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Konferenz

DLD 14: Europa hinkt hinterher

Leistungsfähige und schnelle Internetanschlüsse seien längst ein entscheidender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit, sagte Alexander Dobrindt, der neue deutsche Minister für digitale Infrastruktur, zum Auftakt der Konferenz Digital Life Design (DLD) am Sonntag in München. Über die Frage, wie die Wettbewerbsfähigkeit Europas verbessert werden könne, diskutierten anschließend Telekom- und Inhalte-Anbieter.

Telekoms klagen über Regulierung

"Wir sind nicht mehr in der Lage die Infrastruktur aufzubauen, die wir brauchen", sagte Timotheus Hoettges, der seit kurzem der Deutschen Telekom vorsteht. Der Datenverkehr wachse in den USA, Asien und Europa alle fünf Jahre um mehr als 900 Prozent. Während jedoch die Umsätze von US- und asiatischen Anbietern steigen, würden jene der europäischen Telekoms um zehn Prozent pro Jahr schrumpfen. Schuld daran sei die überbordende Regulierung in Europa, so Hoettges. Während es in den USA lediglich vier Telekomanbieter gebe, seien es in Europa 200. "Das ist ein Systemfehler." Lutz Schüler, CEO des Kabelnetzanbieters Unitymedia Kabel BW, pflichtete Hoettges bei: "Uns fehlen die Möglichkeiten unsere Netzwerke zu monetarisieren."

"Europäischer Markt ist eine Illusion"

Er sei über die Lage europäischer Telekomunternehmen nicht wirklich besorgt, meinte Peter Vesterbacker vom finnischen "Angry Birds"-Hersteller Rovio. Diese würden seit Jahren darüber klagen, dass sie die Infrastruktur bereitstellen, jedoch andere die Geschäfte machen. Europa fehle es an einem einheitlichen Markt.

"Der europäische Markt ist eine Illusion", sagte der Marketing-Chef von Rovio. "Wenn wir Geschäfte machen wollen, gehen wir in die USA oder nach China. Das funktioniert dort besser als in Europa." Apple und Google hätten den Markt verändert. Über die App Stores der beiden Unternehmen könnten Kunden auf der ganze Welt erreicht werden. Verhandlungen mit Telekomanbietern seien hingegen schwierig. "Sie glauben, besser zu wissen, welche Spiele ihre Kunden spielen wollen."

NSA-Skandal "große Chance"

Die Enthüllungen zur Internet-Überwachung des US-Geheimdienstes National Security Agency (NSA) bezeichnete der Rovio-Manager als die "beste Marketingkampagne aller Zeiten für Europa". Konsumenten würden ihr Verhalten zwar nicht ändern, Firmen würden jedoch kaum noch mit US-Unternehmen zusammenarbeiten. "Das ist eine große Chance für europäische Unternehmen."

"Gleiche Rahmenbedingungen"

Paul-Bernhard Kallen, CEO des deutschen Medienkonzerns und Konferenzveranstalters Hubert Burda Media, appellierte an die Politik, gleiche Rahmenbedingungen für europäische und US-Unternehmen zu schaffen. US-Konzerne wie Amazon müssten etwa keine Umsatzsteuer zahlen, wenn ihre Server für das europäische Geschäft mit E-Books in Luxemburg stehen. Auch beim Datenschutz gebe es massive Untereschiede. "Das Umfeld ist nicht für alle Wettbewerber gleich."

Zentral sei es, auf die Kundenbedürfnisse einzugehen, sagte Rovio-Manager Vesterbacker. Rovio habe bislang mehr als zwei Milliarden Downloads seines Erfolgsspiels "Angry Birds" verzeichnet. Es gebe keinen Grund, warum nicht auch andere europäische Unternehmen erfolgreich sein könnten. Europäer seien sehr gut darin, Probleme zu finden. "Vielleicht sollten wir uns mehr darauf konzentrieren, was Kunden wollen."

Prominente Gäste

Noch bis Dienstag diskutieren auf der Innovationskonferenz Techgrößen, Künstler und Experten aktuelle Entwicklungen im Internet- und Mediengeschäft. Zu Gast sind unter anderem WhatsApp-Gründer Jan Koum, Jimmy Wales von der Wikipedia und die Tony Fadell vom digitalen Thermostathersteller Nest, der von Google für 3,2 Milliarden Dollar übernommen wurde. Die Abschluss-Keynote wird John Perry Barlow halten, der 1996 mit seiner Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace für Aufsehen sorgte und auf der DLD Wege in eine transparente Gesellschaft erörtern will.

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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