man konservativ nicht.

Seit 2006 sind 600 Firmen aus der ganzen Welt in seinem Plug&Play-Tech-Center durchmarschiert. 250 davon gelang es, ihr Unternehmen zu verkaufen, insgesamt für 650 Millionen Dollar. Bei jenen Start-ups, die Amidi für Erfolg versprechend hielt, hat er sich kurzerhand beteiligt. 80 waren es insgesamt.

Erfolgreiche Investments und ein guter Riecher
Vor acht Jahren schon hat er etwa in das Unternehmen Danger investiert, das einst für T-Mobile den Sidekick produziert hatte. 400.000 Dollar hat er investiert, ein Vielfaches dessen hat er kassiert, als Danger um 500 Millionen Dollar an Microsoft verkauft wurde. Keine Eintagsfliege. Bei Amidis Beteiligungen sind/waren etwa Google oder Paypal darunter, das später an eBay verkauft wurde. Der derzeit so populäre Web-Synchronisationsdienst Dropbox oder auch der Online-Dating-Service Zoosk. „In 80 Firmen habe ich investiert, vermutlich werde ich mich demnächst auch an einem österreichischen Unternehmen beteiligen“, sagt Saeed. Welches, will er nicht verraten, er müsse noch mit ein, zwei Risikokapitalgebern reden. „Das Problem ist, dass ich manchmal zu viel zu tun habe, dann versäumt man mitunter, sich an einem Unternehmen zu beteiligen.“ So ist es Amidi bei Facebook passiert.

Große Unterschiede zwischen Europa und den USA
In Europa gehe es um ein solides, braves Wachstum, aber hier im Silicon Valley gebe es das chaotische Wachstum, „und dafür gibt’s ausreichend Risikokapital“, sagt Amidi. „Manchmal funktioniert es, manchmal fällt man auf die Schnauze.“ Hier im Silicon Valley gehe es auch darum, schnell zu wachsen, ganz rasch die Welt zu verändern. „Und wenn man schnell geht, macht man Fehler, dann muss man diese eben korrigieren und weitermachen. Auch ich hatte mehr Misserfolge als Erfolge, aber ich hab mich abgeputzt und habe es wieder probiert. Wenn in Europa jemand bei seinem ersten Versuch, ein Unternehmen zu gründen, scheitert, zeigt man mit dem Finger auf ihn. Hier in den USA ist es ganz anders, da klopft man ihm auf die Schulter und sagt, komm, probier’s noch einmal.“

eHealth als Zukunftstrend
Amidi glaubt auch zu wissen, mit welchen Geschäftsideen man künftig erfolgreich sein wird. „Für mich ist Tatsache, dass das mobile Web unser Leben stärker verändern wird als es die Automobilindustrie einst getan hat.“ Heute seien Location Based Services der Renner, „in den kommenden fünf, zehn Jahren sind es eHealth-Dienste“, sagt Amidi. Aber es müsse die Zeit reif sein, zwei seiner Freunde hätten mit eHealth-Ideen (ePhysician und Eyescribe) je 15 Millionen Dollar verloren. „Man kann mit Entwicklungen zu früh dran sein.“

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